Reden macht Leute
Sie mit Fragen umgehen können, finden Sie auf Seite 124 ff.
Achtung: Die Gefahr der Langeweile besteht bei der Darstellung von Überblicken. Deshalb bei einem Überblick das Thema stets konkretisieren durch „… dargestellt am Beispiel von …“, etwa:
„Die Durchführungsverordnung für Großfeuerungsanlagen dargestellt am Kraftwerk in S.“ Wenn Sie Ihr Thema so formulieren, ist es auch für Fachleute interessant. Sie können zwar viele Großfeuerungsanlagen kennen, aber nicht die Anlage, über die Sie referieren. Und für Nichtfachleute ist Ihr Thema ebenfalls attraktiv, weil Sie die Durchführungsverordnung nicht abstrakt erläutern, sondern an einem Beispiel.
Bei der Darstellung eines Ablaufs, etwa „Von der Antragstellung bis zur Erteilung einer Baugenehmigung“, brauchen Sie einen Zwecksatz, der über die bloße Information hinausgeht. Warum wollen Sie dem Publikum diesen Ablauf zeigen? Vielleicht wollen Sie Verständnis dafür wecken, warum von der Antragstellung bis zur Erteilung der Baugenehmigung so viel Zeit vergeht?
Bei der Darstellung eines Einzelfalles – was oft auf juristische Themen zutrifft – fehlt es oft am Hörerbezug. Was interessiert die Hörer ein Einzelfall, der irgendwann irgendwo einmal passiert ist? Dehalb müssen Sie den Hörern zeigen, inwieweit sie der Fall betrifft oder betreffen könnte oder welchen Nutzen sie davon haben, wenn sie Ihnen zuhören.
Beispiel:
So sprach eine Juristin vom Oberschulamt darüber, ob der Schulausschluss bei Diebstahl das angemessene Mittel zur Bestrafung einer Schülerin sei. Sie erläuterte das Thema an einem Einzelfall, den sie zu entscheiden hatte. Am Ende ihres Vortrags kam sie zu dem Ergebnis, dass der bereits von der Schulleitung verhängte Schulausschluss wieder aufgehoben werden sollte.
Wo blieb die Nutzanwendung für die Hörer? Im Publikum saßen viele Eltern. Diese wies die Referentin darauf hin, eine Maßnahme der Schulleitung nicht einfach als gegeben hinzunehmen, wenn diese ungerecht erscheine, sondern sich in einer solchen Situation an das zuständige Schul- oder Oberschulamt zu wenden, um die Maßnahme prüfen zu lassen. Für die anderen lag der allgemeine Nutzen in dem Appell : Wehrt euch, wenn euch etwas ungerecht vorkommt!
Am dankbarsten sind Themen, die Probleme darstellen und lösen (siehe Problemlösungsformel, Seite 99 f.). Hier können Sie oft die Neugierde ansprechen, insbesondere wenn dem Publikum das Problem bekannt ist. Wenn nicht, dann müssen Sie bei den Hörern erst ein Problembewusstsein schaffen.
„ Fachchinesisch “ angemessen einsetzen
Frauen erliegen seltener als Männer der Gefahr, einen unverständlichen Vortrag zu halten. Es sei denn, sie glauben – wie viele Männer –, dass ein Fachvortrag nur dann wissenschaftlichen Ansprüchen genügt, wenn lediglich jedes dritte Wort deutsch ist, der Rest aber aus englischen und lateinischen Wörtern besteht. Dennoch halte ich an dieser Stelle nicht das in vielen Rhetoriklehrbüchern übliche Plädoyer für eine allgemein verständliche Sprache, denn wenn Ihre Hörer alles verstehen, halten sie das Gehörte für banal.
So gehören Fachwörter geradezu zur Untermauerung Ihres „ethos“, um zu zeigen, dass Sie bei diesem Thema Fachfrau oder Fachmann sind. Verwenden Sie deshalb Fachtermini dort, wo es keine entsprechenden umgangssprachlichen Begriffe gibt, oder erklären Sie diese am Sachverhalt selbst. In diesem Buch finden Sie auch Fachausdrücke, die Ihnen vorher nicht geläufig waren, wie etwa die Begriffe „ethos“, „pathos“ und „pragma“ (siehe Seite 75 ff.). Auf sie zu verzichten oder sie durch deutsche Wörter zu ersetzen, halte ich für nicht angemessen.
Praxis-Tipp:
Ob der von Ihnen verwendete Wortschatz dem Hörerkreis adäquat ist, erfahren Sie durch das bereits empfohlene Vorversprachlichen vor Menschen, die dem zukünftigen Publikum entsprechen.
Auch Fachvorträge sollten organisch gegliedert sein
Sie finden in jedem Rhetoriklehrbuch mindestens einen Vorschlag zur Gliederung von Vorträgen. So auch hier. Das Problem ist jedes Mal das gleiche: Wie schaffe ich es, einen oftmals komplexen und komplizierten Sachverhalt „auf die Reihe“ das heißt in ein sinnvolles Nacheinander zu bringen? Üblicherweise wird wie folgt vorgegangen:
Angenommen, das Thema lautet: „Die Bedeutung kognitiver Dissonanzen beim Überzeugungsprozess“. Dann wird üblicherweise zuerst mit anderen Worten erklärt, was „kognitive Dissonanzen“ sind. Da es
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