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Reckless - Lebendige Schatten

Reckless - Lebendige Schatten

Titel: Reckless - Lebendige Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Funke
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für den Rest des Lebens als Narben tragen. Die Tränen kamen ihr, aber Fuchs wischte sie fort. Sie nützten ebenso wenig wie die Angst, die sie um Jacob hatte. Du wirst ihn retten. Irgendwie . Wie?
    Valiant reichte ihr ein Taschentuch, das mit seinen Initialen bestickt war.
    »Sag nicht, du machst dir Sorgen um Jacob!« Der Zwerg schüttelte verächtlich den Kopf. »Der Goyl wird ihm kein Haar krümmen! Jacob ist nicht umzubringen. Ich weiß, wovon ich rede, schließlich habe ich ihm selbst schon mal sein Grab geschaufelt.«
    Die Erinnerung machte es nicht besser. Jacob war dem Tod schon oft durch die Finger geschlüpft. Aber nicht diesmal, flüsterte es in ihr.
    Sei still.
    Das Kind am Nebentisch trank seine Milch. Fuchs wollte den Blick abwenden, aber sie zwang sich, hinzusehen. Wollte sie etwa anfangen, auch vor Motten und Blüten davonzulaufen?
    Der Wind stieß eines der Fenster auf und wehte Hagelkörner auf die Holztische. Der Wirt schloss es mit einem besorgten Blick und begann, sich mit einem Bauern zu unterhalten, der von Erdrutschen und ertrunkenen Schafen erzählte – und davon, dass einer der Verrückten, die in der Toten Stadt hausten, am Morgen auf seinem Hof gewesen und das Ende der Welt verkündet hatte. Man nannte sie die Prediger, Männer und Frauen, die zwischen den Ruinen den Verstand verloren hatten und glaubten, dass die verlassene Stadt das Tor zum Himmel hütete. Fuchs war einem von ihnen am Dorfeingang begegnet. Sie spickten sich die Kleider mit Blech und Glasscherben, bis sie bizarren Rüstungen glichen.
    Der Bauer warf Valiant einen finsteren Blick zu.
    »Siehst du das?«, flüsterte der Zwerg, während er den Blick mit einem goldzahngespickten Lächeln erwiderte. »Sie geben den Minen die Schuld dafür, dass das Wetter schlecht ist. Wenn die Ziegen hütenden Trottel wüssten, wie nah sie der Wahrheit kommen. Seit wir auf die Gruft gestoßen sind, spielt nicht nur das Wetter verrückt. In den Minen häufen sich die Unfälle. Überall tauchen diese Prediger auf und faseln vom Ende der Welt, und die Bauern halten ihr Vieh im Stall und erzählen, dass die Tote Stadt zum Leben erwacht.«
    Fuchs fuhr sich über die zerschundenen Handgelenke. »Wo hast du den Leichnam hingebracht?«
    Valiant hob abwehrend die Hände. Klein wie Kinderhände und kräftig genug, um Eisen zu biegen. »Nicht so schnell! Jacob ist wie ein Bruder für mich, aber wir müssen neu verhandeln. Es wird zusätzliche Kosten verursachen, dass der Dummkopf sich hat fangen lassen!«
    »Wie ein Bruder? Du würdest Jacob für die silbernen Fingernägel eines Däumlings verkaufen!«, zischte Fuchs über den Tisch. »Ich wäre nicht überrascht, wenn du dich plötzlich mit dem Goyl zusammentätest, nur weil er dir einen besseren Anteil zahlt!«
    Der Gedanke zauberte ein geschmeicheltes Lächeln auf das Gesicht des Zwergs. Er nahm jeden Hinweis auf seine Verschlagenheit als Kompliment.
    »Wir sollten all das an einem weniger öffentlichen Ort besprechen«, schnurrte er. »Mein Chauffeur wartet vor der Tür. Chauffeur …«, er zwinkerte Fuchs vielsagend zu, »ein fantastisches Wort, oder? Es klingt so viel moderner als ›Kutscher‹.«
    Der Wind wehte dem Zwerg fast den lächerlich hohen Hut vom Kopf, als sie auf die Straße hinaustraten. Die Mauern der Häuser, die im Schatten der Berge kauerten, waren dunkel vom Regen, und der Chauffeur, der dem enormen Automobil, das vor dem Wirtshaus parkte, besorgt den Regen vom dunkelgrünen Lack wischte, war selbstverständlich ein Mensch. Das pferdelose Gefährt sah auf der Dorfstraße noch fremdartiger aus als die Exemplare, die Fuchs in Vena gesehen hatte.
    »Beeindruckend, oder?«, sagte Valiant, während der Chauffeur mit einem Schirm auf sie zuhastete. »Ich bin ein Mann der Zukunft! Die Geschwindigkeit ist noch enttäuschend, aber die Blicke, die man erntet, machen das mehr als wett.«
    Der Chauffeur hielt Fuchs den Schirm über den Kopf, auch wenn der Wind ihn ihm fast aus der Hand riss, und half dem Zwerg auf das viel zu hohe Trittbrett.
    »Was immer der Grund für dieses Wetter ist«, raunte Valiant ihr zu, als Fuchs sich fröstelnd neben ihn auf die braunen Lederpolster setzte, »diese Kälte macht es wesentlich leichter, einen kopflosen König frisch zu halten.«

54
DIESELBE ZUNFT
    D er Bastard kam jede Nacht – sobald er die Wache übernahm und die andern schliefen. Er gab Jacob zu essen und brachte ihm manchmal sogar etwas von dem Wein, den der Prinz übrig ließ.
    Wie

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