Red Rabbit: Roman
meine Träume bis zu Debbie besorgt’s ganz Dallas . In Budapest gab es zahlreiche Museen und historische Sehenswürdigkeiten sowie gute Orchester, und das Essen war angeblich auch sehr gut. Also ein durchaus plausibles Reiseziel für Rabbit, und vor allem auch eines, bei dem zu erwarten stand, dass er wieder in seine geliebte rodina zurückkehren würde.
Das wäre schon mal der Anfang eines Plans, dachte Mary Pat. Es war auch genügend Nachtschlaf dafür draufgegangen.
»Und? Was ist passiert?«, fragte der Botschafter.
»In dem Café, wo mein Informant die Übergabe machen wollte, hat zufällig auch ein AVH-Agent seinen Kaffee getrunken«, erklärte Szell im Büro des Botschafters, das sich im obersten Stock befand, in den Räumlichkeiten, in denen Jozsef Kardinal Mindszenty während seines langen Aufenthalts in der amerikanischen
Botschaft untergebracht gewesen war. Der Kirchenmann, der beim amerikanischen Botschaftspersonal nicht weniger beliebt gewesen war als beim ungarischen Volk, war von den Nazis eingekerkert, von der Roten Armee befreit und prompt wieder ins Gefängnis geworfen worden. Er hatte sich nämlich von der neuen Konfession Russlands nicht genügend begeistert gezeigt, auch wenn die an den Haaren herbeigezogene offizielle Anklage gegen ihn lautete, er sei ein fanatischer Royalist, der das Haus Habsburg wieder auf dem Kaiserthron sehen wolle. Fantasie war offenbar nicht die Stärke der ungarischen Kommunisten. Selbst um die Jahrhundertwende waren die Habsburger in Budapest etwa so beliebt gewesen wie eine Schiffsladung Ratten.
»Warum haben das überhaupt Sie gemacht, Jim?«, fragte Botschafter Peter »Spike« Ericsson. Er würde auf das giftige, aber völlig vorhersehbare Kommuniqué antworten müssen, das beim Chef der Außendienststelle eingegangen war und jetzt auf seinem Schreibtisch lag.
»Bei Bob Taylors Frau – sie ist schwanger – sind Komplikationen aufgetreten. Deshalb sind die beiden zur Untersuchung zum Second Army General Hospital in Kaiserslautern geflogen.«
Ericsson brummte: »Stimmt, das habe ich ganz vergessen.«
»Also, um es kurz zu machen, ich habe Mist gebaut«, musste Szell zugeben. Es war nicht seine Art, etwas zu beschönigen. Das Missgeschick würde einen erheblichen Knick in seiner CIA-Karriere zur Folge haben, aber daran ließ sich nun mal nichts ändern. Der arme Teufel, der die Übergabe vermasselt hatte, war im Moment auf jeden Fall noch wesentlich übler dran. Die Beamten der Ungarischen Staatssicherheitsbehörde – Allavedelmi Hatosag, kurz AVH –, die ihn verhörten, hatten schon einige Zeit keinen Grund zum Jubel mehr gehabt und ihm deshalb besonders penetrant unter die Nase gerieben, wie leicht er ihnen ins Netz gegangen war. Blöde Amateure, dachte Szell ärgerlich. Tatsache war jetzt allerdings, dass er von der ungarischen Regierung zur PNG, zur persona non grata , erklärt und aufgefordert worden war, das Land binnen 48 Stunden zu verlassen – vorzugsweise mit eingezogenem Schwanz.
»Ich bedaure es sehr, Sie zu verlieren, Bob, aber es gibt nichts, was ich für Sie tun kann.«
»Na ja, ab jetzt bin ich für Ihr Team sowieso kaum noch zu gebrauchen.« Frustriert ließ Szell einen Schwall Luft ab. Er war lang genug in Budapest gewesen, um eine gut funktionierende Spionageabteilung aufzubauen, die ganz brauchbare politische und militärische Informationen geliefert hatte – nichts davon besonders wichtig, weil Ungarn kein übermäßig wichtiges Land war, aber man konnte nie wissen, wann etwas Interessantes passieren würde, nicht einmal in Lesotho, wohin man ihn womöglich demnächst versetzen würde, dachte Szell. Er würde sich eben etwas Sonnencreme und einen schicken Buschanzug kaufen müssen… Aber wenigstens konnte er sich dort die World Series im Fernsehen ansehen.
Bis auf weiteres wäre zudem die Niederlassung Budapest außer Betrieb. Nicht dass man sich darüber in Langley graue Haare wachsen lassen würde, tröstete sich Szell.
Eine diesbezügliche Meldung würde von der Botschaft aus per Telex an Foggy Bottom gehen – natürlich verschlüsselt. Botschafter Ericsson setzte seine Antwort an das ungarische Außenministerium auf und wies die absurde Unterstellung zurück, James Szell, der stellvertretende Leiter der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika, habe etwas getan, was in Widerspruch zu seinem diplomatischen Status stehe. Gleichzeitig legte er im Namen des amerikanischen Außenministeriums offiziell Protest
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