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Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)

Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)

Titel: Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kachelmann , Miriam Kachelmann
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»Rechtsmedizin und Gynäkologie die Vergewaltigung bestätigten« beziehungsweise eine »hohe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass die Angaben der Frau stimmen«.
    Die »Gleichschaltung« der Berichterstattung fast aller Medien während meiner Knastzeit ist beeindruckend. Aus dem Knast heraus konnte ich mich nur wenig bis gar nicht wehren – mit ein Grund, weshalb es der Staatsanwaltschaft und der Dinkel-Fraktion bei Polizei und in den Medien wichtig gewesen sein muss, mich möglichst lange im Gefängnis zu halten. Die Kommunikation meiner Abstempelung zum Schuldigen beinhaltete mehrere fein orchestrierte Schritte:
    1. Es muss ganz dringend eine enge Beziehung zwischen Dinkel und Kachelmann gegeben haben.
    Nein, die gab es nicht. Es gab gelegentliche Treffen aus sehr überschaubaren Beweggründen, aber das hätte die Räuberpistole und das Motiv für die angebliche Tat, dass ich über ein »Beziehungs«-Ende irgendwie unglücklich bis aufbrausend (ausgerechnet ich!) hätte sein können, unbrauchbar gemacht. Denn ich sollte ja »narzisstisch gekränkt« worden sein. Deswegen wurde als Erstes ein reichhaltiges Beziehungsleben erfunden. Dinkel-Anwalt Thomas Franz musste gegenüber Journalisten eine »harmonische Beziehung« erfinden. Zitat aus 20min.ch vom 24. März:
    »Einige Schwetzinger sollen sich bei der Redaktion der Schwetzinger Zeitung gemeldet haben, die Kachelmann in Begleitung der Frau gesehen haben wollen. ›Da war von Besuchen im Kaffeehaus ebenso die Rede wie von einem Dinner beim Edel-Italiener ›Delle Rose‹, im ›Quadrato‹, vom Eisbecher in der ›Gelateria‹ und vom Bierchen im ›Brauhaus‹.‹ Die Wirte wollten aber weder bestätigen noch dementieren.«
    Dass die Wirte, die mich noch nie gesehen hatten, lieber nichts sagten, ist klar, zumal mit Neugierkundschaft (hier saß der Verbrecher!) zu rechnen war, und einer gab später auch zu, das Gerücht selbst initiiert zu haben. Im Schweizer Blick wurde eine anonyme und wahrscheinlich nicht existente »Wirtin aus Schwetzingen« zitiert, denn sie log: »Sie waren in den letzten Jahren oft meine Gäste und haben immer sehr verliebt und harmonisch zusammen gewirkt.«
    Zum systematischen Aufblasen der Veranstaltung passte, dass selbst René Pöltl, der Oberbürgermeister der Stadt, von meinen rund ein halbes Dutzend nächtlichen Besuchen pro Jahr in seiner Stadt Kenntnis gehabt haben wollte und sich zitieren ließ: »Die beiden sollen oft in Heidelberg unterwegs gewesen sein. Schwetzingen ist zu klein, da hätte sie ja jeder sofort erkannt.« Als durchschnittlicher Journalist würde man die Fragwürdigkeit eines solchen Satzes schon an der nicht vorhandenen Logik des Inhalts erkennen, aber »in Heidelberg unterwegs« hört sich eben nach Beziehung an, denn ohne Beziehung ist kein Beziehungsende mit Schrecken möglich. Deswegen war das den Kommunikatoren und den Journalisten so wichtig. Ja, der Oberbürgermeister kennt seine Schäflein so gut, dass er noch mitteilte, er halte Claudia Dinkel für äußerst glaubhaft. Überhaupt, der Schwetzinger Oberbürgermeister (seit jeher im verwaltungsrechtlichen Sinne auch Chef der Ortspolizeibehörde), der bis heute noch nicht von seinen Knallchargen lassen kann und gegen die weise Entscheidung des neuen Innenministers Reinhold Gall, der die Polizeidirektion Heidelberg mit den Mannheimer Kollegen zu einem Polizeipräsidium zusammenlegen will, in den Kampf ziehen möchte, wie die Schwetzinger Zeitung berichtet: »Ich weiß, wie viel bei der Kripo auch im Bereich der Kriminalprävention geleistet wird. Die Beamten hier haben durch ihre Ortskenntnis einen Wissensvorsprung und kennen ihre Pappenheimer.«
    O ja, Herr Pöltl. Nur Frau Pappenheimer nicht.
    Manchen Erfindern aus der Medienbranche war die Beziehung zur Gelegenheits-Dinkel trotzdem noch ein bisschen zu klein, unter anderem dem Schweizer Blick , der Dinkel und mich auf einem »Landespresseball« gesehen haben will. Die ganzen Abschreiber dieses Unsinns haben sich offenbar nie gefragt, wo denn die Fotos geblieben sein mö gen, die bei solchen Anlässen gemacht werden. Die »Beziehung« musste erst eine werden, und sie wurde in den Medien gemacht.
    2. Das »angebliche Opfer« zum »Opfer« machen und es auch dringend so nennen.
    Bis zur Feststellung einer Schuld oder Unschuld müsste es so sein, dass Opfer nur »angeblich« bis »mutmaßlich« Opfer sein können, und für Täter gilt dasselbe, denn sonst hat sich die Unschuldsvermutung gleich erledigt. Doch

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