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Reden ist Silber, Kuessen ist Gold

Reden ist Silber, Kuessen ist Gold

Titel: Reden ist Silber, Kuessen ist Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Mallery
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gönnen?«
    »Offensichtlich.«
    »Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung. Kommen Sie, schauen wir es uns mal an.«
    Joss ging voran in den Untersuchungsraum. Mitch setzte sich auf die Liege, krempelte die Jeans hoch und nahm dann die Prothese und den Strumpf ab.
    »Sie müssen den Stumpf mehrmals am Tag massieren.« Joss setzte sich auf einen Hocker, schaltete die Lampe an und richtete sie auf die Stelle. »Machen Sie das?«
    »Manchmal.«
    »Lassen Sie mich raten: Sie bekommen auch nicht genügend Schlaf und essen nicht ausreichend. Richtig?« Er drückte auf den Stumpf. »Tut das weh?«
    Mitch biss die Zähne zusammen, als der Schmerz wie Feuer durch ihn hindurchtobte. »Ein bisschen.«
    »Haben Sie viele Phantomschmerzen?«
    »Einige.«
    »Machen Sie die Energiearbeit?«
    Wenn Mitch noch ein Teenager gewesen wäre, hätte er jetzt die Augen verdreht. »Das ist doch totaler Blödsinn.«
    Joss richtete sich auf. »Genau. Die Vorstellung, dass der Körper ein Energiesystem ist, ist totaler Unfug. Wir ignorieren die Tatsache, dass Gehirnwellen elektrisch sind, und auch das, was ein EKG misst. Wenn man es nicht sehen oder anfassen kann, existiert es nicht. Typisch.«
    Er stand auf und verschränkte die Arme vor der Brust. »Nur ein einziges Mal möchte ich es erleben, dass jemand hier reinkommt und bereit und willens ist, die nötige Arbeit zu tun. Nur ein Mal. Ist das zu viel verlangt? Aber passiert es? Nein. Wir müssen immer jeden Schritt einzeln durchkauen. Fein. Wo sind Sie? Ich schätze, bei der Wut. Vielleicht auch ein wenig Verleugnung. Warum ist Ihnen das passiert? Wie können Sie Ihr Leben zurückbekommen? Hier ist ein kleiner Tipp: Sie sind nicht der erste Kerl, der da durchmuss. Wir haben es bereits gemacht und wissen, was funktioniert. Also hören Sie zu. Und erleichtern Sie sich Ihr Leben.«
    Wenn Mitch einfach hätte rausgehen können, er hätte es getan. So konnte er allerdings nur seinen Kopf wegdrehen.
    »Sie müssen die Massagen machen«, erklärte ihm Joss. »Und auch die Energiemassagen unterhalb des Stumpfes. Und die Übungen, die wir Ihnen gezeigt haben. Holen Sie ein bisschen Schlaf nach und kommen Sie zu den Gruppentreffen.«
    Mitch hörte nicht mehr zu. Gruppentreffen. Klar. Weil er unbedingt mit ihm unbekannten Leuten in einem Kreis sitzen und über seine Gefühle sprechen wollte. Das wollte er noch nicht einmal mit Menschen tun, die er kannte.
    »Ich bin schon spät dran«, sagte er. »Können wir das hier ein bisschen beschleunigen?«
    Er schaute zu Joss, der ihn mit einem Schulterzucken überraschte. »Sicher. Was immer Sie wollen.«
    Mitch hatte mit mehr Widerstand gerechnet. »Das ist alles? Sie geben auf?«
    »Warum nicht? Haben Sie doch auch. Ich habe genügend Männer, die mich um Hilfe anflehen. Irgendwann werden Sie auch einer von denen sein.«
    »Sehr unwahrscheinlich.«
    Joss überraschte ihn erneut, diesmal mit einem Lächeln. »Vor Ihnen liegen noch dunkle Tage, mein Junge. Schlechte Zeiten. Aber Sie werden sie überstehen. Wenn Sie erst einmal feststellen, dass Sie es alleine nicht schaffen, kommen Sie wieder. Ich werde hier sein. Aber bis dahin werde ich meine Zeit nicht an einen Idioten verschwenden.« Er gab ihm seine Prothese zurück. »Viel Glück.«
    Dann wandte er sich um und verließ den Raum, ließ Mitch allein zurück, der sich total wie der Idiot fühlte, als den Joss ihn eben bezeichnet hatte.
    Auf der Rückfahrt nach Titanville kämpfte Mitch gegen den in ihm brodelnden Ärger an. Er wusste, dass es nichts nützte, aber Wut schien das einzige verlässliche Gefühl zu sein. Er hatte erwartet, von der Sitzung mit Joss erschöpft zu sein, aber es hatte ja keine Therapie gegeben. In seinem Kopf wusste er, dass er sich alleine die Schuld daran geben konnte er brauchte die Therapie, um sich an die Prothese zu gewöhnen. Das Problem war nur, dass er es nicht wollte. Er wollte nicht irgendwelchen Energiehokuspokus über einem Teil seines Körpers ausführen, der nicht mehr da war. Wollte nicht an Sitzungen mit anderen Amputierten teilnehmen. Wollte sich mit gar nichts davon auseinandersetzen. Er wollte das, was er nicht mehr hatte.
    Er fuhr durch die Stadt. Als er an einer Ampel hielt, sah er, wie Skye Bronco Billy‘s betrat. Nicht sicher, wie sein Plan lautete, scherte er in die nächste freie Parklücke ein und folgte ihr.
    Seit fast einem Jahrzehnt war er nicht mehr in diesem Restaurant gewesen, aber es hatte sich nur wenig verändert. Auf den Fernsehern lief

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