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Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)

Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)

Titel: Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kachelmann , Miriam Kachelmann
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Abend hat mir lange zu denken gegeben, ebenso wie das Buch, von dem mir Herr Birkenstock kurz vor meiner Abreise am Sonntag – wie schon zuvor Jörg – ein Exemplar geschenkt hat – ein Buch mit Kurzge schichten über Richter, Urteile, Anwälte und sonstigen Gerichtskram. Er war der Herausgeber und präsentierte es mir stolz. Ich bedankte mich höflich und fragte mich gleichzeitig, wie er die Gemütslage seines Gegenübers so falsch einschätzen konnte.

Lügenstorys und Schauergeschichten
    Mein erster Schlaf in Freiheit war kurz, und das Aufwachen fühlte sich nicht viel besser an als im Knast, auch wenn ich mir immer wieder freifreifrei einzureden versuchte, aber ich wusste, dass ich Paparazzi an der Backe hatte, die wiederum wussten, dass ich mitten in Köln war. Zwar war ich draußen, konnte aber noch nicht selbstständig handeln und denken. Ich fühlte mich wie ein Rehlein auf dem Mittelstreifen der Bundesstraße zwischen Mannheim und Frankfurt, wenn alle Autos durch die Schwetzinger Kripo, die Staatsanwaltschaft Mannheim, Frau Dinkel und ihren Professor Günter Seidler aus Heidelberg mit seinem »Gutachten«, das am Anfang von allem stand und die Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin bescheinigte, ferngesteuert würden.
    In diese Zeit meiner Schwäche fiel die Gaga-Idee eines Interviews für die elektronischen Medien und den Spiegel . Zwar hatte der Spiegel im Juni 2010 eine erste Darstellung der wahren Sachlage gegeben, aber ich hätte lieber einfach nur Blumen schicken sollen. Dass damit nun auch all die anderen, auch die Vorverurteilungsmedien, ein Interview einfach so bekamen, war schlicht blöd. Ich hätte erst mal ausschlafen, nichts tun und mit Menschen reden sollen, die keine eigenen Interessen in der Sache hatten, und nach einer Woche wäre ich dann vielleicht in der Lage gewesen, selbstständige Entscheidungen zu treffen. Nun gut, ich entschied mich anders, und ich sagte, was mir richtig und wichtig erschien, hatte aber leider nach der verkorksten Nacht nicht die Kraft, das schriftliche Interview für den Spiegel gegenzulesen; so standen nun wieder ein paar Dinge drin, die so nicht stimmten und die ich erst viele Monate später im Interview mit der Zeit und der Weltwoche würde richtigstellen können.
    Am Samstagvormittag in der verrauchten Küche bei Birkenstocks, in der ich in den kommenden Monaten oft auf einer Trittleiter sitzen würde, kam dann definitiv bei mir an, dass ich zwar aus dem Knast war, der Kampf um meine Freiheit aber jetzt erst so richtig begann. Schon im Knast hatte ich gehört, dass mich Focus und Bunte mit besonderer Verve verfolgten – ob aus Schlagzeilengier oder persönlichem Angefasstsein sei dahingestellt.
    Am Samstag nach meiner Freilassung traf mich Burdas jüngster Hammer mit der Schauergeschichte, dass es mit Marleen P., früher W., nun eine Zeugin gebe, der vor knapp zehn Jahren Furchtbares mit mir widerfahren sei. Ich hatte schon im Knast von Birkenstock davon gehört und mich sehr gewundert. Kaum war ich aus dem Knast, hat der Focus nachgelegt, weil es wohl opportun schien, mich in die Nähe einer zweiten angeblichen Tat zu bringen. Eine wilde Lügenstory, deren einziger Vorteil war, dass, wie in anderen Fällen, sich Leute meldeten, die sich ebenfalls sehr über die Angaben der »Zeuginnen« wunderten. In diesem Fall war es ein früherer Fast-Arbeitgeber der inzwischen mutmaßlich braven Zahnarztfrau aus Berlin, bei dem sich diese als Escort-Dienstleisterin beworben hatte.
    Die luftigen Bewerbungsfotos bekamen wir zur Verifizierung erst mal geschickt, zusammen mit der Mitteilung, dass Madame noch Jahre danach mit der Promibekanntschaft mit mir angegeben hätte und er auch bezeugen könne, dass das angebliche Opfer deutlich nach dem frei erfundenen Vorfall noch mit mir in seiner Anwesenheit per SMS und Gespräch in entspannter Fröhlichkeit kommuniziert hätte. Von einem unangenehmen Moment sei nie die Rede gewesen, was der potenzielle Zeuge sicher erfahren hätte, weil zwar aus der Anstellung nichts geworden war, aber aus dem Bewerbungstreffen eine private Beziehung resultierte.
    Wir hatten den Escortchef als Reservezeugen in der Hinterhand, mussten ihn aber nicht aufrufen, denn der Focus -Liebling von der ersten Augustausgabe versenkte sich später vor Gericht mit einer grandiosen Entschiedenheit selbst (sie erinnerte sich an das erfundene Erlebnis genau, aber sonst an nichts, nicht mal, ob ich jemals mit ihr was Körperliches hatte). Wir winkten nur kurz mit dem

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