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Reflex

Reflex

Titel: Reflex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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reagierte ausgesprochen positiv auf Harolds Optimismus und lief, vielleicht auch angespornt durch meine Zuversicht, die noch von den zwei gestrigen Siegen in mir steckte, ein fehlerloses Rennen voller Kraft und Mut, so daß zum dritten Mal bei diesem Meeting der Applaus meinem Pferd galt. Harold schwebte zu diesem Zeitpunkt buchstäblich einen halben Meter über dem Boden, und selbst Victor brachte ein kleines Lächeln über die Lippen.
    Ivor den Relgan fand sich mannhaft damit ab, daß sein reichverzierter Pokal an einen Mann ging, den er nicht leiden konnte, und Lord White tänzelte um das Mädchen herum, mit dem er sich unterhalten hatte, und bahnte ihr einen Weg durch die Menge.
    Ich ließ mich wiegen, übergab meinen Sattel meinem Burschen, kämmte mir die Haare und begab mich zur Preisverleihung. Die Szene gestaltete sich inzwischen folgendermaßen: Auf einem quadratischen Tisch mit einem blauen Tischtuch stand ein großer silberner Gegenstand zusammen mit zwei kleineren, und um den Tisch herum standen Lord White, das Mädchen, Ivor den Relgan, Victor und Harold.
    Lord White erklärte der kleinen Zuschauermenge durch ein Handmikrofon, daß Dana den Relgan die Pokale überreichen werde, die ihr Vater freundlicherweise gestiftet hatte. Und sicher gingen nicht nur mir zynische Vermutungen durch den Kopf. Wollte Lord White den Vater im Jockey Club haben oder die Tochter? Gott bewahre! Lord White mit einer Freundin? Ausgeschlossen.
    Bei genauerer Betrachtung war nicht zu übersehen, daß er über ein gesundes Maß hinaus engagiert war. Er berührte sie ständig unter dem Vorwand, jedermann für die Pokalübergabe zurechtstellen zu müssen, und gab sich überaus lebhaft und nicht gesetzt wie sonst. Alles konnte gerade noch als neckisches, onkelhaftes Verhalten durchgehen, aber diskret war es keinesfalls.
    Dana den Relgan hatte das Zeug dazu, jeden Mann in Aufregung zu versetzen, auf dessen Annäherungsversuche sie eingehen wollte, und auf Lord White ging sie sehr liebenswürdig ein. Sie war schlank und graziös und nicht sehr groß, hatte üppiges blondmeliertes Haar, das ihr in Locken lässig auf die Schultern fiel. Dazu kamen geschwungene Lippen, sehr weit auseinanderstehende Augen und ein makelloser Teint, und sie hatte den Vorzug, daß ihr Puppenköpfchen nicht ganz hohl war. Sie verhielt sich deutlich zurückhaltender als Lord White, als fände sie seine Aufmerksamkeit zwar nicht unangenehm, aber doch zu eindeutig, und sie übergab die Pokale an Victor und Harold und mich, ohne viel dazu zu sagen.
    Zu mir sagte sie nur: »Gut gemacht«, und überreichte mir den kleinen silbernen Gegenstand (der sich als Briefbeschwerer in Sattelform entpuppte) mit dem strahlenden, oberflächlichen Lächeln eines Menschen, der einen nicht wirklich ansieht und nach fünf Minuten schon wieder vergessen hat. Nach dem, was ich hörte, hatte sie denselben modifizierten amerikanischen Akzent wie ihr Vater, aber ohne den herablassenden Ton; für meine Ohren klang er attraktiv. Ein hübsches Mädchen, aber nicht meins. Das Leben wimmelte von ihnen.
    Während Victor und Harold und ich unsere Pokale verglichen, erschien der Durchschnittstyp mit der Brille wieder. Er trat ruhig neben Dana den Relgan und sagte ihr leise etwas ins Ohr. Sie wandte sich vom Tisch für die Siegerehrung ab und ging langsam mit ihm davon, wobei sie nickend und leise lächelnd seinen Worten lauschte.
    Dieser anscheinend harmlose Vorgang hatte eine außergewöhnliche Wirkung auf den Relgan, der in Nullkommanichts sein albernes, selbstgefälliges Verhalten fallen ließ und in Aktion trat. Er rannte förmlich hinter seiner Tochter her, packte den harmlos aussehenden Mann an der Schulter und riß ihn mit solcher Wut von ihr weg, daß er stolperte und auf die Knie fiel.
    »Ich habe Ihnen gesagt, daß Sie die Finger von ihr lassen sollen«, sagte den Relgan, und man sah deutlich, daß er keinerlei Vorbehalte dagegen hatte, jemanden zu treten, der unten war. Und Lord White murmelte ›So was‹ und ›Du liebe Güte‹ und sah unbehaglich drein.
    »Wer ist das?« fragte ich niemand bestimmten, und überraschenderweise antwortete Victor Briggs.
    »Ein Filmregisseur. Bursche namens Lance Kinship.«
    »Und warum die Aufregung?«
    Victor Briggs wußte die Antwort, aber er mußte erst mit sich zu Rate gehen, bevor er sie preisgab. »Kokain«, sagte er schließlich. »Weißes Pulver, zieht man sich direkt durch die Nase rein. Sehr in Mode. Die ganzen dummen kleinen Mädchen …

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