Regenbogen-Welt (German Edition)
wurde, wenn sich der Wind
drehte. Er verlor aber nie seinen angenehmen und beruhigenden Charakter.
Umschmeichelte Saha und ihre Freunde und wurde ihr ständiger Wegbegleiter.
Und dann standen sie endlich vor des Rätsels Lösung.
Die bergige Küstenlandschaft hatte dem azurschimmernden Ozean,
der sich vor ihnen erstreckte, die ganze Zeit hoheitsvoll Sichtschutz geboten.
Saha stand gebannt da und betrachtete ehrfurchtsvoll die fjordartig
eingeschnittenen Buchten – die Mündungen eingesunkener Täler – die natürliche
Häfen bildeten. An der größten ragten die Ruinen einer ehemals wohl
prachtvollen Hafenstadt. Sahas Phantasie erwachte sofort, als sie die
kümmerlichen Reste der Stadt sah. Nur moosüberzogene Steine deuteten als stumme
Zeitzeugen darauf hin, dass hier einmal pulsierendes Leben gewesen sein musste.
Sie hatte von solchen Städten gehört und sogar einige in Miniatur gesehen.
Shirkan und sein Volk hatten sie nach den überlieferten Sagen gebaut. Und die
waren mehr als beeindruckend gewesen. Aber diese hier übertraf alles.
„Was ist das?”, ertönte Ishtars angespannte Stimme hinter ihr.
„Das ist unmöglich ...”
„Was ist unmöglich?”, wollte Uhura wissen.
„Das ist ... das war ...” Die Königs-Libelle verlor zum ersten
Mal, seit Saha sie kannte, die Fassung.
„Das war eine Stadt. Ganz recht.” Uhuras Stimme klang merklich
fremd zu ihnen herüber. Auch sie war beeindruckt von dem Anblick, der sich
ihnen bot. „Und ich schlage vor, wir sehen sie uns näher an.”
Sie gingen schweigend durch die Ruinen und blieben vor einem
beinahe vollends erhaltenen Amphitheater stehen. Sahas Blick schweifte durch
die Ränge. Dort hatten sicher mehrere Tausend Lebewesen Platz gehabt. War es
von oder für Menschen gebaut? Und wie kam die Stadt hierhin? Ihr Blick streifte
Shash, der erzählt hatte, nach dem Untergang der Erde in der Regenbogen-Welt
erwacht zu sein, ohne zu wissen, wie dies geschehen war. Wenn der Große Geist
die Macht besaß, Tiere hierhin zu bringen, konnte er wohl auch Städte bewegen.
Aber warum? Und wozu eine zerstörte Stadt?
Die hoheitsvollen Säulen des ehemaligen Stadttores waren
ebenfalls noch erhalten. Auf ihnen prangten zwei wundervoll gearbeitete
Steindrachen, die Barbs Künstleraugen sofort wahrnahmen.
„Sie sind wundervoll!”, jubelte sie und flatterte aufgeregt auf
eines der Steintiere zu. Saha meinte für einen flüchtigen Augenblick, dass sich
die Flügelspitzen des Drachen sanft bewegt hatten und Lebensfeuer in die
steinernen Augen getreten war.
„So ein Unsinn”, murmelte sie und blickte Barb an, die hektisch
zurückgeflattert kam.
„Sie sind völlig erhalten”, rief sie begeistert. „Hinter den
Säulen liegt eine Steintafel. Leider ist sie zerbrochen. Darauf steht DRAGIN
oder so ähnlich.”
„Draguignan!”, entfuhr es Uhura.
Azaa stieß einen erschrockenen Laut aus. Sie hatte von der Stadt
mit den legendären Drachenkämpfen gehört. „Die Bewohner dieser Stadt sollen
besonders blutrünstig gewesen sein. Was um alle Mächte sollen die Ruinen in
dieser Welt?”, rief sie entsetzt.
„Eine sehr gute Frage”, bestätigte Shirkan und gab Ishtar ein
Zeichen. „Wir sollten sie uns daher genauer ansehen. Ihr bleibt hier.” Er
blickte Saha streng an. „Keine Widerrede!”
„Ich habe ja gar nichts gesagt”, erwiderte sie eingeschnappt.
Saha war die ganze Zeit unruhig hin und her marschiert. Selbst
Barb war nicht in der Lage gewesen, sie zu beruhigen. Und das wollte etwas
heißen. Aber sie konnte Saha auch verstehen. Sie alle hatte Unruhe erfasst. Und
die Spannung, was Shirkan und Ishtar wohl ausfindig machen würden, stieg mit
jedem Atemzug.
Als die beiden endlich zurückkehrten, wussten sie es. Die Stadt
war weitestgehend zerstört. Nur die elementaren Teile waren merkwürdigerweise
verschont geblieben. So waren außer dem Amphitheater der Friedhof, ein Tempel
und eine Art Versammlungshaus erhalten geblieben.
„Der Friedhof war ziemlich gruselig”, stieß Ishtar außer Atem
hervor. Er deutete in die Richtung der Steindrachen auf den Säulen des
Stadttors. „Es gibt eine Menge von diesen Kameraden auf den Gräbern.”
„Und auch in dem Tempel fanden wir Drachenfiguren ...” Shirkan
zögerte. „Und solche, die mit Gestalten vermischt waren, die man den Menschen
nachsagt.”
„Du meinst, in dem Tempel dort stehen steinerne Mutanten?”,
fragte Azaa mit schriller Stimme. Shirkan nickte. „Dann nichts wie weg”,
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