Regenprinzessin (German Edition)
nicht…“, er brach ab und rang um Worte.
Mühsam rappelte ich mich hoch. Am liebsten wäre ich weggelaufen, ich schämte mich. Wie war ich nur auf die Idee gekommen ihn zu küssen? Bei dem Gedanken daran bekam ich weiche Knie, es hatte sich gut angefühlt, es hatte sich richtig angefühlt. Aus diesem Grund verletzte mich seine Reaktion umso mehr.
„Verzeih, ich…“, ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Mir wäre am liebsten gewesen, Van würde es einfach vergessen können. Ich sah ihm an, dass er das nicht würde.
Unsicher schaute ich zu ihm herüber. Er rang mit sich. Was wohl in ihm vorging? Der Ausdruck in seinem Gesicht änderte sich.
„Ach, verdammt!“, zischte er.
Entschieden marschierte Van auf mich zu und nahm mein Gesicht in seine Hände, seine Augen funkelten ungestüm. Meine Hände lagen schlaff auf seiner Brust, nicht, weil ich ihn abwehren wollte, sondern um mich zu stützen. Ich wusste nicht, was er vorhatte, doch ich ließ ihn gewähren. Langsam beugte er sich zu mir herunter und küsste mich. Erst vorsichtig, dann immer leidenschaftlicher. Als ich meine Überraschung überwunden hatte, ließ ich mich an seine Brust sinken. Ich hatte Recht gehabt, es fühlte sich richtig an. Van grub seine Hand in mein Haar und umfasste mit der anderen meine Taille. Es war wunderschön, wie er mich hielt und seine tröstliche Wärme auf meiner Haut zu spüren.
Ich wusste nicht mehr, wie lange wir so da gestanden hatten, als plötzlich ein dicker Regentropfen auf meinen Kopf fiel. Überrascht zuckte ich zusammen, unterbrach den Kuss, und schaute in den Himmel. Dunkle Wolken türmten sich auf und der Regen verdichtete sich. Grenadine hatte ihre Stelle erreicht und das Wasser gerufen. Gisell würde ebenfalls bald ankommen.
Ich sah wieder zu Van, der mich immer noch im Arm hielt. Auch er hatte in den Himmel geschaut und sah mir nun ins Gesicht.
„Wir sollten allmählich aufbrechen.“, sagte er seufzend. Ich nickte kurz. Van schien ungern schon zurück in die Stadt zu wollen und ich musste mir eingestehen, dass es mir ebenso ging.
Er strich mir noch einmal über die Wange und ging dann zu den Pferden herüber. Schnell bückte ich mich nach meiner Kleidung und schlüpfte hinein, wobei ich es vermied zu dem Toten zu sehen. Als ich fertig war, ging ich zu Van, der gerade die Decke vom Boden aufgehoben hatte und sie ausklopfte.
Inzwischen war der Regen zu einem kräftigen Guss angeschwollen, der wie ich wusste noch anhalten würde. Wir beide waren bereits durchnässt, wobei es Van ebenso wenig zu stören schien wie mich. Der Regen tropfte in angenehmen Rhythmus auf die Blätter in den Bäumen, außer dem Rauschen war es vollkommen still. Ich schaute dem Regen beim Fallen zu und bemerkte erst, dass Van die Decke von Gras und Blättern bereits gesäubert hatte, als er sich räusperte. Er beobachtete mich mit gerunzelter Stirn.
„Vielleicht solltest du lieber die Decke nehmen.“, sagte er abwägend. Ich verstand nicht wieso.
„Warum?“, fragte ich verblüfft.
Es war ihm unangenehm es auszusprechen, daher zeigte er es mir, indem er zu mir kam und mir die Decke um die Schultern legte. Jetzt verstand ich es, mein Hemd war durch den Regen wieder nass geworden und entsprechend durchscheinend. Anschließend ging er zu Lian herüber und saß auf. Ich steckte die Decke fest und ging auf Tinka zu, um ihr beruhigend den Hals zu tätscheln, bevor ich aufstieg.
Langsam setzten wir uns in Bewegung und bahnten uns einen Weg über den schlammigen Waldboden. Keiner von uns sagte etwas und wir hingen unseren Gedanken hinterher. Ich war schrecklich aufgewühlt und fragte mich unzählige Dinge auf einmal. Wie nicht anders zu erwarten, drehten sich sämtliche Fragen um Van. Ob er ernsthaft etwas für mich empfand oder ob es lediglich Mitleid war, weswegen er mich geküsst hatte? Ich wünschte mir sehr, dass es ersteres war. Zwar hatte ich Angst davor, jemanden so nah an mich heran zu lassen, doch wie konnte es falsch sein, wenn es sich so gut anfühlte?
Ich hätte zu gern gewusst, wie er wirklich darüber dachte, traute mich allerdings nicht, ihn danach zu fragen. Also brütete ich weiter vor mich hin und bemerkte gar nicht, wie schell wir voran kamen, obwohl wir langsam ritten, bis die Stadtmauern vor uns aufragten. Wir ritten durch die Tore und die Stadt hatte uns wieder.
Sehnsüchtig fragte ich mich, wann ich wohl die Zeit finden würde sie wieder zu verlassen, abgesehen von meinen Pflichtreisen. Die Straßen waren
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