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Reflex

Reflex

Titel: Reflex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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Nullkommmanichts aufspüren. Dann könnten Sie in Ihr Schneckenhaus zurück und die ganze Sache vergessen, wenn Sie wollen.«
    »Man kann … seinen Vater nicht vergessen.«
    Sein Blick wurde sofort scharf. »Sie sind also dabei?«
    Er würde nicht aufgeben, dachte ich, mit oder ohne meine Hilfe. Er würde mich belästigen, wann immer er wollte, mich bei den Rennen abfangen, wenn er sich die Mühe machte, die Programme in der Zeitung zu studieren, und er würde nie lockerlassen, weil er, wie er mir anfangs gesagt hatte, seinem Großvater und seinem Onkel beweisen wollte, daß eine Sache, die er sich zu erledigen vorgenommen hatte, erledigt wurde.
    Und was mich betraf … mußten die Nebel um meine Geburt sich irgendwann lichten. Die Katastrophe, deren Nachhall wie ein am Horizont sich verziehendes Unwetter meine frühesten Erinnerungen durchdrang, könnte endlich erklärt und begriffen werden. Ich könnte erfahren, was das Geschrei hinter der weißgestrichenen Tür zu bedeuten gehabt hatte, damals, als ich in meinen neuen Kleidern in der Eingangshalle wartete.
    Möglich, daß ich den Mann, der mich gezeugt hatte, im Endeffekt haßte. Möglich, daß ich entsetzt war. Möglich, daß ich mir wünschte, ich hätte nie etwas über ihn erfahren. Aber Jeremy hatte recht. Wenn man die Chance hatte … mußte man es wissen.
    »Also?« sagte er.
    »Gut.«
    »Wir suchen sie gemeinsam?«
    »Ja.«
    Er war sichtlich erfreut. »Das ist großartig.«
    Ich war mir da nicht so sicher, aber es war abgemacht.
    »Können Sie heute abend hingehen?« sagte er. »Ich rufe an und sage ihr, daß Sie kommen.« Er stürzte schlaksig Richtung Telefonzelle, ging hinein und behielt mich während des ganzen Anrufs ängstlich im Auge, um sicherzugehen, daß ich es mir nicht anders überlegte und abhaute.
    Der Anruf bereitete ihm allerdings keine Freude.
    »Zu dumm«, sagte er, als er wieder zu mir trat. »Ich habe mit einer Schwester gesprochen. Mrs. Nore hatte einen schlechten Tag, und sie haben ihr eine Spritze gegeben. Sie schläft. Keine Besucher. Rufen Sie morgen wieder an.«
    Ich war deutlich erleichtert, was ihm nicht entging.
    »Für Sie ist das alles schön und gut«, sagte ich. »Aber wie wäre Ihnen zumute, wenn Sie kurz vor der Entdeckung stünden, daß Ihre Existenz einer schnellen Nummer im Gebüsch mit dem Milchmann zu verdanken ist?«
    »Glauben Sie das denn?«
    »Irgendwas in der Art muß es ja wohl sein, oder?«
    »Trotzdem …«, sagte er zweifelnd.
    »Trotzdem«, bestätigte ich resigniert, »will man es wissen.«
    Ich ging in Richtung Parkplatz, da ich Jeremys Auftrag für abgeschlossen hielt, aber das war er offenbar nicht. Er folgte in meinem Kielwasser, aber so langsam, daß ich mich umsah und wartete.
    »Was Mrs. Nores Sohn angeht«, sagte er. »Ihren Sohn James.«
    »Was ist mit ihm?«
    »Ich dachte nur, Sie könnten ihn besuchen. Finden Sie heraus, warum er enterbt wurde.«
    »Sie dachten nur …«
    »Wo wir doch zusammenarbeiten«, sagte er hastig.
    »Sie könnten selbst hingehen«, schlug ich vor.
    »Ähm, nein«, sagte er. »Als Mrs. Nores Anwalt würde ich Fragen stellen, die ich nicht stellen dürfte.«
    »Und mir wird dieser Vogel James gerne alle Fragen beantworten.«
    Er zog eine Karte aus seinem grauen Jackett. »Ich habe seine Adresse hier«, sagte er und hielt sie mir unter die Nase. »Und Sie haben versprochen, mitzuhelfen.«
    »Und versprochen ist versprochen«, sagte ich und nahm die Karte. »Aber Sie sind trotzdem ein Arschloch.«

8
    James Nore lebte in London, und da ich schon mehr als halbwegs dort war, fuhr ich gleich von der Rennbahn zu dem Haus in Camden Hill. Auf der ganzen Fahrt dorthin hoffte ich, daß er nicht zu Hause war, aber als ich die Straße und die Hausnummer gefunden und den richtigen Klingelknopf gedrückt hatte, wurde die Tür von einem Mann um die Vierzig geöffnet, der bestätigte, daß er James Nore hieß.
    Er war begreiflicherweise baß erstaunt, einen unbekannten Neffen unangekündigt auf der Matte stehen zu haben, bat mich aber nach leichtem Zögern herein und führte mich in ein Wohnzimmer, das mit viktorianischen Nippes vollgestopft war und vor Farben flimmerte.
    »Ich dachte, Caroline hätte dich abgetrieben«, sagte er unverblümt. »Mutter hat gesagt, man wäre das Kind losgeworden.«
    Er ähnelte seiner Schwester, soweit ich mich erinnern konnte, nicht im geringsten. Er war ein plumper, schlaffer Typ mit schmalen Lippen und einem trübsinnigen Zug um die Augen. Nichts von

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