Regina schafft es doch
seit gestern!“
„Ach ja, richtig! Nein, weißt du, dann frage ich nicht weiter. Dann bist du noch nicht in einem Stadium, daß du etwas zu erzählen hast. Aber warte nur! Wenn die Sache sich erst ein bißchen entwickelt hat, dann mußt du beichten! Und heute warst du also mit ihm aus?“
„Ja…“
„Ich gönne es dir – ach, Regina, wem gönnte ich es mehr als dir! Ich bekam allmählich schon Angst, daß du bald Schimmel ansetzen würdest. Ich glaube wahrhaftig, du hast jetzt zwei volle Jahre in ungeküßtem Zustand zugebracht.“
Regina lächelte.
„Ja, hatte ich auch.“
Katrin lachte hellauf und zeigte alle ihre weißen Zähne.
„Ach Regina, wie bist du süß! ,Hatte’, sagtest du. Da ist ein kleiner Unterschied zwischen ,hatte’ und ,habe’! Wie freue ich mich für dich, Regina! Aber nun sei auch vernünftig, Mädchen. Du bist so ehrlich und so geradeaus und so kompromißlos, Regina. Gib dich jetzt nicht so offen ihm gegenüber, daß er dich auswendig kennt, ehe noch eine Woche vergangen ist. Mannsleute müssen ein bißchen in Spannung gehalten werden, höre auf Tante Katrin. Und mach dich ab und zu ein bißchen kostbar, er darf auf keinen Fall das Gefühl bekommen, daß du bei jeder Gelegenheit für ihn da bist. Sei klug, Regina!“
Regina saß ein Weilchen stumm da. Dann sagte sie leise: „Das ist sicher richtig, Katrin. Nur nicht in diesem Fall. Bei Gert ist das anders.“
„Ich hoffe, du hast recht“, sagte Katrin. „Aha, da kommt Mami mit dem Tee! Du, Mami, hast du die Schneiderin erwischt?“
„Nein, sie war nicht zu Hause. Aber das nützt sowieso nichts.
In dem Kleid ist ja kein Zentimeter zum Auslassen. Ich begreife nicht, wo du warst, als du das Kleid kauftest!“
„Bei Sörensen und Jensen, Damenkonfektion“, sagte Katrin trocken. Sie wandte sich zu Regina um. „Du mußt wissen, ich habe die größte Dummheit meines Lebens begangen. Ich sah neulich ein Kleid, es war einfach ein Traum. Und nun stellt sich heraus, daß es ein Alptraum ist. Ich fand es mordsschick, als ich es anprobierte, doch als ich nach Hause kam und es anziehen wollte, da stellte sich heraus, daß ich vergessen hatte, meine Schönheit von hinten zu bewundern. Und so traurig es ist, aber es ist leider nicht zu leugnen, daß meine Rückseite diese Aalhaut nicht zuläßt. Meine Kurven werden von meinem ewigen Stillsitzen immer runder. Wart mal, ich zeig’ dir den Fehlschuß!“
Katrin verschwand im Nebenzimmer. Sie kam mit einem korallenroten, ärmellosen Kleid über dem Arm zurück.
„Gerts Roller hat die gleiche Farbe!“ fuhr es Regina heraus.
„Hat er einen Roller? Dann müßtest du ja, Regina – ach, was bin ich doch für ein riesenhafter Dummkopf! Laß das mit der Schneiderin, Mami, sie kann mit dem Fehlschuß doch nichts anfangen – hier, Regina, du kannst es haben, du hast nirgendwo eine Kurve – , zieh es über, du wirst darin aussehen wie ein Traumgebilde!“
Reginas schwache Proteste hatten keinen Zweck. Sie mußte es anprobieren, und Katrin hatte recht. Sie sah tatsächlich beinahe wie ein Traumgebilde darin aus.
„Du hast noch nie so was Hübsches angehabt!“ jauchzte Katrin. „Nicht wahr, Mami?“
Die Mutter nickte erfreut.
„Wunderhübsch, Regina. Herrlich, daß das Kleid jetzt noch seinen Zweck erfüllt. Es wäre zu schade gewesen, wenn es nutzlos im Schrank gehangen hätte.“
Regina versuchte noch einmal zu widersprechen, ließ sich aber nur zu gern überreden.
„Es ist doch viel besser, du trägst es, als daß es unbenutzt im Schrank hängt und mich jedesmal ärgert, wenn ich es sehe“, sagte Katrin.
Diese Begründung war so schlagend, daß Regina sich fügte.
Ihr war glücklich und leicht ums Herz, als sie mit dem säuberlich eingepackten Kleid in die Stadt zurückfuhr.
Zugegeben, Katrin trieb Raubbau mit ihrem Talent – zugegeben, sie machte jeden beliebigen Plunder und Kitsch – um des Geldes willen. Aber ihr Geld verwendete sie jedenfalls dazu, andere Menschen froh zu machen. Und das war wirklich nicht das Schlechteste!
Mortensen warf einen Blick über die Brille.
„Nun?“ lächelte er, als er sah, daß es Regina war, die vor ihm stand. „Wie geht’s? Bringen Sie mir heute wieder etwas Schönes?“
„Drei kleine Figuren, Herr Mortensen“, erwiderte Regina. Sie packte sie mit behutsamen Händen aus. Mortensen griff nach der „Frau mit Stock“.
„Gar nicht übel, Fräulein Frank. Gar nicht übel! Genauer gesagt, ausgesprochen gut! Wann wollen Sie
Weitere Kostenlose Bücher