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Reflex

Reflex

Titel: Reflex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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meine Seele noch jung waren.
    Mit einem tiefen Gefühl von Müdigkeit machte ich mich zu meiner Verabredung mit Marie Millace in der bewußten Bar auf.

12
    Sie saß in einem Sessel, mit einer andern Frau ins Gespräch vertieft, in der ich zu meiner Überraschung Lady White erkannte.
    »Ich komme später wieder«, sagte ich und wollte mich zurückziehen.
    »Nein, nein«, sagte Lady White und erhob sich. »Ich weiß, daß Marie mit Ihnen reden will.« Sie lächelte, wobei sich in ihren Kummerfalten ihre sämtlichen Sorgen zeigten und ihre Augen wie in anhaltendem Schmerz zusammengekniffen waren. »Sie hat mir erzählt, daß Sie ihr sehr geholfen haben.«
    »Nicht der Rede wert«, sagte ich kopfschüttelnd.
    »Da ist sie anderer Meinung.«
    Die zwei Frauen lächelten und küßten sich zum Abschied auf die Wangen, und Lady White verließ die Bar mit einem Nicken und einem vagen Lächeln zu mir hin. Ich blickte ihr nach. Eine schmächtige, geschlagene Lady, die sich so zu verhalten suchte, als wüßte nicht die ganze Rennwelt von ihrer Niederlage, und der das nicht recht gelang.
    »Wir sind zusammen zur Schule gegangen«, sagte Marie Millace. »Wir haben dort in den letzten drei Jahren zusammen in einem Zimmer gewohnt. Ich mag sie sehr.«
    »Sie wissen von … ähm …?«
    »Von Dana den Relgan? Ja.« Sie nickte. »Möchten Sie etwas trinken?«
    »Ich hole uns etwas.«
    Ich holte ein Glas Gin-Tonic für sie und eine Cola für mich und setzte mich in den Sessel, den Lady White verlassen hatte.
    Die Bar, ein hübscher Raum mit Korbmöbeln und grünweißen Farben, war selten überfüllt und oft beinahe leer, so wie heute. Weit weg vom Führring und den Buchmachern hoch oben auf der Tribüne versteckt, war sie besser zum Reden als zum Verfolgen der Rennen geeignet, und außerdem war es hier warm, was für die meisten Tribünenplätze nicht galt. Halbinvalide verbrachten hier sehr viel Zeit, während ihre Neffen und Nichten mit Wettscheinen hin und her hasteten.
    Marie Millace sagte: »Wendy … Wendy White … hat mich gerade gefragt, ob ich glaube, daß die Affäre ihres Mannes mit Dana den Relgan irgendwann von selbst vorübergeht. Aber ich weiß es nicht. Ich konnte es ihr nicht sagen. Wie sollte ich auch? Ich habe gesagt, ich sei davon überzeugt …« Sie hielt inne, und als ich nichts sagte, fragte sie: »Glauben Sie, daß sich das einfach gibt?«
    »Vorläufig nicht, würde ich sagen.«
    Sie ließ mit düsterer Miene das Eis in ihrem Glas kreisen. »Wendy sagt, er sei mit ihr weggewesen. Er hat sie über Nacht zu Bekannten mitgenommen. Er hat Wendy erzählt, er ginge zur Jagd, was sie langweilig findet. Sie ist schon seit Jahren nicht mehr mit ihm zur Jagd gegangen. Aber diese Woche hat er Dana den Relgan mitgenommen, und Wendy sagt, ihr Mann sei mit Dana den Relgan im Haus geblieben, als die ganze Gesellschaft mit den Gewehren loszog … Ich sollte Ihnen das alles eigentlich gar nicht erzählen. Sie hat es von jemand gehört, der dabei war. Erzählen Sie bitte nicht weiter, was ich Ihnen gerade gesagt habe. Versprechen Sie mir das?«
    »Natürlich.«
    »Es ist so schrecklich für Wendy«, sagte Marie Millace. »Sie hat gedacht, alles wäre längst vorbei.«
    »Vorbei? Ich dachte, es hätte gerade erst angefangen.«
    Sie seufzte. »Wendy sagt, ihr Mann hätte sich schon vor Monaten unsterblich in diese Dana verliebt, aber dann ist das Luder von der Bildfläche verschwunden und nicht mehr auf den Rennbahnen aufgetaucht, und Wendy dachte, er sähe sie nicht mehr. Und jetzt steht sie wieder im Blickpunkt, und niemand kann es übersehen. Wendy sagt, ihr Mann sei hoffnungsloser verliebt denn je und auch noch stolz darauf. Wendy tut mir so leid. Das Ganze ist so gräßlich.« Sie zerfloß vor Mitleid, dabei waren ihre eigenen Sorgen in jeder Hinsicht viel schlimmer.
    »Kennen Sie Dana den Relgan persönlich?« fragte ich.
    »Nein, überhaupt nicht. George kannte sie wohl. Wenigstens vom Sehen. Er kannte jeden. Als wir letzten Sommer in St. Tropez waren, hat er sie dort eines Nachmittags angeblich gesehen, aber ich weiß nicht, ob er das ernst gemeint hat, er hat nämlich gelacht, als er es erzählte.«
    Ich trank ein paar Schlucke Cola und fragte sie unverbindlich, ob es ihr und George in St. Tropez gefallen habe und ob sie öfter dort gewesen seien. Ja, es habe ihnen sehr gefallen, aber sie seien nur dieses eine Mal da gewesen. George habe wie gewöhnlich die meiste Zeit wie angewachsen hinter seiner Kamera verbracht, aber

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