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- Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond

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Titel: - Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Blakley-Cartwright , David Leslie Johnson
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an der Wunde, so wie sie sich, wenn sie sich an einem Blatt Papier geschnitten hatte, immer die Haut zusammenkniff, damit das Blut schneller herausquoll. Dann spähte sie wieder nach unten. Die Lazars waren noch da und ihre Freundinnen dösten auf Hockern. Ihre roten, schwarzen und braunen Haarschöpfe hoben und senkten sich im Schlaf. Ihre Mutter saß allein am Tisch und hob, ins gespenstische Licht einer einzigen Kerze getaucht, den Kopf. Als sie sah, dass ihre Tochter wach war, kam sie die Leiter zum Dachboden heraufgestiegen.
    »Es gibt in diesen schweren Stunden auch eine gute Neuigkeit, Valerie«, sagte sie, als sie auf Valeries Höhe war.
    »Ich habe schon gehört, dass ich Henry Lazar heiraten soll«, flüsterte Valerie zurück. »Sag mir nur, ob es stimmt.«
    Suzette erschrak, fasste sich aber wieder. »Ja,Valerie«, sagte sie mit aufgesetzter Stimme und drehte mit gespielter Freude ihren Ehering zwischen Daumen, Zeige- und Mittelfinger. »Ja, es stimmt.«
    Valerie war, als werde das Leben aus ihr herausgerissen. In diesem Augenblick wurde ihr klar, wie tief ihre Gefühle für Peter waren, den sie in der Aufregung des Tages aus den Augen verloren hatte. Sie sehnte sich nach ihm, bekam aber ein schlechtes Gewissen, weil sie unter diesen Umständen so empfand.

    »Mutter, es erscheint mir unpassend, jetzt darüber zu sprechen.«
    »Ja«, räumte Suzette traurig ein, »du hast recht. Jetzt ist nicht die Zeit. Wir haben später noch Gelegenheit genug.«
    Sie streichelte Valeries Haar. Der Klang ihrer Stimme wirkte irgendwie tröstlich und irritierend zugleich. »Aber es ist wahr«, setzte sie hinzu, »dass Henry jetzt dein Verlobter ist. Du solltest ihm erlauben, dir sein Beileid auszusprechen.«
    Valerie blickte nach unten zu Henry und sah den besorgten Ausdruck auf seinem freundlichen, schönen Gesicht. »Ich kenne ihn doch kaum.«
    »Du wirst ihn kennenlernen. Dazu heiratet man ja.«
    Valerie wollte nicht, konnte nicht. »Nicht jetzt, Mutter.«
    Suzette beschloss, sich etwas mehr zu bemühen. »Du solltest eines wissen … Ich habe deinen Vater auch nicht geliebt, als wir geheiratet haben. Ich war in einen anderen verliebt.«
    Valerie starrte sie an.
    »Seine Mutter war gegen unsere Beziehung. Aber ich habe gelernt, euren Vater zu lieben. Und wir haben zwei schöne Töchter bekommen. Jetzt komm herunter. Bitte.«
    »Ich sagte, nein«, erwiderte Valerie barsch und verkniff sich die Fragen, die sie gern gestellt hätte.
    Suzette kannte diese Seite an ihrer Tochter und hütete sich, mit ihr zu streiten. Geknickt stieg sie wieder die Leiter hinunter und setzte eine gefasste Miene auf, wozu Valerie niemals imstande gewesen wäre.
    Henry hatte die gespannte Szene beobachtet. Jetzt wandte er sich an Cesaire. »Kommen Sie mit uns in die Schenke.« Er legte dem älteren Mann beruhigend die Hand auf die Schulter und fügte mit dem ihm eigenen Charme hinzu: »Lassen wir die Frauen auf ihre Weise trauern.«

    Cesaire nickte, froh darüber, gehen zu können.
    Auch Adrien schien erfreut, der beklemmenden Atmosphäre im Haus zu entrinnen. Bei aller Liebenswürdigkeit war er nie ein Mann gewesen, der offen seine Gefühle zeigte. Valerie wusste, dass er immer freundlich zu Lucie gewesen war und dass ihr Tod bei ihm Erinnerungen an den Verlust seiner Frau geweckt haben musste. Ganz gewiss war es nicht leicht für ihn.
    Henry nickte diskret zum Dachboden hinauf, schlüpfte in seinen langen Ledermantel und folgte seinem Vater aus dem Haus.

    »Ich kann nicht glauben, dass sie tot ist.«
    Valerie kletterte die Leiter hinunter zu Lucies Leichnam. Sie hatte keine Tränen mehr, in ihr war nur noch eine große Leere.
    Suzette räumte die Speisen weg, die die Gäste mitgebracht hatten. Die Schüsseln waren kaum angerührt, denn heute hatte niemand Hunger. Die anderen Mädchen setzten sich um Valerie herum, sprachen aber nicht viel. Sie mussten etwas tun, irgendetwas, damit sie sich nicht nutzlos vorkamen, und so befingerten sie alles, was in ihrer Nähe war.
    Roxanne spielte traurig mit Lucies langen Wollkleidern. Prudence begehrte insgeheim Lucies Schaffellmantel, und in der Hoffnung, dass sie ihn unvermittelt geschenkt bekam, streichelte sie besitzergreifend seinen Pelz.
    »Wie kommt es eigentlich, dass niemand etwas gesehen hat?«, fragte Madame Lazar in das Schweigen hinein und
blinzelte. Sie wandte sich an Valerie. » Warst du denn nicht mit ihr zusammen?«
    Valerie begann, ihrer Schwester Bänder ins Haar zu flechten, und

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