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- Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond

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Titel: - Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Blakley-Cartwright , David Leslie Johnson
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heldenhaften Rückkehr, auch wenn er nicht den Kopf hob. Ihre Erleichterung wich bald einem Gefühl der Wut. Es ärgerte sie, dass es ihr so viel ausmachte und dass sie jemanden lieben konnte, der ihre Liebe nicht erwiderte …

    Doch dann fiel ihr auf, dass Henry fehlte.
    Der Vogt saß am Kopfende des Tischs, umlagert von Bewunderern, neben sich, auf eine Pike gespießt, den Wolfskopf. Die Männer, die in der Höhle gewesen waren, selbst die vielen, die geflohen waren, glaubten, dass ein Teil des Ruhmes ihnen gebührte, da auch sie einen Beitrag zu seinem Erfolg geleistet hätten. Der Vogt erzählte die ganze Geschichte, machte vor, wie er auf Zehenspitzen geschlichen war, und knallte im Augenblick höchster Spannung seinen Krug auf den Tisch. Die Frauen flossen über vor Bewunderung, als das schäumende Bier in seinen dichten Bart tropfte. Valerie empfand Verachtung, als sie sein selbstgefälliges Lächeln sah. Die Verehrerinnen hingen an seinem Hals, priesen seine Selbstlosigkeit, weil er den Tod des armen Mädchens gerächt hatte, obwohl das eigentlich gar nichts damit zu tun hatte.
    Der Wirt, ein Mann mit Glatze und einer Falte im Nacken, die von einem Ohr zum anderen lief, lauschte mit gespannter Aufmerksamkeit. Seine Frau arbeitete am Schanktisch, während er verzückt dasaß. Sie war während einer Schwangerschaft dick geworden und es dann immer geblieben. Der Wirt selbst hatte eine solche Entschuldigung nicht.
    Der Vogt schloss seinen lebhaften Bericht, indem er den Verlust, den sie erlitten hatten, beklagte und enthüllte, was Valerie noch nicht wusste … Adrien war für den Ruhm gestorben. Valerie schloss die Augen. Jetzt verstand sie, warum Henry nicht hier war. Sie empfand eine gewisse Erleichterung darüber, dass es der Vater war, aber auch Mitgefühl mit dem Sohn, der jetzt elternlos war.
    Sie blickte wieder zu Peter, aber der sah noch immer zu Boden.

    Alle waren in die Schenke gekommen, weil keiner nach Hause wollte. Der Vogt schilderte nochmals seinen Triumph und das Dorf freute sich. Ein Mann und seine Frau tranken gemeinsam aus einem großen Krug. Zwei Dorfbewohner saßen zusammen auf einer niedrigen Bank am Kamin und genossen die Wärme.
    Draußen vor der Schenke weidete jemand den Wolf aus. Kinder sahen mit wohligem Schauer zu, fassungslos über ihr Glück. Ihre Eltern waren zu versöhnlich gestimmt, um sie fortzuscheuchen.
    Die Sonne stieg hoch hinauf und schien hell, obwohl immer noch Schneeflocken durch die Luft wirbelten, und das Gefühl der Freiheit, das die Menschen jetzt verspürten, schien den Tod Adriens und Lucies beinahe zu rechtfertigen. Ein so schlechter Tausch war es nicht. Nur zwei Dorfbewohner in zwanzig Jahren und fortan keine Opfergaben mehr. Und die berechtigte Aussicht, dass sie künftig ihre fettesten Hühner selber essen und bis tief in die Nacht draußen arbeiten konnten. Nichts war mehr tabu und ihr Leben gehörte wieder ihnen.
    Überdies stimmte es sie froh zu wissen, dass Geld nicht schützte, denn ausgerechnet der reichste Mann war gestorben. Sie waren verschont geblieben, und vielleicht sogar, weil sie es verdient hatten.
    Mit zwei Toten schien der Sieg nicht zu teuer erkauft.
    Doch es war ein hoher Preis, dachte Valerie.
    Claude erschien am Fenster und schnitt Grimassen, bis die blaue Scheibe beschlug. Sein Gesicht verschwamm, und Valerie sah, dass hinter ihm etwas vorbeigeschoben wurde.
    Der Karren des Leichenbestatters, auf dem Adriens lebloser Körper lag.

    Er war zugedeckt, und nur sein Kopf war zu sehen, die Augen, die sich nie wieder öffnen würden, geschlossen zum ewigen Schlaf. Blut war aus seinem Körper gesickert wie zäher Sirup und hatte einen Fleck im Tuch hinterlassen.
    Madame Lazar ging wehklagend hinter ihm her. Sie schaute durchs Fenster, entdeckte Valerie und hielt ihren Blick fest, bis sie am Fenster vorbei war.
    Männer zogen mit schmutzigen Händen ihre Hüte ab und hielten sie respektvoll vor die Brust, als der Tote vorbeirollte.
    »Auf Adrien«, rief Cesaire, der begriff, dass ihre Zecherei geschmacklos war, und erhob sein Glas. »Auf das Opfer, das er gebracht hat.«
    »Auf Adrien!« Die anderen folgten seinem Beispiel.
    Valerie blickte zu Peter, um festzustellen, ob er hersah, dann schlüpfte sie aus der Schenke. Henry hatte ihr einen Beileidsbesuch abgestattet, und nun würde sie dasselbe tun. Sie wusste nicht, was sie sagen würde, aber sie wusste, wo er zu finden war.

    Sie trat in die Schmiede. Die Tür zur Werkstatt stand offen und

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