Redwall 02 - Mossflower - In den Fängen der Wildkatze
blickte hinauf zum wolkenlosen Himmel. »Es liegt bestimmt daran, dass wir so ein mildes Frühjahr gehabt haben. Schaut euch doch mal um, wir hatten erst vor einer Woche das Frühjahrsende und schon kommt es mir vor, als wären wir mitten im Hochsommer. Puh, wenn das so weitergeht, haben wir Spätherbst, bevor wir auch nur einen Tropfen Regen zu Gesicht bekommen haben.«
»Was sollen wir denn nun tun?«, fragte Äbtissin Germania und stellte ihren Becher mit Milch beiseite.
Lady Ambra strich sich über die Stelle, wo einst ihr Ohr gewesen war. »Was meint Ihr, Skip? Wäre es vielleicht jetzt, wo der Wasserstand gefallen ist, möglich den Fluss zu stauen?«
Der Otter griff in den Ufersand und ließ ihn durch seine Pfoten rieseln.
»Gnädigste, selbst unter diesen Bedingungen wäre es immer noch so, als würde man versuchen die Sonne am Aufgehen zu hindern. Selbst der bloße Versuch, einen Fluss von der Größe des alten Moss zu stauen, ist zum Scheitern verurteilt.«
»Äh, ähem!« Tschipp hockte auf dem Schößling einer jungen Kastanie.
Sie sprachen weiter, ohne dem Rotkehlchen Beachtung zu schenken.
»Wenn wir nun die Rinnen ein wenig tiefer anlegen würden?«
»Ihr meint Tunnel.«
»Rinnen, Tunnel – das ist doch alles dasselbe, oder?«
»Ähemhem, örrhörr!«, machte sich Tschipp erneut bemerkbar.
»Vielleicht für ein Eichhörnchen, aber für einen Maulwurf oder einen Otter sind eine Rinne und ein Tunnel von Grund auf verschieden.«
»Hörr, ähem, örrhörr!« Tschipp riss langsam der Geduldsfaden.
»Hajaj, ’s issa vollkomma richtg. Löcha duat Löcha un Rilla duat Rilla seia.«
»Örrhörr, ähemhemhemhem!«
»Was heißt denn jetzt wieder Rillen? – Ein Tunnel ist doch keine Rill-«
»Ähem!«
»Tschipp, was ist denn los mit Euch? Habt Ihr Euch an einer Nuss verschluckt?«
»Ah, ähem, nein. Aber ich dachte mir, dass es Euch vielleicht interessieren würde, dass da ein Schiff den Fluss heraufkommt.«
»Ein Schiff!«
»Wie jetzt, meint Ihr ein Boot?«
»Örrhörr, ’tschuldigung! Wenn ich ein Boot gemeint hätte, dann hätte ich auch Boot gesagt. Es ist ein Schiff, riesengroß, ganz und gar schwarz, mit einem weißen schädelartigen Ding am Bug, gerefften Segeln, vielen Rudern. Ein Schiff eben!«
Bella sprang auf und machte eine ausladende Bewegung mit ihren Pfoten. »Alle gehen sofort in Deckung. Äbtissin, du bleibst bei ihnen. Haltet euch bereit, auf mein Signal hin sofort nach Brockhall zu stürmen. Skipper, Lady Ambra, Ihr kommt mit mir. Wir sehen uns das Ganze wohl besser mal aus der Nähe an. Tschipp, habt Ihr gesehen, wer auf dem Schiff ist?«
»Ähem, leider nicht. Als ich es erblickte, kam ich sofort hierher, um Meldung zu machen.«
»Gute Arbeit«, gratulierte Bella. »Kommt mit uns. Wir benötigen Euch vielleicht, um den anderen im Versteck auf schnellstem Wege eine Nachricht zukommen zu lassen.«
Die Waldbewohner versteckten sich hinter Bäumen, im Gebüsch und im tiefen Laub. Die Dächsin, der Otter, das Eichhörnchen und das Rotkehlchen gingen am Ufer entlang in Richtung Westen und ließen einen scheinbar völlig verlassenen Ort hinter sich zurück.
Da sie nichts bei sich trugen, kamen sie schnell voran. Sie hatten es nicht weit bis zu dem Fluss-Stück, wo sich das Schiff befand.
Tschipp sichtete es zuerst. Er flatterte aufgeregt auf und ab. »Ähem, seht Ihr? Ich habe es Euch doch gesagt. Seht Ihr die beiden Pfähle, die die Baumkronen überragen? Das sind, äh, örrhörr, große Pfähle, wie sie in Schiffen stecken.«
Skipper hatte sie ebenfalls erblickt.
»Das sind Masten, Kumpel«, erklärte er. »Lasst uns mal näher herangehen, damit wir mehr sehen können.«
Auf allen vieren krochen sie ans Flussufer, wo sie sich im Gebüsch versteckten, als das Schiff in Sicht kam.
»Ihr da, wagt es ja nicht, weiterzufahren!«, rief Bella von ihrem Versteck aus mit der abschreckend donnernden Stimme eines kriegerischen Dachses. »Wenn ihr auch nur irgendeinem Wesen im Wald von Mossflower Böses wollt, dann kehrt jetzt um und fahrt zurück zum Meer – oder ihr bekommt es mit mir zu tun!«
Auf dem schwarzen Schiff rührte sich nichts.
An Bord der Waldlädie lagen Martin und seine Freunde hinter der Reling verborgen an Deck.
Dinny hielt sich mit einer Pfote den Mund zu, um ein Kichern zu unterdrücken. »Hahaha, i dua wissa, wär da rufa duat.«
»Bella, die gute alte Bella von Brockhall.« Martin blickte verträumt vor sich hin. »Einen Moment lang klang sie
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