Regeln des Tanzes: Roman (German Edition)
Ankoku , stand in der Anzeige im Falter , etwas von einer Schule und von einem Tanz der Finsternis, unter Anführungszeichen, als sei jedes Wort eine Übersetzung, der man nicht zu sehr vertrauen sollte; auch die Fremdwörter, japanische Wörter, wären aus einer unbekannten fremderen Sprache übersetzt. All das klingt nach Blödsinn, aber nach leicht beunruhigendem Blödsinn, du wählst trotzdem selbstverständlich diese Nummer und bist seltsam beruhigt, als du die Stimme des Mannes hörst, vielleicht nur, weil er weder so klingt, als wollte er dich abwimmeln, noch als wollte er dir etwas verkaufen; oder vor allem, weil er nicht wie ein absolut Verrückter redet. Er spricht akzentfrei, und du glaubst dennoch keinen Moment, er sei Österreicher oder Deutscher, vielleicht beruhigt dich auch das. Alles beruhigt dich, sodass es dir (in dieser Welt voller Zeichen) absolut selbstverständlich erscheint, dass er deine Schwester kennt, dass er es ist, den du erreichen wolltest. Er sagt beinahe nichts; wenn du möchtest, meint er, kannst du in seiner Schule vorbeischauen, nein, nicht zu einem Kurs, es gibt keine Kurse (das klang, als würde es niemals Kurse geben).
An der Tür zu dem Haus hängt ein handgeschriebener Zettel, sie zögert, drückt schließlich auf den Klingelknopf. In der U-Bahn, der zweiten U-Bahn, in der Straßenbahn, im Autobus, während der endlos langen Fahrt, hat sie das dicke Buch aus der Tasche genommen und in ihren Schoß gelegt, um nicht mit den Leuten, den Landsleuten, den ihr immer fremder erscheinenden Fahrgästen ein und denselben Blickraum zu teilen, es gibt Bereiche der Stadt, in denen du nichts verloren hast. Einmal liest sie einige Seiten, jemand läuft stundenlang zu Fuß durch New York in den Siebziger Jahren, durch eine urzeitliche Wildnis an der Stelle von New York in den Siebziger Jahren. Wie hat denn Mona, fragst du dich, je hierhergefunden, du stellst dir vor, sie ist immer einfach aus dem Haus gegangen, ohne zu überlegen, wohin, und einfach zufällig nach acht- oder zwölfmal Umsteigen mit Schnellbahn, U-Bahn, Straßenbahn und Autobus, entschlossenen Fußmärschen und Umwegen quer durch die Stadt, immer genau in dieser Straße, vor diesem Haus, einem vierzig oder fünfzig Jahre alten Siedlungshaus gelandet. Sie selbst irrt, nachdem sie aus dem Autobus ausgestiegen ist, eine Zeitlang auf Kieswegen zwischen Zäunen und Hecken herum, dann glaubt sie nicht, dass sie an ihrem Ziel ist. Nicht als sie das Haus sieht (ohne Zaun, ohne Vorgarten, und doch ein beengend wirkendes Einfamilienhaus wie die anderen in der Siedlung), nicht als der Mann, der zu der beruhigenden Stimme gehört, ihr öffnet.
Vielleicht seht ihr beide gleichermaßen erschrocken aus: du und dieser kleine dünne Mann mit schwarzer, an den Wurzeln grauer Haarmähne, vorgebeugtem Kopf, der eine Art Pyjamahose und einen Adidas-Sweater trägt. Frau Stanek, sagt er dann mit einem Lächeln und lädt dich mit einer minimalen Armbewegung ein, ins Haus zu kommen. Offenbar ist er mit Worten und Gesten gleich sparsam. Ihr sitzt euch lange Zeit gegenüber, ohne etwas zu sagen zu haben, in einer Küche, die aussieht, als wäre sie noch von der Mutter oder Großmutter des Mannes (der an die fünfzig sein mag) eingerichtet worden. In der Spüle liegt schmutziges Geschirr, Töpfe, Teller, Tassen, ein säuerlicher Geruch liegt in der Luft. Einmal schaut ein ungewöhnlich schöner junger Mensch zur Tür herein, lächelt und nickt, dann lächelt auch der Ältere und nickt dir zu, dich drängt es zu gehen, du möchtest etwas sagen, bekommst aber den Mund nicht auf. Gut, sagt der Mann, selbst wenn das ein Spiel ist. Ich habe Mona schon seit vielen Monaten nicht gesehen, sie war nicht oft hier, ich kann nicht behaupten, dass ich ihr Lehrer wäre. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Sie ihr Lehrer sein könnten, liegt dir auf der Zunge, du unterdrückst den Satz, du kannst dir überhaupt nicht vorstellen, dass dieser Mann irgendjemandem irgendetwas beibringen kann, dass er irgendetwas Besonderes kann, geschweige denn das, was Mona Tanzen nennt und was dir jetzt als eine Fähigkeit erscheint, durch Wände zu gehen; kann dieser Mann durch Wände gehen, kann er andere glauben machen, sie könnten durch Wände gehen, willst du selbst durch Wände gehen können? Und das hier ist Ihre Schule, fragst du, der Mann schüttelt freundlich den Kopf, du weißt nicht, ob das eine Verneinung bedeuten soll oder sonst etwas. Schließlich ist es seine
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