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Reflex

Reflex

Titel: Reflex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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Kameramann stehend aufgenommen hatte: im Vordergrund ragte groß die Kamera auf, und Kinships Gestalt hob sich in der Bildmitte in einem Bündel von Sonnenstrahlen scharf ab. Alles in allem zeugten die Bilder von einem bedeutenden Regisseur, der sein Handwerk beherrschte, und das war es vermutlich, was er wollte. Es spielte keine Rolle, daß nur zwei Sekunden Werbefilm produziert wurden, die Produktion selbst sah nach einem Monumentalfilm aus.
    Am Abend versah ich die getrockneten Abzüge mit getippten Bildlegenden auf dünnen Papierstreifen, die ich mit Tesafilm auf die Rückseite klebte, und kam mir etwas albern vor, als ich die Worte Copyright Philip Nore hinzufügte, wie ich es vor Jahren bei Charlie gesehen hatte. Charlie schien mir fast über die Schulter zu schauen und mich daran zu erinnern, gut auf mein Werk aufzupassen.
    Werk.
    Das bloße Wort machte mich unruhig. Es war das erste Mal, daß ich diesen Begriff im Zusammenhang mit meinen Fotos anwandte.
    Nein, dachte ich, ich bin Jockey.
     
    Als ich früh am Samstagmorgen aufwachte, wartete ich darauf, daß Harold mich anrief, um mir durchzugeben, daß ich krank werden sollte, und das wäre mir nicht besonders schwer gefallen, da ich vom Warten schon ganz krank war.
    Er rief Viertel vor zehn an.
    »Geht’s dir gut?« sagte er.
    »Himmel nochmal!«
    »Würde sich empfehlen«, sagte er. »Victor hat gerade angerufen. Ich hab ihn nicht zu Wort kommen lassen, hab ihm sofort gesagt, daß Chainmail nur eine Zukunft hat, wenn er bei jedem Rennen richtig geführt wird.«
    »Und dann?«
    »Victor meinte, ein leichtes Rennen könnte ihm nicht weh tun, da hab ich ihm erzählt, was du gesagt hast. Wort für Wort. Und ich hab ihm erzählt, daß du gesagt hast, du würdest dir für ihn die Seele aus dem Leib reiten, solange es darum geht zu gewinnen.« Harolds Stimme dröhnte munter durch die Leitung. »Und weißt du, was Victor dazu meinte? Er meinte, sagen Sie diesem frommen Scheißkerl, daß ich genau das von ihm erwarte.«
    »Heißt das …«
    »Das heißt, daß er seine Meinung geändert hat«, bellte Harold. »Du kannst auf Chainmail gewinnen, wenn du’s kannst. Es würde sich sogar empfehlen.«
    »Aber Chainmail ist kein …«
    »Verdammt nochmal, willst du das Pferd reiten oder nicht?«
    »Ich will.«
    »Na also. Wir sehen uns in Ascot.« Er knallte den Hörer auf und brachte damit zum Ausdruck, daß er fand, ich sei ihm für seine Bemühungen bei Victor nicht angemessen dankbar. Aber wenn er Victor versprochen hatte, daß Chainmail gewinnen würde – und es sah ganz so aus, als hätte er das –, steckte ich übler in der Klemme als je zuvor.
    In Ascot machte ich mich auf die Suche nach Harolds erstem Pferdepfleger, der wie üblich mit den Pferden mitgekommen war, und fragte ihn, in was für einer Verfassung Chainmail sei.
    »Bockt und tritt wie ein Wahnsinniger.«
    »Und Daylight?«
    »Sanft wie eine alte Kuh.«
    »Auf wen haben die Burschen ihr Geld gesetzt?«
    Er sah mich scharf von der Seite an. »Auf beide ein bißchen. Warum, spricht was dagegen?«
    »Nein«, sagte ich beiläufig. »Überhaupt nicht. Aber Sie wissen ja, wie das ist … manchmal wissen die Burschen mehr über die Chancen der Pferde als ihre Trainer.«
    Er grinste. »Sie sagen es. Aber heute …« Er zuckte die Achseln. »Ein bißchen auf beide. Nicht den Wochenlohn, versteht sich. Grade bißchen Biergeld, würd ich sagen.«
    »Danke.« Ich nickte und ging zum Waageraum, zumindest nicht stärker beunruhigt als zuvor. Die Burschen würden nicht einmal ihr Biergeld verwetten, wenn es in ihren Augen keinen guten Grund dafür gab. Beine, Mägen und Verstand beider Pferde waren demnach in normalem Zustand. Mehr konnte man nicht verlangen.
    Ich sah Victor Briggs allein auf dem Rasenfleck vor dem Waageraum stehen. Immer dieselbe Kleidung: breitkrempiger Hut, dicker, marineblauer Mantel, schwarze Lederhandschuhe. Immer derselbe Gesichtsausdruck: eine blankgewischte Tafel. Er sah mich, und zweifellos bemerkte er auch das Stocken in meinem Schritt, als ich überlegte, ob ich wohl an ihm vorbeigehen konnte, ohne etwas zu sagen.
    Es ging nicht.
    »Guten Morgen, Mr. Briggs.«
    »Morgen.« Er war kurz angebunden, aber mehr nicht. Er schien nicht zu erwarten, daß ich stehenblieb, um mit ihm zu plaudern, also ging ich nach leichtem Zögern weiter Richtung Waageraum. Als ich an ihm vorbeiging, sagte er barsch: »Ich will sehen, wie Sie sich die Seele aus dem Leib reiten.«
    Ich blieb stehen und wandte den

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