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Rechtsdruck

Rechtsdruck

Titel: Rechtsdruck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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erreichen kannst.«
    »Haha, wer es glaubt, wird selig«, gab Gecks mit hochgezogener Stirn
zurück und fügte eine kurze Kunstpause ein, bevor er weitersprach.
    »Also, während ich noch mit den Konten des alten Bilgin beschäftigt
war, hat mich natürlich auch dieser Kemal, sein Sohn, interessiert. Sein Konto,
es gibt nur eins, war belanglos, weil hoffnungslos überzogen. Bis zur Quetschkante
im Dispo, wie das bei Jungs in diesem Alter nun mal so ist. Er war eine Zeitlang
arbeitslos, aber seit ein paar Monaten hat er wieder einen festen Job. Dann habe
ich mir mal angesehen, was unser System noch so alles über ihn parat hat und bin
dabei auf eine Sache gestoßen, die sich …«, er blätterte in seinen Notizen, »… im
November zugetragen hat. Er hatte Ärger mit einer Horde Neonazis und hat dabei übel
was auf die Fresse gekriegt. Allerdings liegt auch ein Strafantrag gegen ihn wegen
Beleidigung vor, der vom Anwalt eines der Schläger gestellt wurde; komischerweise
übrigens erst vor ein paar Tagen, obwohl die Sache, wie gesagt, schon ein paar Monate
zurückliegt.«
    »Und was ist jetzt daran so interessant?«, wollte Hain wissen. »Nur
weil er Ärger mit ein paar Glatzen hatte, muss das ja nicht gleich heißen, dass
er auch seine Familie umgebracht hat, wie du vorhin selbst festgestellt hast.«
    Gecks bedachte ihn mit einem bösen Blick. »Wenn mein junger Kollege
die Güte hätte, mich ausreden zu lassen …?«
    »Schon gut. Sorry.«
    »Der Strafantrag gegen Kemal Bilgin wegen Beleidigung war nicht der
einzige, es gab noch einen weiteren. Gleichzeitig mit dem ersten hat der Anwalt
noch einen wegen versuchten Totschlags gestellt.«
    »Totschlag?«, echoten Lenz und Hain lippensynchron.
    »Ja, Totschlag. Der Neonazi, mit dem Bilgin damals aneinandergeraten
ist, wurde vor ein paar Tagen brutal zusammengeschlagen und liegt seitdem im Krankenhaus.
Sein Anwalt meint, dass es sich bei dem Angriff um einen Racheakt von Bilgin handeln
würde.«
    »Hat er Beweise dafür?«
    »Das kann ich dir leider nicht sagen, weil ich die Akte noch nicht
einsehen konnte. Aber warum sollte ein Anwalt sich so exponieren, wenn er keine
Anhaltspunkte unter den Füßen hat?«
    »Weil er eben Anwalt ist.«
    »Das können wir klären, wenn wir mehr darüber wissen«, entgegnete Gecks
ungerührt. »Außerdem ist es nur dann interessant, wenn Bilgin überlebt. Wie sieht
es denn da aus?«
    Hain winkte ab. »Die Ärzte rechnen nicht damit, dass er es schafft.
Vielleicht ist er auch schon gestorben, und wir wissen es bloß noch nicht.«
    »Wie auch immer, viel interessanter dürfte ohnehin sein, woher der
alte Bilgin die viele Kohle hatte, und was er damit veranstaltet hat. Habt ihr übrigens
schon mal was von einer Gruppe namens Milli Görü ş gehört?«
    Lenz und Hain warfen die Köpfe herum. »Wie kommst du denn auf die Truppe?«
    Rolf-Werner Gecks riss verblüfft die Augen auf. »Das klingt, als hätten
wir zufällig in die gleiche Richtung ermittelt. Also, lasst uns mal zusammenlegen
und sehen, was dabei herauskommt.«
    Die nächsten zehn Minuten hörte der alte Hauptkommissar seinen beiden
Kollegen zu, die ihm ebenso von dem Gespräch mit dem Journalisten Per Stemmler wie
auch dem Besuch in dem türkischen Restaurant berichteten.
    »Und was hast du über Gökhan Bilgin und seine möglichen Verbindungen
zu Milli Görü ş herausgefunden?«, schloss
Hain seine Erklärung.
    »Zunächst waren die bei mir gar nicht auf dem Schirm«, begann Gecks
erneut, »aber ein alter Freund beim LKA in Wiesbaden, mit dem ich wegen der Kontenbewegungen
telefoniert habe, hat mich auf diese Schiene gebracht.«
    »Mensch, RW, du immer mit deinen alten Freunden«, lästerte Thilo Hain.
    »Halt dich mal schön bedeckt, Junge«, erwiderte Gecks mit ein wenig
Stolz in der Stimme, »und werd so alt wie ich, dann kannst du hoffentlich auch auf
ein paar Freunde zurückgreifen, wenn du sie brauchst.«
    Gecks war bekannt dafür, Gott und die Welt zu kennen und in ein Netzwerk
aktiver und ehemaliger Kripoleute eingebunden zu sein.
    »Also, die Informationen von diesem Stemmler und meinem Kumpel beim
LKA sind so ziemlich deckungsgleich, deswegen brauchen wir dieses Thema auch gar
nicht weiter zu vertiefen, aber es bleibt die Frage im Raum, ob der alte Bilgin
tatsächlich Geld von Milli Görü ş verwaltet hat. Weiterhelfen würden uns die Kontoverbindungen, aber
die Recherchen in dieser Richtung sind, wie gesagt, mit ziemlich vielen Schwierigkeiten
verbunden. Und nicht

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