Red Shark: Thriller (German Edition)
keine finden. Die Mauer besaß zwar keine vorstehenden Steine oder Absätze, die er als Trittsteine hätte verwenden können, aber dann sah er eine Gruppe von Kiefern, deren Äste über die Mauer reichten und damit Möglichkeiten boten.
Scott stieg aus dem Auto und trabte gebückt die Gasse entlang. Als er die Mauer erreicht hatte, schlich er sich mit dem Rücken zu ihr im Schatten bis zu der Gruppe von Kiefern daran entlang. Er kletterte an einer hoch und erreichte ohne Probleme die Spitze der Mauer. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass auch auf ihr keine Glasscherben oder versteckten Sensoren angebracht waren, stieg er darauf und ließ sich auf der anderen Seite in den Bambusgarten fallen.
Geduckt betrachtete er die Villa, die als zwei getrennte, von einer Galerie verbundene Flügel angelegt war. Die beiden Flügel, die in einem Winkel von fünfundvierzig Grad zueinander standen, waren durch einen Bogen verbunden, durch den eine gepflasterte Einfahrt führte. Ein Innenhof wurde gegenüber von einer Garage für vier Wagen begrenzt und sanft von einer Reihe von hellen Fenstern in einem Flügel beleuchtet.
Scott nahm Ricks Glock fest in die rechte Hand. Noch immer geduckt, schlich er sich vorsichtig an die Villa an. Er war kaum drei Meter weit gekommen, als er ein kleines Stück über dem Boden einen blauen Lichtpunkt sah: ein Laser-Bewegungsmelder. Er suchte nach beiden Seiten und sah das Gegenstück neben der Einfahrt. Wenn man den unsichtbaren Strahl unterbrach, ging im Haus ein Alarm los. Es gab hier sicher noch mehr Sensoren, vielleicht druckempfindliche Pads oder Stolperdrähte. Bisher war alles viel zu leicht gewesen. Er näherte sich vorsichtig dem Weg des Strahls und blieb einen Augenblick stehen, um sich einen Weg um ihn herum zu suchen, konnte aber keinen finden.
Plötzlich explodierte ein weißes Licht in seinem Kopf. Er spürte, wie seine Knie nachgaben, und einen kurzen Augenblick lang sah er Tracy. Warum war sie zurückgekommen? Warum war sie nicht in der Botschaft bei Rick, und was zum Teufel hatte sie überhaupt in Japan zu suchen?
4. Teil
Red Shark
40
N ODA , J APAN
Scott lag flach auf dem Rücken auf einer Tatami-Matte. Als er die Augen öffnete, sah er mitten in seinem Blickfeld ein Gesicht.
»Willkommen in Noda, Commander Scott«, sagte Tokugawa in ausgezeichnetem Englisch. Er war prachtvoll mit einem königsblauen Kimono bekleidet und sah mit den dazu passenden weißen Tabi und Getas wie der klassische Shogun aus. »Ich hatte sie schon erwartet.«
Der Nebel vor Scotts Augen lichtete sich, und er setzte sich auf. Einen Moment lang dachte er, er wäre in einem Museum für Lackarbeiten, Schriftrollen und Keramiken, aber dann fiel ihm der Schlag wieder ein, mit dem ihn ein Unbekannter niedergestreckt hatte. Vielleicht war es sogar der Mann gewesen, der regungslos wie eine Statue in einer Ecke des Zimmers stand. Er war kräftig gebaut und sah mit seinen vor der Brust verschränkten Armen und den halb geschlossenen Augen auf den ersten Blick wie ein Buddha im Halbschlaf aus, doch dann verrieten seine angespannten Gesichtsmuskeln und seine starre Haltung, dass er keineswegs döste. Jetzt gerade schien er etwas zu spüren, denn er hob den Kopf und sog prüfend die Luft in die Nase.
Tokugawa bot Scott eine Schale heißen Sake an, die dieser aber ablehnte. »Ich verstehe das nicht ganz, Commander Scott. Was wollten Sie eigentlich damit erreichen? Wollten Sie mein Haus stürmen und Miss Kida befreien?«
»Wo ist sie? Ich will sie sehen.«
»Wer hat Sie geschickt?«
Scott stand langsam auf, fühlte sich aber noch etwas unsicher auf den Beinen. »Niemand. Ich bin allein. Ich möchte Fumiko sehen.« Er rollte seinen Kopf hin und her, um die Schmerzen und die Verkrampfung loszuwerden.
Tokugawa runzelte die Stirn. »Sie befinden sich nicht in der Position, irgendwelche Forderungen zu stellen. Sie wurden aufgefordert, Japan zu verlassen, aber da Sie es für angebracht hielten, diesen Befehl zu verweigern, habe ich Sicherheitsbeamte informiert, die unterwegs sind, um Sie und Miss Kida zu verhaften. Sie haben japanische Sicherheitsbestimmungen verletzt, was hier ein sehr ernstes Vergehen ist.«
»Der Generaldirektor der militärischen Abwehr Japans informiert Sie ja anscheinend recht gut.« Scott sah, dass sein Handy, sein Pass und Ricks Glock auf einem kleinen Tisch am anderen Ende des Raums lagen. »Ich weiß, warum Sie versucht haben, uns töten zu lassen – weil wir hinter Ihren
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