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- Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond

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Titel: - Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Blakley-Cartwright , David Leslie Johnson
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unansehnlichen Klumpen, den Valerie in den Händen hielt, hinzu.
    Valerie sah gedankenverloren zu, wie Suzette das Dutzend heißer Gerstenkekse nebst einem Stück Käse in ein weiches weißes Tuch einschlug und sich anschickte, alles den Männern zu bringen. Valerie konnte den Traum schmecken, den sie in der Nacht gehabt hatte. Er schmeckte frisch und säuerlich wie die Zitrone, die sie einmal auf einem Jahrmarkt gekostet hatte.
    »Valerie, räum bitte auf und feg den Boden, während ich den Männern das Essen bringe«, sagte ihre Mutter mit matter Stimme. »Und würdest du anschließend bitte Wasser holen?«

    »Ja«, antwortete Valerie, vielleicht etwas zu schnell. »Wird gemacht.«

    Valerie stand am Brunnen und zog an dem Seil den vollen Eimer wieder nach oben. Sie stellte sich vor, wie sie Peter nachher kühles Wasser bringen würde, wie er sie beim Trinken über den Rand des Bechers hinweg ansehen würde. Bei dem Gedanken an seine durchdringenden Augen vergaß sie zu ziehen und das Seil entglitt ihren Fingern. Der Eimer sauste in die Tiefe und krachte gegen die Steinwand des Brunnenschachts. Sie schrie erschrocken auf und bückte sich nach dem Seil, als der Eimer klatschend auf dem Wasser unten aufschlug. Ruhig und bedächtig zog sie ihn wieder hoch. Dann machte sie sich auf zu dem Waldstück, in dem die Männer Bäume fällten.
    Der herbe Geruch frisch geschlagenen Holzes stieg Valerie in die Nase, als sie sich näherte.
    Der Vogt hatte einen Trupp gut ausgebildeter Männer zusammengestellt, die den Bäumen mit kräftigen Hieben zu Leibe rückten. Er ließ keine Gelegenheit aus, billige Tagelöhner zu beschäftigen, wenn welche im Dorf weilten. Die Männer arbeiteten in der Gruppe, machten dieselben Handgriffe, trugen dieselbe Kleidung. Nur Peter stach heraus. Er hatte sich sein schwarzes Hemd um die Schultern geschlungen, sodass seine straffen braunen Muskeln zu sehen waren. Valerie lehnte sich an einen Baum und schaute zu, wie er jedes Mal, wenn er mit der Axt ausholte, seinen schönen Körper drehte. Es hatte etwas Ungehöriges, ihn so zu sehen. Und doch auch wieder nicht – sie fühlte bereits, dass er zu ihr gehörte.

    Valerie war froh, als sie ein paar Reste vom Essen ihrer Mutter auf dem Boden verstreut sah. Suzette war also bereits da gewesen und wieder gegangen.
    »Die Akazien da drüben haben eine zu dicke Rinde«, sagte Peter zum Vogt und deutete auf die dornigen Bäume. Er hieb seine Axt in einen Baumstumpf und ging eine Säge holen.
    Als Valerie die unbewachte Axt sah, flitzte sie nach vorn, schnappte sie sich, rannte zurück und versteckte sich hinter einem Baum.
    Ein Holzfäller in der Nähe hatte mitten im Ausholen innegehalten und sich die Axt über die Schulter gelegt. Jetzt warf er ihr einen verschwörerischen Blick zu, grinste und gab ihr mit einer Geste zu verstehen, dass seine Lippen versiegelt seien.
    Sie lächelte. Dann aber sah sie, dass ein anderer seine Pflichten vernachlässigt hatte: An einem Baum saß, mit leerem Blick und einer Flasche in der Hand, Cesaire. Aufs Geratewohl löffelte er sich Eintopf in den Mund und verfehlte oft sein Ziel.
    Sie sah weg, wie sie es immer tat. Ihr Vater war vollgesabbert und hilflos – er trank sich noch zu Tode. Aber er war auch ein Waldarbeiter, ein Jäger, aufrecht und stark. Es war schlimm, ihn so zu sehen. Einerseits war sie sehr stolz auf ihn, andererseits schämte sie sich für ihn.
    Während sie wartete, begann sie sich zu wundern, warum Peter so lange brauchte, bis er das Verschwinden der Axt bemerkte. Doch dann erschien er wieder und blickte sofort zu ihrem Versteck herüber. Ihr Puls ging schneller. Er freute sich, sie zu sehen, das spürte sie, doch als er zu ihr kam, machte er ein ernstes Gesicht und begrüßte sie nicht so herzlich, wie sie erwartet hatte.

    Etwas stimmte nicht. Dass er böse auf sie war, weil sie die Axt weggenommen hatte, konnte nicht sein – das sah ihm nicht ähnlich.
    Er zog sie hinter ein Gestrüpp, wo sie nicht gesehen oder gehört werden konnten. Valerie strich Peter übers Haar. In der kühlen Luft fühlte es sich so trocken, so dicht an, dass sie meinte, die Strähnen zählen zu können.
    »Peter.«
    Er legte ihr den Finger auf die Lippen und brachte sie zum Verstummen. Sie deutete seine Miene falsch und ärgerte sich im ersten Moment. Sie ließ sich nicht gern bevormunden. Aber sie war zu glücklich. Das Gefühl verflog und sie vergaß es.
    »Warum so traurig?«, hörte sie sich kokettieren –

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