Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
- Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond

- Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond

Titel: - Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Blakley-Cartwright , David Leslie Johnson
Vom Netzwerk:
das Feuer in der Esse glühte rot durch den Rauch. Henry, der mit nacktem Oberkörper hämmerte, dass die Funken stoben, bemerkte lange nicht, dass sie da war. Valerie fühlte sich elend, denn der blasse, kräftige Oberkörper erinnerte sie unwillkürlich an Peters nackte Brust am Tag zuvor und daran, wie warm sie gewesen war.
    Sie dachte an die Verlobung, die Suzette arrangiert hatte. Jetzt saß sie noch tiefer in der Falle als zuvor. Sie konnte
jetzt unmöglich weglaufen und Henry in seiner Trauer allein lassen. Beim bloßen Gedanken daran bekam sie ein schlechtes Gewissen.
    Valerie vermutete, dass Adriens Leichnam ins Haus gebracht worden war und jetzt oben auf dem Dachboden lag. Sie schaute nicht hoch. »Henry … dein Vater war ein tapferer Mann.«
    Er bearbeitete weiter das Stück Metall mit einem Hammer, schlug brutal auf den Amboss ein. Sie war sich nicht sicher, ob er sie gehört hatte. Dann hielt er plötzlich inne. Der Hammer schwebte schwer in der Luft, die Flammen loderten vor ihm empor. »Ich war ihm so nahe, dass ich ihn riechen konnte«, sagte er voller Wut, ohne sich umzudrehen. »Aber ich hatte Angst. Ich habe mich vor ihm versteckt. «
    Ping!
    »Ich hätte etwas tun müssen.«
    Ping!
    »Ich hätte ihn retten müssen.«
    Valerie sah, dass er alle ihre halbfertigen Schmiedearbeiten zerstörte. Jetzt würden sie niemals fertig werden.
    »Auch ich habe jemanden verloren, Henry – ich weiß, wie das ist. Bitte, komm vom Feuer weg.«
    Er hörte nicht.
    Ping!
    »Henry, bitte.«
    Ein Stück Glut schoss aus der Esse, landete auf seinem Arm und versengte sein Fleisch. Er hielt nicht inne und wischte es auch nicht weg, wie um sich selbst zu bestrafen. Erst als er mit einer unwirschen Bewegung zur Tür zeigte, wurde es fortgeschleudert.

    »Geh, Valerie«, stieß er grimmig hervor. »Ich möchte nicht, dass du mich so siehst.«
    Sie wusste, wie es war, wenn man allein sein wollte, und ging, aber dieses Bild wurde sie nicht mehr los – Henry, rußgeschwärzt und rasend im roten Feuerschein der Esse.

    Als Valerie aus der Schmiede trat, sah sie zu ihrem Erstaunen ihre Mutter auf einem Holzklotz vor dem Haus sitzen. Mit trüben Augen stierte Suzette zum oberen Stock hinauf, wo Adrien in einem Leichentuch lag. Valerie näherte sich ihr von der Seite und wollte gerade ihre Hand ergreifen, als sie bemerkte, dass Suzette etwas Glänzendes zwischen den Fingern hielt.
    Einen schönen gehämmerten Armreif …
    Er sah genauso aus wie der, den Henry für sie gemacht hatte.
    Verwirrt tastete Valerie nach ihrem. Es saß noch an ihrem Handgelenk.
    Sie fasste nach dem Armreif ihrer Mutter.
    Die überraschte Suzette zog die Hand weg. »Ich habe gerade darüber nachgedacht, ob wir nicht eine neue Türangel brauchen«, murmelte sie, drehte sich weg und eilte davon.
    Doch Valerie lief ihr nach.
    Suzette begann zu sprechen, stockte aber, denn die Worte wollten nicht heraus.
    In diesem Augenblick ging Valerie ein Licht auf. »Mutter, du hast gesagt, du bist in einen anderen verliebt gewesen, als du geheiratet hast.«

    Suzette erwiderte nichts darauf, aber ihr Schweigen war Antwort genug.
    Auf dem Platz ging sie schneller und auch Valerie beschleunigte ihre Schritte. Sie kamen an zwei Zimmerleuten vorbei, die aus Zweigen ein Zelt errichteten, in dem sie den Wolfskadaver verbrennen wollten, dann an Dorfbewohnern, die aus der Schenke strömten und die Pike mit dem aufgespießten Wolfskopf trugen.
    »Sag mir, wer es war.«
    Suzette ging langsamer, wandte sich ab. Die Worte blieben ihr im Hals stecken, wollten nicht heraus. »Ich glaube, du weißt es bereits.«
    »Sag es. Ich möchte, dass du es sagst.« Valerie konnte nicht anders, sie musste weiterbohren, bis die ganze Wahrheit ans Licht kam.
    Suzette weinte. Sie kaute auf ihrer Lippe.
    »Ich bin dein Kind«, stieß Valerie heftig hervor. »Und du meine Mutter. Sag es, das ist das Mindeste, was du tun kannst.«
    »Der Mann, den ich geliebt habe, war Adrien Lazar.«
    Valerie erzitterte, als sie es laut ausgesprochen hörte. Sie fragte sich, was für Bilder ihre Mutter von Adrien im Herzen trug, was für Dinge er zu ihr gesagt hatte, was für Worte seitdem in ihrem Inneren widerhallten. Wie oft hatte sie an ihn gedacht? Denn an ihn gedacht hatte sie bestimmt.
    Wenn Suzettes Augenlider im Schlaf gezuckt hatten, hatte sie dann davon geträumt, wie er ihr den Armreif überreichte, wie er ihr beim Zuhaken half, wie er die Hand nach ihr ausstreckte? Wenn sie im Zuber ein Wäschestück auf

Weitere Kostenlose Bücher