Regenprinzessin (German Edition)
Fortschritte gemacht und ich war bei weitem nicht mehr so schnell erschöpft wie früher. Bei dieser Erleichterung hatte ich beschlossen beim nächsten Mal selbst zu reiten. So müssten wir uns nicht mehr mit der langsamen Kutsche aufhalten.
Soeben fällte ich eine weitere Steineiche und sie ging krachend zu Boden. Van hatte etwas sagen wollen, über den Lärm hinweg hatte ich es nicht verstanden.
„Was meintest du gerade?“, fragte ich ihn sobald der Baum ruhig auf dem Waldboden lag. Ich hielt die Kugeln an und ließ sie bewegungslos in der Luft schweben.
„Ich wollte wissen, was du eigentlich machst, wenn du jemanden nicht töten willst.“, sagte er an meinem Ohr.
Die Frage verwunderte mich. „Wieso sollte ich jemanden, der mich angreift nicht töten wollen?“
„So meinte ich das nicht. Aber was wäre denn, wenn es jemand wäre, den man besser nicht tötet?“, fragte er nun.
„Wen zum Beispiel?“ Ich wandte mich zu Van um, damit ich ihn ansehen konnte während wir miteinander sprachen.
Er zuckte mit den Schultern. „Jemanden, den man gefangen nehmen möchte als Geisel oder zum Verhören, da er wichtige Informationen haben könnte oder vielleicht jemanden, den man aufgrund seines gesellschaftlichen Ranges besser verschont und so weitere Konflikte verhindert.“, sagte er unbestimmt.
„Berechtigter Einwand.“, murmelte ich und dachte eine Weile darüber nach. „Ich glaube, wenn ich weniger Kraft einsetze und so die Geschwindigkeit verringere, dann würde der Aufprall vermutlich nicht so stark ausfallen und das Ziel nicht durchbohren, sondern nur verletzen.“, sagte ich nachdenklich.
„Das gleiche habe ich mir auch gedacht.“, sagte Van und lächelte zu mir herunter. „Versuch es.“
Ich nickte und drehte mich wieder herum. Ich suchte mir einen Baum aus und zielte mit einer der drei Kugeln darauf. Die anderen beiden ließ ich wo sie waren. Die Kugel bohrte sich in den Stamm und Holzsplitter flogen durch die Luft. Sobald sie den Schwung verloren hatte, zog ich sie wieder heraus. Sie hatte den massiven Stamm zur Hälfte durchbohrt. Das war viel zu viel Kraft gewesen, einen Menschen hätte es noch immer zerrissen.
Ich versuchte es erneut etwas höher, diesmal mit halber Kraft wie zuvor. Die Kugel riss die Rinde vom Baum und beschädigte das Holz darunter. Das war auch noch zu viel. Beim nächsten Mal beschädigte ich nur noch die Rinde, aber ich war mir nicht sicher, wie schwer ich einen Menschen verletzt hätte, schließlich war unsere Haut viel weicher als die Rinde eines Baumes.
Ich seufzte frustriert und drehte mich wieder zu Van. „Es ist eine gute Idee, aber ich kann es einfach nicht richtig einschätzen. Was wenn ich jemanden zurückstoßen will und dabei verteile ich seine Gedärme?“
Missmutig betrachtete ich wieder den Baum und wartete auf Vans Antwort, doch die blieb aus. Ich hörte ein dumpfes Geräusch, als etwas zu Boden fiel und drehte mich zu ihm um.
Van hatte seine Uniformjacke ausgezogen und auf den Boden fallen lassen. Soeben war er damit beschäftigt die Weste aufzuknöpfen. Auch diese ließ er achtlos fallen. Ich betrachtete ihn misstrauisch. Was hatte er nur vor? Dann zog er sein Hemd aus der Hose und begann ebenfalls es aufzuknöpfen.
Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er mir in diesem Augenblick nah sein wollte. Erst recht nicht wo unsere letzte Vereinigung erst so kurz zurück lag. Mir schoss die Hitze ins Gesicht, als ich daran dachte. Doch so schnell wie sie kam, verschwand sie wieder, als ich begriff, was sein Verhalten bedeutete. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Das konnte einfach nicht sein Ernst sein.
Mittlerweile war Van bei den unteren Knöpfen angelangt und machte unbeirrt weiter. Ich ergriff seine Hand und hielt sie fest. „Nein.“, sagte ich beschwörend.
Van schaute zu mir auf und lächelte schief. „Ich wüsste nicht, wie wir uns sonst versichern wollen, dass du es richtig machst.“
Ich starrte ihn ungläubig an. Er konnte unmöglich von mir verlangen, dass ich ihm weh tat. Van befreite seine Hand und öffnete auch die letzten Knöpfe. Ich war wie erstarrt und konnte mich kaum rühren. Unbeweglich schaute ich ihm dabei zu, wie er auch das Hemd abstreifte und zu den restlichen Kleidungsstücken zu Boden gleiten ließ.
Er warf mir einen herausfordernden Blick zu.
„Ich werde dir unter keinen Umständen weh tun.“, brachte ich mühsam hervor.
„Doch, genau das wirst du tun. Nur so kannst du dir deiner Kräfte sicher sein
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