Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Reflex

Reflex

Titel: Reflex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
Vom Netzwerk:
nichts Trauriges oder Jämmerliches an den Relgan. Ein brutaler Kerl auf dem Vormarsch, machthungrig und selbstgefällig, einer, der auf kleinen Leuten herumtrampelte.
    Ich ging zu ihm hinüber und dankte ihm mit einer schmeichlerischen Stimme, die ich nach all den Jahren, in denen ich Besitzern um den Bart gehen mußte, bedauerlicherweise überzeugend beherrschte, noch einmal für die Gaben, die er in Kempton verteilt hatte.
    »Der silberne Sattel … wollte es Ihnen nur noch einmal sagen«, sagte ich, »ist wirklich hübsch anzusehen.«
    »Freut mich«, sagte er und streifte mich mit einem uninteressierten Blick. »Meine Tochter hat ihn ausgesucht.«
    »Hervorragender Geschmack«, sagte Lord White stolz, und ich sagte direkt an Dana gewandt: »Herzlichen Dank.«
    »Gern geschehen«, murmelte sie fast ebenso uninteressiert.
    »Verraten Sie mir bitte«, sagte ich, »ob es ein Einzelstück ist, oder nur eins von vielen.«
    Ich machte ein paar Schritte zur Seite, so daß sie sich von den beiden Männern abwenden mußte, um mir zu antworten, und noch ehe sie richtig geantwortet hatte, daß sie nur dieses Exemplar gesehen habe, aber natürlich nicht mit Sicherheit sagen könne …, sagte ich schnell zu ihr: »Lance Kinship ist hier und will Sie sprechen.«
    »Oh.« Sie warf schnell einen Blick auf die beiden Männer, erwiderte Lord Whites automatisches Lächeln mit einem strahlenden Lächeln ihrerseits und sagte leise zu mir: »Wo?«
    »Nach dem dritten Rennen in einer Privatloge.« Ich gab ihr die Nummer.
    »Freut mich sehr, daß Ihnen der Sattel gefällt«, sagte sie klar und deutlich und wandte sich wieder Lord White zu. »Macht es nicht Spaß, andern Freude zu machen?« sagte sie zu ihm.
    »Meine Beste«, sagte er schelmisch, »Sie schenken durch Ihre bloße Gegenwart Freude.« Es könnte schier die Engel zu Tränen rühren, dachte ich. Ich schlenderte davon und gelangte über einen Umweg zu Lance Kinship.
    »Sie hat die Nachricht bekommen«, sagte ich, und er sagte: »Gut«, und wir verabredeten, daß ich ihm die Bilder während des letzten Rennens vor dem Waageraum geben würde.
    Daylights Rennen war das dritte auf der Liste, und Chainmails das vierte. Als ich zum dritten hinausging, wurde ich auf dem Weg vom Waageraum zum Führring von einer freundlichen Frau aufgehalten, bei der es sich, wie ich mit verzögertem Schrecken bemerkte, um Marie Millace handelte.
    Marie Millace, in deren Gesicht kaum mehr Spuren der Zerstörung zu sehen waren. Mrs. Millace wieder auf den Beinen, braungekleidet, blaß und krank aussehend, aber geheilt.
    »Sie haben gesagt, daß keine Narben zurückbleiben würden«, sagte sie, »und Sie hatten recht.«
    »Sie sehen großartig aus.«
    »Kann ich mit Ihnen reden?«
    Ich sah zu der Stelle, wo die andern Jockeys, mit denen ich herausgekommen war, bereits in den Führring einritten. »Tja … später vielleicht. Wie wäre es … ähm … nach dem vierten Rennen? Wenn ich mich umgezogen habe. Irgendwo im Warmen.«
    Sie nannte eine bestimmte Bar, und wir einigten uns darauf, und ich ging zum Führring, wo Harold und Victor Briggs warteten. Keiner von beiden sagte etwas zu mir, und ich sagte auch nichts. Alles Wesentliche war bereits gesagt, und nach Unwesentlichem stand keinem der Sinn. Harold half mir auf Daylight, und ich nickte ihm und Victor zu und bekam ein leeres Briggs-Starren ersten Grades zurück.
    Heute bestand keinerlei Gewißheit, daß Daylight gewinnen würde. Bei diesen erheblich stärkeren Gegnern war er nicht einmal Favorit, geschweige denn hoch gewettet.
    Ich ritt im Aufgalopp zum Start und machte mir dabei Gedanken über Mut, ein Begriff, der mir normalerweise nicht sehr häufig im Kopf herumging. Der Vorgang, ein Pferd schnell über Hindernisse zu bringen, war für mich etwas ziemlich Normales und etwas, was ich sehr gern tat. Theoretisch wußte man, daß Stürze und Verletzungen nicht ausblieben, aber dieses Risiko wirkte sich nur selten auf meinen Reitstil aus. Ich machte mir nicht unentwegt Sorgen um meine Sicherheit.
    Auf der anderen Seite war ich auch nie leichtsinnig, wie zum Beispiel Steve Millace, und vielleicht immer etwas zu sehr darauf bedacht gewesen, mich und das Pferd vereint zurückzubringen, statt mein Herz über das Hindernis zu werfen und es dem Pferd zu überlassen, es einzufangen, wenn es dazu in der Lage war.
    Und genau diesen letzteren Reitstil würde Victor Briggs heute erwarten. Mein eigener Fehler, dachte ich. Und dann mußte ich es auch noch

Weitere Kostenlose Bücher