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Reckless - Lebendige Schatten

Reckless - Lebendige Schatten

Titel: Reckless - Lebendige Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Funke
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Messer.
    »Zurückrufen? Wie soll ich das anstellen?«, fragte Reckless. »Fuchs ist uns sicher schon Meilen voraus. Sie ist auf ihren Pfoten schneller als Eure goldene Kutsche. Sie wartet an der Toten Stadt auf mich. Fragt den Goyl. Ich bin sicher, die Armbrust ist dort. Und ich verwette das Herz darauf, dass Ihr ohne mich und den Goyl keine drei Schritte in den Ruinen überlebt.«
    Louis’ Gesicht wurde weiß wie geronnene Milch.
    »Vergiss seine Finger!«, fuhr er den Wassermann an. »Schneid ihm die Kehle durch!«
    Eaumbre zögerte. Doch schließlich setzte er Reckless das Messer an den Hals.
    Genug. Nerron packte Louis und zerrte ihn mit sich.
    »Habt Ihr nicht zugehört?!«, zischte er. »Er hat nicht nur das Herz! Er hat auch Guismunds Leiche. Was glaubt Ihr, was der Kopf und die Hand uns ohne sie nützen? Bringt ihn um, aber dann erklärt Ihr Eurem Vater, warum wir die Armbrust nicht gefunden haben!«
    Louis starrte ihn so feindselig an, als würde er ihm als Nächstes die Finger abschneiden lassen. Nicht ganz so leicht bei einem Goyl, Prinzlein. »Er hat mich beleidigt! Ich will ihn tot sehen. Jetzt!«
    Der Wassermann blickte zu ihnen herüber, das Messer an Reckless’ Kehle. Nerrons Mutter betete in Notlagen zu einer mysteriösen Königin, die in einem kupfernen Berg lebte und ein Kleid aus Malachit trug. Nerron hätte sie zu gern um einen Funken Verstand für das Kronprinzenhirn gebeten, aber die Rettung hastete in Form von Lelou an Louis’ Seite.
    »Mein Prinz!«, flüsterte er ihm mit einem beschwichtigenden Lächeln zu. »Ich fürchte, der Goyl hat recht. Selbst Euer Vater muss bisweilen mit seinen Feinden kollaborieren. Ihr könnt Reckless später immer noch umbringen!«
    Louis runzelte die Stirn (es war rührend, wie Menschenhaut Falten schlug, wenn sie versuchten, zu denken) und warf ihrem Gefangenen einen finsteren Blick zu.
    »Na gut, lass ihn fürs Erste am Leben!«, befahl er dem Wassermann. »Aber zieh seine Fesseln noch fester.«

53
IRGENDWIE
    D ie Füchsin zählte nicht, wie viele Tage sie bis in die Berge brauchte, in denen die Tote Stadt lag. Es waren zu viele.
    Fuchs legte das Fell nur ab, wenn sie sich ein paar unruhige Stunden Schlaf stahl. Die Menschengestalt brachte die Erinnerungen zurück, aber sie ertappte sich dabei, dass sie es vermisste, den Wind auf der bloßen Haut zu spüren. Sie vermisste sogar ihr verletzlicheres Herz. Tier, Mensch – Füchsin, Frau. Sie war nicht länger sicher, was sie mehr war. Oder mehr sein wollte.
    Sie hatte Valiant von einer Bahnstation telegrafiert. Der alte Mann, der den Telegrafen bediente, hatte sie so misstrauisch gemustert, als sähe er das Fuchsfell unter den gestohlenen Kleidern.
    Der Zwerg hatte als Treffpunkt ein Bergdorf vorgeschlagen, das unweit der Toten Stadt lag. Vom Marktplatz konnte man die Ruinen sehen: eingestürzte Türme und Kuppeln, Mauern, die sich fahl wie Knochen an der Flanke eines Berges hinaufzogen. Über den toten Straßen hingen dunkle Wolken. Sie trieben über dem ganzen Tal, und Fuchs spürte ihren kalten Schatten, als sie vor dem Wirtshaus stehen blieb, in dem sie Valiant treffen sollte.
    Die Ziegenbockhörner über der Tür sollten die Geister fernhalten, die man in dieser Gegend fürchtete: Toggelis, Wachsgeister, Berghexen … Sie wurden für jede tote Ziege und jedes kranke Kind verantwortlich gemacht, auch wenn sie meist nicht halb so bösartig waren, wie man ihnen nachsagte, aber in diesen Bergen wuchs die Angst wie Unkraut.
    Der Blick, den der Wirt Fuchs zuwarf, als sie in die dunkle Wirtsstube trat, war so schmutzig wie seine Schürze, und sie war froh, dass Valiant sie nicht lange warten ließ.
    »Du siehst aus wie der Tod!«, stellte er fest, während er sich einen der Stühle an den Tisch zog, den der Wirt für Zwergengäste bereithielt. »Ich hoffe, dass Jacob noch wesentlich schlechter aussieht! Soll ich dir die Telegramme zeigen, die der verlogene Hund mir geschickt hat? ›Bislang keine Spur … ich sag dir Bescheid … diese Jagd kann Jahre dauern …‹ Weißt du was? Meinetwegen kann ihn der Goyl an einem Seil hierherschleifen!«
    Müde. Sie war so müde.
    Der Wirt servierte ihr den Tee, den sie bestellt hatte, und brachte dem Kind am Nachbartisch ein Glas Milch. Fuchs spürte, wie ihre Hände zu zittern begannen, als sie die weiße Flüssigkeit sah.
    »Was, zum Teufel …«
    Valiant griff nach ihrem Arm und musterte entgeistert ihre aufgescheuerten Handgelenke. Sie würde Troisclerqs Ketten

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