Red Shark: Thriller (German Edition)
ähnelte. Diese Vermutung war jedoch widerlegt worden, als auf den Satellitenbildern entdeckt worden war, dass Nordkorea ein U-Boot von voller Größe auf Kiel gelegt hatte, das genau wie ein altes russisches diesel-elektrisches Boot der Tango-Klasse aussah. Da diese Konstruktion mindestens fünfunddreißig Jahre alt war, schloss der Nachrichtendienst, Nordkorea sei also zwar in der Lage, selbst ein U-Boot zu bauen, aber auf keinen Fall ein modernes Boot mit einem luftunabhängigen oder gar atomaren Antriebssystem.
Zemin sah sich das Bild des U-Boots genau an, das in dem Stützpunkt gebaut worden war. Nach einem Tango sah es ganz und gar nicht aus: Da gab es Wölbungen, wo eigentlich keine sein dürften, der Rumpf war zu kurz und gedrungen, der Mantel des Turms saß an einigen Stellen deutlich schief, als wäre er hastig angeschraubt worden, um etwas anderes zu verdecken. Eine stümperhafte Tarnung, überlegte er.
Zemin warf den Bericht zur Seite und kam zu dem Schluss, dass die Beurteilung durch Admiral Shis vielgepriesenen Geheimdienst völlig falsch war. Nordkorea hatte tatsächlich direkt unter Shis Nase ein U-Boot des deutschen Typs 213 gebaut. Das allein war schon verblüffend genug. Noch verblüffender aber war, dass er dieses U-Boot so weit von seinem Stützpunkt Nam’po entfernt entdeckt hatte, und das zu einem Zeitpunkt, als die Volksrepublik Korea kurz vor einem Krieg mit den Vereinigten Staaten stand.
Zemins Gedanken wurden von den verschiedensten Möglichkeiten überschwemmt: Sollte er es suchen und versenken – nein, in chinesischen Hoheitsgewässern aufbringen! Einen solchen Preis in die Hand zu bekommen, das würde es lohnen, sein Leben und das der Mannschaft zu riskieren. Das würde nicht nur den Großmachtsfantasien Nordkoreas einen Dämpfer aufsetzen, sondern dazu der US Navy ein für alle Mal zeigen, dass China und nicht die USA die Gewässer Ostasiens kontrollierte.
Ein Mobiltelefon klingelte in Marschall Jins Dienstwohnung, wo er es sich gerade in einem heißen Bad bequem machte. Ein Adjutant brachte es ihm zögernd herein und wurde sofort wieder hinausgeschickt, als Jin General Yis Stimme hörte. Nach einem kurzen Gespräch beendete Jin den Anruf. Zehn Minuten später winkte er in einem dicken Kimono und mit einem Glas Soju in der Hand General Yi in sein privates Arbeitszimmer.
Yi sah einen angeschlagenen und äußerst besorgten Jin vor sich. »Ich bitte um Entschuldigung, Großer Führer, dass ich noch zu so später Stunde hier eindringe.«
»Sie sagten, es gäbe einen Bericht, Iseda Tokugawa sei tot, erschossen. Wie genau?«
»Ja, es ist im chinesischen CCTV und in Tokio auf NHK berichtet worden. Angeblich ist er von einem Geschäftspartner namens Ojima erschossen worden. Der Mann soll Mitglied der Yakuza gewesen sein. Laut der Meldung war er in den Rauschgifthandel in Tokio verwickelt. Außerdem wurde noch ein weiterer Mann erschossen.«
»Wo ist das passiert?«
»In Tokugawas Haus in Noda.«
Jin sank aschfahl in einen Sessel. »Was haben sie sonst noch berichtet?«
»Nichts, Großer Führer, nichts, was uns etwas angeht.«
»Sind Sie verrückt? Alles, aber wirklich alles dabei geht uns an. Dieser Mord ist eine Katastrophe. Er wird die Ausrichtung der Innenpolitik Japans und seine Geschäftsbeziehungen mit dem Rest der Welt ändern. Vor allem aber bedeutet es das Ende unserer Operation auf den Philippinen.«
»Bei allem Respekt, sein Tod hat gar nichts geändert. In diesem Stadium war Tokugawa nicht mehr als ein interessierter Beobachter, der darauf wartete, einzugreifen und den Amerikanern dabei zu helfen, dass sie sich von diesem Angriff erholen. Wir kontrollieren diese Operation, nicht Tokugawa.«
Yi nahm unaufgefordert Platz. Er steckte sich eine Zigarette an und wartete ab, während Jin grübelte und dabei an seinem Drink nippte, wenn auch ohne jeden Genuss. »Seine Ermordung ist kein Zufall«, sagte Jin schließlich. »Zuerst war dieser Angriff auf Matsu Shan durch unbekannte Militärs, dann der Tod von Fat, und jetzt das. Die Amerikaner müssen bei allen drei Zwischenfällen die Hand im Spiel gehabt haben. Dessen bin ich mir sicher.«
»Schließen Sie Zufälle aus?«
»Nein, aber ich behalte immer weitere Perspektiven im Auge, in diesem Fall besonders die Japaner mit ihrem Hang zu Heimlichkeiten und Intrigen. Tokugawa war ein Meister der Intrige.« Jin machte eine kurze Pause.
»Deshalb ist in Japan nichts so, wie es scheint«, erklärte er schließlich. » Nichts .
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