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Reckless - Lebendige Schatten

Reckless - Lebendige Schatten

Titel: Reckless - Lebendige Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Funke
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sagt mehr über dich als dein Blut«, hatte sie gesagt. »Jedes einzelne Haar verrät, wer du bist und woher du kommst. Aber ihr Menschen lasst es in Kämmen und Bürsten zurück, ohne zu begreifen, dass schon ein paar Strähnen jedem Fremden erlauben, sich einen sehr mächtigen Teil von euch in die Tasche zu stecken. Einer Hexe genügt das Haar, das du auf dem Boden eines Frisörs zurücklässt, um daraus für ein paar Stunden deinen Doppelgänger zu erschaffen.«
    Dafür würde es nicht reichen. Aber vielleicht würde Guismunds Tor ihn so für einen entfernten Nachkommen halten. Einen Versuch war es wert.
    »Ihr habt kein Recht!« Lelous Stimme zitterte vor Wut. »Schatzjäger? Ihr seid schmutzige Diebe! Die Armbrust gehört Guismunds Erben!«
    Jacob richtete sich auf.
    »Ja, aber warum haben seine Kinder sie sich nie geholt? Was denkst du, Lelou?« Er schob Louis’ Haar in einen der leeren Täuschbeutel. »Vielleicht waren sie nicht mal in seiner Gruft. Erklärst du das nur damit, dass der Hexenschlächter ein furchtbarer Vater und am Ende wahnsinnig war? Hat er, wie es heißt, ihre Mutter umbringen lassen und sie haben sich deshalb von ihm losgesagt? Oder waren sie zu sehr damit beschäftigt, einander zu bekriegen?«
    Arsene Lelou presste die farblosen Lippen zusammen. Aber er konnte die Lust, mit seinem Wissen zu prahlen, wie erwartet nicht unterdrücken.
    »Sie glaubten, dass ihr Vater sie töten wollte!«, näselte er. »Deshalb waren sie nie in der Gruft. Deshalb haben sie nie nach der Armbrust suchen lassen. Sie waren sicher, dass Guismund einen Weg finden würde, sie umzubringen.«
    Valiant ließ ein ungläubiges Grunzen hören. »Warum sollte er? Er brauchte einen Erben.«
    Lelou rollte nur spöttisch die Augen. »Der Hexenschlächter war wahnsinnig. Er wollte niemanden auf seinem Thron wissen, nicht einmal seine Kinder. Er wollte, dass die Welt mit ihm begann und endete!«
    Fuchs trat an Jacobs Seite.
    »Wir sollten aufbrechen!«, sagte sie leise.
    Ja, das sollten sie, aber Jacob dachte immer noch über das nach, was Lelou gesagt hatte. Vielleicht war es doch keine so gute Idee, Louis’ Haar mitzunehmen. Er zog Fuchs mit sich.
    Hinter ihnen zitierte Lelou jede Schreckensgeschichte, die je über das Schloss oder die Tote Stadt geschrieben worden war. Jacob kannte sie alle.
    Er zog die Kette aus der Tasche, die Ramees Enkelin und vor ihr vielleicht Guismunds Tochter getragen hatte.
    »Ich werde dir einen Anhänger dafür mitbringen«, sagte er, während er sie Fuchs um den Hals legte. »Den schönsten, den ich in Guismunds Schloss finden kann. Aber lass mich allein gehen. Bitte! Es ist zu gefährlich. Ich komme mit der Armbrust zurück. Ich verspreche es.«
    Fuchs legte ihm zur Antwort die Hand aufs Herz, wo die Motte der Fee es verdeckte. »Was kann schlimmer sein als das Haus des Blaubarts?«, fragte sie. »Oder schlimmer, als hier auf dich zu warten?«
    Der Riesling trat auf ein Zeichen von Valiant eine Bresche in den Zaun.
    Der Zwerg reichte Jacob zwei Kerzen.
    »Die waren nicht leicht zu besorgen«, sagte er. »Deine Schulden werden immer höher. Ich werde hier auf euch warten. Die Gruft hat mir gereicht, aber kommt nicht auf dumme Gedanken! Ich finde euch, falls ihr versucht, mich um meinen Anteil zu bringen, und glaub mir, ich kann noch unangenehmer werden als der Krumme.«
    »Ich erinnere mich«, sagte Jacob. Und folgte Fuchs durch den niedergetretenen Zaun.

58
VORSPRUNG
    D em Wassermann triefte das eigene blasse Blut von den Fingern, als er Nerron die Fesseln durchschnitt. Er hatte sich sämtliche Schuppen von den Armen gescheuert, um sich zu befreien. Einiges von seinem olivgrünen Fleisch haftete sicher auch noch an dem Kutschrad, aber er verzog keine Miene.
    Natürlich hatten sie ihnen die Waffen abgenommen.
    Hereingelegt von einem Prinzen, der dümmer ist als jedes Pferd, das du je geritten hast, Nerron.
    Sie sahen das Schloss schon von Weitem. Der Zwerg hatte Guismunds Leiche also mitgebracht. Nerron war übel vor Wut, als er das Fernrohr auf den Wachturm richtete, vor dem der Austausch hatte stattfinden sollen. Ein Haufen aufgeschichteter Steine, die verdächtig nach dem Grabmal eines Rieslings aussahen, und davor ein paar Tote. Er konnte nicht ausmachen, wer es war, aber der Riesling, der sich über sie beugte, war nicht zu übersehen. Er war ein kräftiges Exemplar. Was, beim Henker des Krummen, war da passiert?
    »Siehst du Louis?« Nerron war froh, dass der Hass in der Stimme des

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