Regenbogen-Welt (German Edition)
Gitter zu werfen und ihre These zu widerlegen.
Funken stoben.
Deelgeed zuckte zurück, als habe ihn ein elektrischer Stromschlag
getroffen. Er brüllte vor Schmerz und Wut so laut auf, dass der Berg
erzitterte. Saha zog instinktiv den Kopf ein, als befürchte sie, das Felsmassiv
würde über ihr zusammenbrechen.
„Wow!”, entfuhr es Dahsani. „Das ist ja ein Ding. Habt ihr das
gesehen?”, rief er und vergaß vor lauter Aufregung die Stimme zu senken.
„Schrei doch noch ein bisschen lauter, damit er uns gleich rösten
kann und ...” Barb verstummte.
Eine Frau hatte die Zauberhöhle betreten. Eine Frau mit
nachtschwarzem Haar, in ein weißes Gewand gehüllt: Sabia, die ihnen in ihren
Träumen erschienen war!
„Deelgeed, alter Freund”, begrüßte sie den Drachen, der sie aus
kleinen, listigen Augen betrachtete. „Es ist an der Zeit, dich aus deinem
Gefängnis zu befreien. Die Vierte Welt wartet auf uns.” Sie warf den Kopf in
den Nacken und lachte hässlich.
Der Ton schmerzte in Sahas Ohren, prallte als schauriges Echo
mehrfach von den Bergwänden ab und verzerrte sich grotesk.
Deelgeed stieß einen fürchterlichen Laut aus. Er fuhr Saha durch
Mark und Bein. Der wiedergekehrte Drachenfürst wartete ungeduldig darauf, dass
Sabia ihm neue Macht einhauchte. Erst jetzt nahm Saha wahr, dass um ihn herum
bleichschimmernde Totenschädel der Opfer, die ihm die Heiligen Leute erbracht
hatten, lagen. Schaudernd fuhr sie zusammen. Kupfergesicht hatte ihnen von den
Menschenopfern erzählt, die sie aus Dank zu Hakaz’ Ehren dargebracht hatten und
die letztendlich aber Deelgeed zugekommen waren.
Saha mochte sich erst gar nicht vorstellen, was diese armen Wesen
bis zu ihrem Tod hatten erdulden müssen. Nur ein Hauch Vorstellungskraft der
Leiden der Bedauernswerten verursachte ihr bereits Übelkeit.
Sabia hatte in der Zwischenzeit ihr weißes Magiergewand gegen ein
schwarzes getauscht. Jenes Gewand, das man für Zauberhandlungen anlegte. So
viel hatte Saha bereits von Iman und Kupfergesicht erfahren. Eine fingerdicke,
schmucklose Kordel hielt das Gewand eng um Sabias Taille geschlungen. Sie ist
schön, dachte Saha, kaum zu glauben, dass sie so abgrundtief böse ist.
Als wolle sie Sahas Gedanken bestätigen, drehte sich Sabia mit
einem hinterhältigen Lächeln herum. Als weiteres schlechtes Omen funkelte ein
triumphierendes Leuchten in ihren Augen, als sie einen Käfig mit kleinen Vögeln
ergriff. Saha fühlte Übelkeit in sich aufsteigen, als sie die spitzen Dolche in
Sabias Augen aufblitzen sah, und wandte sich ab, als die Magierin diese
schleuderte. Erstaunlicherweise ging das Töten der Vögel völlig geräuschlos
vonstatten. Sie bewegten sich nicht einmal. Saßen da wie die typischen Opfer.
„Sie hat die armen Viecher hypnotisiert”, flüsterte Ishtar
aufgeregt.
„Dann spüren sie wenigstens nichts”, zischte Saha zurück. Sie
wusste, dass die Magierin auf warmes Blut angewiesen war, um die unselige Macht
in den mächtigen Körper des Drachenkönigs zurückzubringen und Hakaz’ Barriere
zu durchbrechen. Der Lebenssaft mit dem eigentümlichen Geruch war der Stoff,
dem besonderes Leben innewohnte.
Saha konnte den Anblick nicht ertragen. Ebenso wenig die
Vorstellung, Deelgeed auf die Vierte Welt loszulassen. Sie war wütend auf
Kupfergesicht und Sunseray. Sah sich nach ihnen um. Warum unternahmen sie
nichts? An der Stelle, an der Kupfergesicht und der Sonnengeist gestanden
hatten, war nichts als Schwärze. Sie waren einfach verschwunden.
Hatten sie im Stich gelassen.
„Verdammt!”, fluchte Saha und spürte Barb neben sich, noch ehe
die Freundin sie berührte. „Verdammt”, drang es erneut über Sahas Lippen. „Erst
verschwindet Iman und jetzt auch noch Kupfergesicht und Sunseray. Was soll das?
Warum lassen sie uns alle im Stich?”
„Ich weiß es nicht. Aber brüll nicht so laut”, flüsterte Barb.
Doch Sabia war zu sehr mit ihrer Magie beschäftigt, um den Ausruf
zu registrieren. Sie hob das Gefäß, in dem sie das Vogelblut aufgefangen hatte,
in die Höhe. Schrille Wortfetzen bahnten sich den Weg aus ihrer Kehle. Deelgeed
wurde unruhiger. Bäumte sich auf und brüllte. Seine Stimme hatte an Kraft und
Volumen zugenommen. Auch der Blick seiner stechenden Augen war lebendiger
geworden. Sabia stieß einen hohen Singsang aus. Mit jeder unheimlichen Tonfolge
kräftigte sich Deelgeeds Körper. Seine grüngelben Schuppen funkelten plötzlich
wie Edelsteine. Hart und gleichzeitig schön. Die
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