Regenbogen-Welt (German Edition)
fragte sie ungeduldig. Sie hasste es,
wenn alle um den heißen Brei herumredeten und nicht zum Kern kamen. Und der
schien ihr sowohl Deelgeed, als auch Sabia zu sein.
Sunseray sah sie auf eine Weise an, dass es Saha heiß und kalt
wurde. Die Augen des Sonnengeistes schimmerten in einem satten Honigton. Deren
Blick senkte sich tief in Sahas Inneres. „Deelgeed ist ein Nachkomme des
Herrschers von Draguignan, der Drachenstadt. Was ihn so gefährlich macht, ist
die Tatsache, dass er sowohl menschliche, als auch tierische Gene in sich
trägt. Er ist intelligent und tückisch. Auf der anderen Seite dann Sabia. Sie
ist in ihrer Bösartigkeit nicht zu übertreffen. Wenn sich die beiden verbünden,
sieht es schlecht für diese Welt aus.”
„Du hast meine Frage nicht beantwortet, warum er erst erweckt
werden muss.” Saha ließ nicht locker.
Sunseray seufzte. „Das ist nicht so einfach zu erklären ...”
„Versuche es!”, forderte Saha sie auf.
Sunseray seufzte erneut, fuhr aber fort. „Als die Drachenstadt
unterging, sorgte Sabia dafür, dass ein Ei in diese Welt geschafft wurde. Darin
erwuchs Deelgeed, der neue Drachenfürst – das Gehörnte Ungeheuer. Er brachte
viel Schrecken und Unheil über die Welt der Heiligen Leute. Wir holten Moon zu
Hilfe und Deelgeed ist seither in der Zaubergrotte des Mondberges gefangen.
Schickt zwar von dort Feuer und Schwefel über die Vierte Welt, ist aber
ansonsten zur Untätigkeit verdammt. Sabia ist gekommen, um ihn zu befreien.
Wenn es ihr gelingt und Deelgeed den Mondberg verlässt, sind wir verloren. Wir und
diese Welt.”
Saha war erschlagen von dem Inhalt der Worte. Sunserays
Ausführungen brachten neue Fragen in ihr auf. Wer war Moon? Und würde es ihnen
gelingen, Sabia und den gefangenen Drachenfürst zu besiegen? Vor allem aber,
wie sollte ihnen das gelingen? Sie waren nur ein armseliges Häufchen von
Abenteurern. Ihnen gegenüber aber standen zwei machtgierige Wesen
uneinschätzbarer Stärke.
Stunden hatten sie noch aufeinander eingeredet. Dann wies
Sunseray ihnen ein Felsenhaus zu. Am nächsten Morgen wollten sie aufbrechen und
sich auf den Weg zum Mondberg machen. Zuvor mussten sie über Nacht neue Kräfte
sammeln.
Doch Saha und Ishtar konnten nicht schlafen. Und sie waren
sicher, dass es Barb und Maiitsoh ebenso ging. Auch Shash und Dahsani
flüsterten in einer dunklen Ecke, in der sie es sich bequem gemacht hatten.
Hazee lag neben Uhura, die ein Nickerchen hielt. Von Kasur war nirgendwo etwas
zu sehen. Aber ab und an erklang aus dem Dunkel der Nacht ein kurzes Zischeln,
das ihre Anwesenheit verriet.
„Mich würde brennend interessierten, wer Moon ist”, flüsterte
Ishtar.
„Mich auch.” Saha lehnte ihren Kopf an seine Brust und murmelte:
„Es ist besser, wenn wir versuchen zu schlafen. Ich habe das untrügliche
Gefühl, dass es ab morgen mehr als ungemütlich wird.”
In der Nacht suchten Saha wieder Träume
heim. Sie sah die undeutliche Silhouette einer Kriegerin. Bekleidet mit einem
silbrigen Kettenhemd und enganliegenden gleichfarbigen Hosen. Sie hielt ein
gewaltiges Schwert in den Händen, das sie selbstbewusst über dem Kopf
schwenkte. Bei jeder Bewegung schimmerten über dem Silber ihrer Kleidung und
Waffe die Farben des Regenbogens. Weißes Haar stand in wilden Locken von ihrem
Kopf ab. Und in ihren Augen glitzerten ein derartiges Leuchten und so viel
Kampflust, dass Saha Angst bekam. Das Schwert fuhr zischend durch die Luft
und zerschnitt sie ...
Saha wachte schweißnass auf. Fragte sich allerdings, warum. Die
Kriegerin hatte nichts Feindseliges, nichts Bedrohliches ausgestrahlt. Sie war
eher das personifizierte Selbstbewusstsein. Irgendetwas an ihr kam Saha sogar
bekannt vor. Aber das konnte nicht sein. Oder doch? Natürlich, dachte sie
plötzlich, sie erinnert mich an die Regenbogen-Krieger.
Zuerst wollte sie nichts von dem Traum erzählen, aber dann konnte
sie sich doch nicht zurückhalten. Als Uhura auf sie zu flatterte und auf einem
Felsen neben ihr sitzen blieb, gab es für Saha kein Halten mehr. Die Worte
sprudelten förmlich aus ihr heraus. Es war, als ob eine Fremde Uhura von dem
Traum erzählte. Als wäre Saha lediglich eine unbeteiligte Zuschauerin.
Und sie war keineswegs erstaunt, als Uhura sagte: „Das war Moon.
Dir ist Moon erschienen.”
Die Eule blickte Saha nachdenklich an. „Ich frage mich, warum sie
dir erschienen ist und nicht ...” Ihr Blick suchte Barb.
Saha verstand. Oder glaubte es zumindest.
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