Regenbogen-Welt (German Edition)
„Genau”, pflichtetet sie bei. „Das ist es!”
Azaa blickte fragend in die Runde. „Und wo sind diese Priester?
Ich habe das unbestimmte Gefühl, dass sie in Schwierigkeiten stecken und wir
hier sind, um ihnen zu helfen.” Ihr Blick streifte Barb und Saha. „Und bevor
ihr fragt, wie wir ihnen helfen können, sage ich euch, Barb und Saha sind
wirklich der Schlüssel. Vor allem, wenn ich Barbs Vision bedenke.”
Saha streckte die langen Beine von sich. In einem Punkt gab sie
Azaa Recht, Barbs Vision und der von ihr angesprochene Sonnentanz passten in
diese Welt. Sie fragte sich nur, wie sie selbst in das Bild hineingehörte.
Sie hatten entschieden, das Schloss zu verlassen, um die
Eislandschaft und den angrenzenden Wald zu durchforsten. Barb ging vor Saha.
Der Wind zerzauste neckisch ihr langes Haar. Es war ein sanfter Sommerabend.
Sanft und friedvoll.
Barb drehte sich anmutig zu Saha herum. Ihr Gesicht erhellte sich
zu einem strahlenden Lächeln. „Ist es nicht wunderschön hier?”
Saha nickte. Doch sie teilte Barbs Begeisterung nur bedingt. Zwar
beeindruckte sie die Schönheit der Landschaft ebenso, aber sie trug nicht das
verklärte Lächeln auf dem Gesicht wie die Freundin. Das hatte mehrere Gründe.
Einer war immer noch Shirkans Tod und ein weiterer die bange Frage, ob sie die
Fünfte Welt jemals erreichen oder sich in dem Himmelreich der Sonne verlieren
würden.
Sie irrten eine Weile orientierungslos in dem Wald umher.
Unwissend, wonach sie eigentlich suchten. Maiitsoh ging würdevoll voran und
trug wieder seine mittlerweile gewohnt blasierte Arroganz zur Schau. Auf dem
eisbedeckten Wolkenboden lag wie frische Sahne vereinzelt Schnee. Sahas Hand
hatte wieder Ishtars gesucht. Schweigen lag über ihnen. Schweigen und die
Frage, was sie in dem Wald fänden. Wo waren die Priester? Wurden sie irgendwo
gefangen gehalten? Und wenn, in wessen Gewalt befanden sie sich?
Sie folgten immer dem Lauf der Sonne. Das Kind des Himmels hatte
an Wärme verloren. Als dämpfe es eine dunkle Macht. Saha äußerte die Vermutung
laut und lauschte erstaunt Uhuras Schilderungen über den Kontrahenten des
Großen Geistes. Eines dunklen Fürsten, der die Nacht beherrschte und der der
Ersten Rasse auf der Erde Verderben und charakterliche Verfehlungen gebracht
hatte. Der die Macht der Sonne schmälern und sich die Welt untertan machen
wollte.
„Er hat das Dunkle, das Schlechte in ihnen zum Vorschein
gebracht. Und war maßgeblich für ihren Untergang verantwortlich.” Uhuras große
Augen blickten einher, als suchten sie das Gebiet um sie herum Zentimeter für
Zentimeter ab.
„Und ich habe das untrügliche Gefühl, dass er in der Nähe ist.
Dass er die Priester in seiner Gewalt hat.” Ihr Blick streifte den Himmel.
„Sogar die Sonne verliert bereits an Wärme.”
Saha zuckte zusammen. Sie hatte es sich also nicht eingebildet.
Das Kind des Himmels hatte das Lächeln verloren. Seine Kraft wurde gedrosselt
von einem Wesen der Finsternis.
Maiitsoh blieb plötzlich wie angewurzelt stehen. Sein Blick
verdunkelte sich. „Hört ihr das auch?”, zischte er leise. In seinem Blick
schwelte etwas, das nichts Gutes verhieß. Ein gefährliches Glimmen, das seine
ohnehin schon gespenstischen Augen noch unheimlicher wirken ließ.
Barb schüttelte den Kopf. „Was sollen wir hören?”, fragte sie
gedehnt.
„Die Hilferufe”, knurrte Maiitsoh gereizt.
„Welche Hilferufe?”, schnarrte Hazee dazwischen. „Ich höre
nichts. Ich ...”
„Kein Wunder, dass du nichts hörst. Du hast eine Lautstärke am
Leib wie ein ausgewachsenes Mammut”, fuhr Maiitsoh sie an.
Hazee verzog den Mund zu einer Flunsch. Sie sah damit
ausgesprochen niedlich aus. Auch wenn sie zutiefst beleidigt war.
Saha lauschte angestrengt, aber sie hörte ebenfalls nichts.
Maiitsoh dafür allem Anschein nach umso mehr. Als sie den Großen Wolf
betrachtete, fiel ihr ein, was Uhura über seine Gattung gesagt hatte. Dass sie
über ein sensationelles Gehör verfügte. Maiitsoh lauschte in die Stille.
Stellte die spitzen Ohren auf und drehte den Kopf in alle Richtungen. Dann
schlich er auf leisen Sohlen los. Die Nase immer am Boden. Witterte so eine
unsichtbare Fährte. Gebannt folgten Saha und ihre Freunde ihm, ohne dass ihnen
auch nur ein einziges Wort entfloh. Selbst Hazees kesses Mundwerk stand still.
Und das wollte einiges heißen. Sahas Blick fuhr unstet über das dichte Dickicht
des Eiswaldes. Am Horizont lichteten sich die Baumreihen. Und
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