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Reflex

Reflex

Titel: Reflex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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irgendwas?«
    »Holen Sie Champagner. Im Küchenschrank.« Er sah mich an, als hielte er mich für übergeschnappt, aber Champagner war meiner Erfahrung nach das beste Mittel gegen fast alle Leiden. Ich hörte den Korken knallen, und dann kam er mit zwei Whiskygläsern zurück. Er stellte meins auf die Treppe links neben meinem Kopf.
    Na schön, dachte ich. Ich mußte es darauf ankommen lassen. Irgendwann mußte ja Schluß sein mit den Krämpfen. Ich bewegte steif den Arm und schloß die Hand um das plumpe Glas und versuchte, das Ganze zu meinem Mund zu führen, und mir gelangen schließlich drei ordentliche Schlucke, bevor sich alles verkrampfte.
    Diesmal war es Jeremy, der erschrak. Er nahm das Glas, das ich fallen ließ und kriegte das große Zittern, und ich sagte durch die Zähne: »Einfach abwarten.« Der Krampf löste sich schließlich, und ich dachte, daß er diesmal schon nicht mehr so lang und schlimm gewesen war und daß es wirklich langsam aufwärts ging.
    Jemanden dazu zu bringen, einen in Ruhe zu lassen, kostet immer mehr Energie, als man darauf vergeuden will. Gute Freunde sind anstrengend. Ich war zwar dankbar für Jeremys Gesellschaft, aber ich wünschte, er würde aufhören, so ein Trara zu machen, und sich einfach ruhig verhalten.
    Es klingelte wieder an der Haustür, und bevor ich ihn davon abhalten konnte, machte er auf. Mein Mut sank noch tiefer. Besuch war einfach zuviel.
    Der Besuch war Clare, die kam, weil ich sie eingeladen hatte.
    Sie kniete sich neben mich auf die Treppe und sagte: »Das war doch kein Sturz, oder? Da hat dich jemand übel zugerichtet, stimmt’s? Dich zusammengeschlagen.«
    »Trink ein bißchen Champagner«, sagte ich.
    »Ja, gut.«
    Sie stand auf, holte ein Glas und stritt sich meinetwegen mit Jeremy.
    »Wenn er auf der Treppe liegenbleiben will, dann lassen Sie ihn doch. Er war schon tausendmal verletzt. Er weiß, was am besten ist.«
    Mein Gott, dachte ich. Ein Mädchen, das durchblickte. Unglaublich.
    Jeremy und sie setzten sich in die Küche, machten sich gegenseitig bekannt und tranken meinen Schampus, und auf der Treppe ergaben sich Fortschritte. Kurzes versuchsweises Strecken verursachte keine Krämpfe. Ich trank etwas Champagner. Fühlte mich verwundet, aber weniger krank. Fühlte, daß ich in nicht allzu ferner Zukunft wieder sitzen konnte.
    Es klingelte.
    Eine Epidemie.
    Clare ging durch die Diele, um zu öffnen. Ich war sicher, daß sie den Besucher, wer immer es war, auf der Schwelle festhalten wollte, aber es war unmöglich. Das Mädchen, das geklingelt hatte, ließ sich nicht an der Türschwelle zurückhalten. Sie setzte sich über Clares Protest hinweg und stürmte ins Haus; ich hörte ihre Absätze eilig durch die Diele auf mich zuklappern.
    »Ich muß mich überzeugen, ich muß wissen, ob er noch lebt«, sagte sie verzweifelt.
    Ich kannte ihre Stimme. Ich mußte das verzweifelte hübsche Gesicht nicht sehen, das nach mir Ausschau hielt, mich sah und vor Schreck erstarrte.
    Dana den Relgan.

17
    O mein Gott«, sagte sie.
    »Ich lebe noch«, sagte ich mit meiner geschwollenen Zunge.
    »Er hat gesagt, er will Ihnen … einen Denkzettel verpassen.«
    »Das Denken fällt mir im Moment etwas schwer.«
    »Offenbar war es ihm egal. Offenbar hat er nicht begriffen … Wenn die Sie getötet hätten … was das bedeuten würde. Er meinte nur, es hätte sie niemand gesehen, sie würden nie geschnappt, also kein Grund zur Sorge.«
    »Heißt das, daß Sie wissen, wer es war?« wollte Clare wissen.
    Dana warf ihr einen verzweifelten Blick zu. »Ich muß mit ihm reden. Allein. Ist das möglich?«
    »Aber er ist …« Sie hielt inne und sagte: »Philip?«
    »Das geht in Ordnung.«
    »Wir sind in der Küche«, sagte Clare. »Ruf einfach.«
    Dana wartete, bis sie gegangen war, und ließ sich dann neben mir auf der Treppe nieder, halb sitzend, halb liegend, um ihren Kopf möglichst nahe an meinen heranzubringen. Ich betrachtete sie durch meinen Sehschlitz, sah, daß sie völlig außer sich und zu Tode geängstigt war, und wußte nicht, warum. Nicht aus Sorge um mein Leben, denn sie sah ja, daß es nicht in Gefahr war. Nicht, weil sie sich um mein Stillschweigen Sorgen machte, da allein ihre Anwesenheit ein Geständnis war, das die Dinge nur verschlimmern konnte. Das goldgesprenkelte Haar fiel ihr weich nach vorne und berührte fast meine Stirn. Ihr süßes Parfüm erreichte meine Sinne sogar durch meine ramponierte Nase. Ihre Seidenbluse streifte meine Hand. Ihre Stimme mit

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