Regenprinzessin (German Edition)
sah Van an mir vorbei und drehte sich schließlich weg, als ich hastig niederkniete und nach meiner Kleidung griff. Beim Aufsehen erstarrte ich. Ich schaute direkt in das verzerrte Gesicht des Mannes, den ich getötet hatte. In meinem Mund sammelte sich Speichel und ich schluckte schwer, um nicht zu würgen. Die erstarrten Gesichtszüge sahen mich anklagend an und ich begriff in vollem Ausmaß, was ich getan hatte. Ich hatte einem Menschen mit meiner Gabe das Leben genommen. Ihn ermordet.
Das Wort Mörderin hallte in meinen Gedanken. Verzweiflung durchfuhr mich. Ich presste meine Hände an meine Stirn und schloss die Augen, doch ich konnte sein Gesicht immer noch sehen. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken und ich begann heftig zu zittern. Mir entfuhr ein leises Wimmern. Van war sofort bei mir und zog sanft meine Hände beiseite, um mich ansehen zu können.
„Was ist mit dir?“, fragte er besorgt.
Ich schüttelte heftig den Kopf, wollte nicht mehr daran denken, es ging nicht.
„Ich habe einen Menschen ermordet.“, hauchte ich und sah ihn kummervoll an, in der Hoffnung, ich könnte so das Gesicht des Fremden verdrängen. Es half ein bisschen Van anzusehen, doch die Scham für meine Tat blieb.
Van schüttelte langsam den Kopf. „Das war kein Mord.“, versuchte er mich zu beruhigen. „Es war berechtigte Notwehr. Mach dir keine Vorwürfe deswegen.“
„Aber er ist tot.“, wimmerte ich. Ich spürte wie ich kurz davor war in Tränen auszubrechen. Heftig schluckend versuchte ich es zu verhindern. Ich hatte seit Jahren nicht geweint, schon gar nicht vor anderen und erst Recht sollte Van mich so nicht sehen.
„Seine gerechte Strafe. Er wollte dir ein Leid zufügen.“, sagte er schlicht.
„Ich hätte ihn heraus lassen können, nachdem ich aus dem See gestiegen war, aber ich hatte zu große Angst vor ihm.“, murmelte ich.
„Mach dir keine Vorwürfe. Er wäre so oder so gestorben, entweder durch meine Hand oder die des Henkers, hätten wir ihn in die Stadt mitgenommen.“, sagte Van.
Ich wusste, dass er Recht hatte und trotzdem fühlte ich mich schuldig, beschmutzt durch den Missbrauch meiner Kräfte. Mein Körper bebte immer noch und ich sehnte mich nach Geborgenheit. Vans Blick ruhte sanft auf mir. So warm. So voller Güte.
„Bitte halt mich fest, Van.“, flehte ich flüsternd.
Erstaunt sah er mich an und zögerte einen Moment, bevor er mich vorsichtig in den Arm nahm. Ich schlang meine Arme um ihn und klammerte mich an seinen Rücken. Van erstarrte. Als ich über seine Schulter blickte, sah ich wieder den toten Mann im Gras liegen, schnell vergrub ich mein Gesicht an Vans Hals und schloss die Augen.
Da war sie, die Sicherheit, die ich so sehr gebraucht hatte. Ich schmiegte mich fest an ihn und versuchte mich zu beruhigen indem ich auf seinen Herzschlag lauschte und seine Wärme genoss. Es war ein schnelles kräftiges Pochen. Ich schien ihn aufzuwühlen. Langsam entspannte auch er sich und begann mir wieder vorsichtig über den Rücken zu streichen. Überall war Van, sein Duft, seine Wärme, in meinen Gedanken. Plötzlich fühlte ich etwas, das ich jahrelang nicht mehr gespürt hatte. Mir dämmerte nicht sofort was es war, doch als ich darüber nachdachte, traf mich die Erkenntnis.
Ich war glücklich. Van so nah bei mir zu spüren, machte mich unbeschreiblich glücklich. Ich wollte dieses Glück bewahren, aber konnte ich das? Durfte ich das? Ich wusste es nicht. Doch sicher wusste ich, dass ich ewig hier hätte sitzen können.
Langsam schaute ich auf. Unsere Gesichter waren sich ganz nah. Sein Blick war nicht zu deuten, aber so tief, dass ich mich fast darin verlor. Ich überbrückte die letzte Distanz zwischen uns und drückte meine Lippen auf seinen Mund. Ich spürte ihn abermals erstarren.
Dann seufzte er tief in der Brust und erwiderte meinen Kuss. Er hielt mich noch fester und ich vergaß alles Leid um mich herum. In diesem Moment gab es nur Van und mich. Plötzlich zuckte er zurück und ließ mich los. Die Welt brach sich brutal zurück in meine Wahrnehmung. Er wollte mich nicht.
Van hatte sich ein paar Schritte von mir entfernt. Gequält starrte er mich mit weit aufgerissenen Augen an und presste sich den Rücken seiner rechten Hand auf den Mund. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich wusste nicht, ob ich überhaupt zu etwas in der Lage gewesen wäre, außer weiterhin erstarrt auf dem Boden zu sitzen.
„Ich kann nicht.“, stammelte er. „Ich meine, wir können doch
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