Redwall 02 - Mossflower - In den Fängen der Wildkatze
ihre Sinne, während sie kläglich gegen die schlammige, überschwemmende Flut ankämpfte, die in ihre Nasenlöcher, Ohren und Augen drang. Genau in dem Moment, als sie spürte, dass alles verloren war und sie unweigerlich ertrank, wachte sie erschreckt auf. Unbeholfen stolpernd schlug sie lang hin und scharrte auf dem harten Steinfußboden, um sich wieder zu beruhigen. Der Stein war etwas Greifbares; er war gut. Diese Steine gehörten ihr, der Königin der Tausend Augen. Dankbar blickte sie zu Boden.
Und dann sah sie die Pfotenspuren im Staub.
Zwei Mäuse und zwei Maulwürfe!
Glücklicherweise war Aschenbein schon auf der Treppe zum Gemach, als er die Königin seinen Namen kreischen hörte. So schnell es ihm mit seinem Holzbein möglich war, legte er die verbleibende Strecke im Eiltempo hüpfend zurück. Er stürzte in das Gemach, wo er eine Zarina vorfand, wie er sie noch niemals erlebt hatte. Die Wildkatze kauerte am Boden. Sie hatte sich in einen Mantel gehüllt, der einst ihrem Vater gehört hatte, und schaukelte angestrengt auf den Steinfußboden starrend vor und zurück.
Aschenbein schloss die Tür und verneigte sich besorgt.
»Euer Majestät?«
Zarina blickte nicht auf. »Mäuse und Maulwürfe. Durchsuche diesen Raum nach Mäusen und Maulwürfen.«
»Sofort, königliche Hoheit.«
Aschenbein hielt nicht einmal inne, um den Befehl infrage zu stellen. Er wusste genau, wie gefährlich Zarina in einer ihrer Launen werden konnte, und machte sich daher sofort an die Arbeit. Der Marder lugte in Schränke, sah unter dem Tisch, hinter den Wandteppichen und Vorhängen nach und durchkämmte das ganze Zimmer.
»Hier sind weder Mäuse noch Maulwürfe, Hoheit«, verkündete er.
Zarina sprang auf und zeigte herrisch zur Tür. »Dann geh und durchsuche jeden Winkel von Kotir!«
Aschenbein salutierte und humpelte geschwind zur Tür.
»Nein, warte!«
Er hielt inne, war sich nicht sicher, in welche Richtung er denn nun als Nächstes gehen sollte. Zarina lächelte ihn an. Aschenbein schluckte merklich, als sie ihm eine Pfote um die Schultern legte.
»Aschenbein, wo ist Gingivere?«
»Er ist entkommen, Euer Majestät. Ihr habt doch selbst die Verfolgung aufgenommen«, antwortete er verwirrt.
»Ach, nun sag schon, mich führst du nicht hinters Licht«, kicherte Zarina fast gutmütig. »Erst waren es die beiden Igel, die entwischten – dabei waren sie ja gar nicht fort, sie waren die ganze Zeit über hier. Dann hatten wir den Fuchs hier, der in Wirklichkeit ein Otter war. Und jetzt ist mein Privatgemach mit Spuren von Waldbewohnern nur so übersät. Na los, raus damit, alter Freund! Mir kannst du es doch sagen.«
Aschenbein hatte auf einmal furchtbare Angst. »Majestät, es tut mir Leid, aber ich weiß überhaupt nicht, worauf Ihr hinauswollt. Ich bin nur Aschenbein. Ich habe Eurem Vater treu gedient und jetzt folge und diene ich nur Euch allein.«
Zarina lächelte wissend. »Du bist also meiner ganzen Familie absolut treu ergeben, was, Aschenbein?«
»Oh ja, das bin ich, Hoheit.«
Die mörderischen Klauen der Katze schossen nach vorn, durchbohrten den federbesetzten Umhang des Marders und gruben sich tief in seine Schultern. Zarinas Schnurrhaare strichen über sein Gesicht, als sie knurrte: »Aha, so ist das also. Du hilfst jetzt meinem Bruder. Gingivere ist gar nicht wirklich entkommen, nicht wahr? Es war alles nur ein Trick. Er und diese Waldbewohner sind noch immer irgendwo in Kotir. Sie hetzten meine Armee gegen mich auf. Vielleicht war er ja die ganze Zeit dabei, als ich im Wald nach ihm suchte. Ha, mein Bruder ist ein ganz hinterhältiger Halunke. Ich könnte wetten, dass er es war, der mich ins Wasser stieß, als die Otter den großen Hecht losließen … hu!«
In Aschenbeins versteinertem Gesicht spiegelten sich Höllenqualen. Die Klauen bohrten sich tief in seine Schulter hinein und auf seinem Umhang bildete sich ein Blutfleck.
Ganz plötzlich ließ Zarina von ihm ab und fing an sich hektisch mit ihrem eigenen Umhang abzureiben.
»Iiiiiiih, tiefes, kaltes, schleimiges, dunkles Wasser«, murmelte sie wirr.
Aschenbein wich lautlos zurück und verließ das Gemach. Die Wildkatze nahm gar nicht wahr, dass er hinausging; sie war viel zu sehr damit beschäftigt, gegen die sintflutartigen Wassermassen anzukämpfen, die in ihrer Einbildung Gestalt angenommen hatten.
Während der Marder eiligst davonhumpelte, konnte er auf der Wendeltreppe noch das Echo seiner tobenden und rasenden Königin
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