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Reckless - Lebendige Schatten

Reckless - Lebendige Schatten

Titel: Reckless - Lebendige Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Funke
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»Wusstest du, dass der Besitzer einer Mine in Austrien von seinen Arbeitern an die Minenwichtel verkauft wurde?«, flüsterte sie dem Zwerg zu.
    Valiant warf Jacob einen alarmierten Blick zu. »Du solltest auf sie aufpassen!«, raunte er und stieß angeekelt eines der Kinder zurück, das die schmutzige kleine Hand nach seinem Wolfspelzmantel ausstreckte. »Sie klingt schon wie einer dieser Anarchisten, die ihre Parolen an jede Fabrikmauer schmieren.«
    »Du gefielst mir besser, als du weniger ehrbare Geschäfte gemacht hast«, sagte Jacob, während er dem Knirps auf die Füße half. »Los, zeig uns die Gruft, bevor uns bei der Kälte jemand für deinen Mantel erschlägt.«
    Drei Gebäude hinter einem rostigen Drahtzaun, mit kupferverkleideten Dachfirsten, um die Berggeister fernzuhalten, Gleise, Schlote, ein Abflusskanal … Nichts verriet, dass die Zwerge hier etwas anderes als Erz gefunden hatten.
    Fuchs blickte sich um. »Kann man die Tote Stadt von hier aus sehen?«
    Valiant schüttelte den Kopf und wies nach Westen. »Es sei denn, du kannst durch den Berg da sehen.«
    Der Hexenschlächter hatte die Stadt erbauen lassen, nachdem Albion, Austrien und Lothringen durch die Armbrust vereint und Helvetia das Herz seines riesigen Reiches geworden war. Silberthur. So hatte er sie damals getauft, aber nun hieß sie nur noch die Tote Stadt, denn ihre Bewohner waren an Guismunds Todestag verschwunden. Es hieß, dass die Gesichter wie Fossilien aus den verfallenen Mauern blickten. Jacob hatte die Ruinen nie mit eigenen Augen gesehen, denn selbst Chanute hatte die Tote Stadt gemieden. Es galt auch nach vier Jahrhunderten noch als sehr ungesund, ihre verlassenen Straßen zu betreten.
    Valiant öffnete das Tor in dem rostigen Zaun. Die Kette war gelöst und Fußspuren führten durch den schmutzigen Schnee auf die Schachtaufzüge zu.
    »Ich dachte, ihr hättet die Mine stillgelegt?«, fragte Fuchs.
    Valiant zuckte die Achseln. »Ab und zu kommt ein Vorarbeiter vorbei, um nach dem Rechten zu sehen. Den letzten Schatzjäger haben sie vor einer Woche hineingeschickt.« Er verzog den Mund zu einem zufriedenen Lächeln. »Ich habe drei Unzen Gold darauf gewettet, dass der Dummkopf nicht zurückkommt.«
    Jacob stieß das Tor auf. »Drei Unzen Gold? Das klingt nicht schlecht. Was hast du auf mich gewettet?«
    Valiants Lächeln wurde süß wie Honig. »Für wie dumm hältst du mich?«
    Fuchs leuchtete mit einer Grubenlampe in den Schacht, über dem die Aufzugkäfige hingen. Valiant blickte sich besorgt um, aber keiner der Männer, die hinter dem Zaun die Arbeiter beaufsichtigten, beachtete sie. »Also noch mal, um jedem Ärger vorzubeugen«, raunte der Zwerg. »Ich …«
    »… habe euch nur hergebracht, um Jacobs Rat einzuholen.« Fuchs stieg in den schwankenden Käfig. »Du hast es so oft gesagt, dass deine Hunde es wiederholen könnten. Aber ich habe vergessen, wie es weiterging. Wir stehlen die Armbrust, und du wirst von Minenwichten verschleppt, bevor du uns aufhalten kannst? Oder stehlen sie die Armbrust und wir verschleppen dich?«
    »Sehr komisch!«, knurrte Valiant. »Dir ist ganz offensichtlich nicht klar, welches Risiko ich auf mich nehme! Der Zwergenrat wird mich erschießen lassen, wenn sie je Verdacht schöpfen! Niemand außerhalb des Rates weiß von der Gruft!«
    »Niemand außer den Ratsmitgliedern, ihren Sekretären, Ehefrauen, den Minenarbeitern, die die Gruft gefunden haben …« Jacob hob den Zwerg in den Käfig. »Ich würde mich nicht darauf verlassen, dass euer Geheimnis sicher ist. Und was das Erschießen betrifft – Unsinn, du redest dich immer heraus. Ich muss es wissen. Ich wollte dich schon dutzendmal erschießen.«
    Der Käfig senkte sich endlos in die Tiefe. Als er auf festem Grund aufsetzte, löste das Licht ihrer Lampen die grob behauenen Wände eines Stollens aus der Finsternis, von dem mehrere Schächte abgingen. Holzpfeiler stützten die niedrige Decke. Spitzhacken und Schaufeln lehnten zwischen Halden von Geröll. Auf einem flachen Stein lagen die üblichen Gaben für die Minenwichte: Kaffeepulver, Lederreste, Münzen. Wenn sie verschwanden, konnten die Arbeiter aufatmen. Blieben sie liegen, kamen bald spitze Schreie aus der Dunkelheit, Steinschläge und spindeldürre Finger, die sich in Ohren und Augen bohrten.
    Der Schacht, den Valiant nahm, führte nach Westen, wo hoch über ihnen die Tote Stadt zwischen den Bergen lag. Die plumpe Bohrmaschine, auf die sie irgendwann stießen, hätte in

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