Regina schafft es doch
verstohlen zu ihr hinüber, und plötzlich faßte er sie um beide Schultern. „Ich glaube wahrhaftig, ich wäre von allem begeistert gewesen, was Sie gemacht hätten, Regina. Denn wissen Sie, ich bin – ich bin ganz einfach…“, er lachte und verbesserte sich selbst: „Ich meine – ich habe Sie so ganz furchtbar gern!“
„Und ich Sie!“ sagte Regina. Ihre Stimme klang fast kindlich vertrauensvoll…
Der rote Motorroller ließ die Stadt schnell hinter sich. Die Sonne glühte, und Regina war froh, daß ihr beim Fahren der Wind um das Gesicht wehte. Sonst wäre es unerträglich heiß gewesen.
„So!“ sagte Gert und verlangsamte die Geschwindigkeit.
Auf der einen Seite der Straße zog sich Wald hin. Und zweihundert Meter etwa von der Straße entfernt lag eine Lichtung, wo Sonne und Schatten auf dem grünen Gras spielten und sich ablösten.
Eimer breitete eine Decke auf dem Boden aus.
„Kommen Sie!“
Sie setzte sich neben ihn.
„Nun erzählen Sie mal: woher kommen Sie? Wo wurden Sie ausgebildet? Ich möchte alles von Ihnen wissen!“
„Ich stamme aus Hamburg. Mein Vater starb, als ich sechzehn war; meine Mutter verlor ich, als ich neunzehn wurde. Damals war ich auf der Kunstakademie in Kopenhagen. Danach studierte ich weiter, bis mein Geld alle war – oder wenigstens fast. Dann fuhr ich wieder heim und hatte unglaubliches Glück, denn ich bekam zwei Dinge, die ich nötig brauchte: Ein Atelier und eine Vertretung als Zeichenlehrerin in einer Schule – ja, und das ist alles. Damals begann ich ernstlich zu arbeiten.“
„Und wie kamen Sie ausgerechnet nach Kopenhagen?“
„Eine Erbtante ist schuld daran, Tante Regina, von der ich auch den Namen habe. Sie lebt in Kopenhagen und starb gerade, als ich Geld für meine Ausbildung brauchte. Es war ihr Wunsch, daß ich in Kopenhagen studierte und diesen Wunsch habe ich auch nach ihrem Tod respektiert.“
„Es muß doch gar nicht einfach sein, sich als Bildhauerin durchzuschlagen.“
Sie richtete abermals den Blick auf ihn, die Augen waren unergründlich.
„Ja, das kann man wohl behaupten.“
„Gibt es denn manchmal irgendeinen größeren Auftrag, ich meine, so einen, wie den von meinem Vater?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Bis jetzt nicht. Ich habe ein paar Porträtbüsten gemacht, sonst schlage ich mich mit den gelegentlichen Vertretungen als Zeichenlehrerin und meinen kleinen Figuren durch. Nächstes Jahr muß ich mich wieder nach einer Vertretung umgucken.“
„Und mit den Figuren sind Sie also bockbeinig, sagte mein Vater!“
Regina richtete sich gerade.
„Ja, ich bin bockbeinig! Störrisch wie ein Esel! Und ich habe auch nicht die Absicht, mich zu ändern! Ich habe keine Lust, billigen und leicht verkäuflichen Plunder zu machen! Ich will nicht Massenartikel fabrizieren! Ich will Kunst machen und nicht – nicht…“
„Kitsch, meinen Sie?“
„Ja, es ist genau das, was ich meine. Ich will nicht!“
„Auch wenn Sie sich dabei wirtschaftlich viel besser stünden?“
„Nichts wäre einfacher als das. Ich habe eine Freundin, die macht es so. Wir haben uns auf der Akademie kennengelernt. Sie wollte ursprünglich nur ein Semester in Kopenhagen studieren und blieb dann mir zuliebe die ganze Zeit dort. Sie ist ein prachtvoller Kamerad und hat das beste Herz von der Welt. Aber die Kunst hat sie an den Nagel gehängt, obwohl sie große Gaben hatte. Sie hat eine Keramikwerkstatt. Sie ist es übrigens, die mir bei dem Relief helfen muß.“
„Aber Fräulein Regina! Keramik kann in hohem Maße Kunst sein!“
„Das weiß ich wohl! Aber Katrin macht keine Kunst. Sie macht fürchterlichen, kitschigen Schmuck aus Keramik, langbeinige Katzen und kugelrunde Elefanten und grauenhafte Blumen, die sich die Leute um den Hals hängen oder an die Ohren knipsen. Es ist kein Schmuck und es ist nicht Bildhauerei, es ist nichts weiter als ein furchtbares Zugeständnis an den schlechten Geschmack bei einer bestimmten Art von Menschen. Selbst etwas so Sinnloses wie Keramikschmuck kann natürlich sehr hübsch gemacht werden, aber das tut Katrin nicht. Sie macht ihn so, daß er verkäuflich ist, und damit verdient sie Geld wie Heu. Ja, Sie finden es gewiß gemein, daß ich so häßlich von einer Freundin rede, aber ich sage ihr genau dasselbe ins Gesicht, was ich über sie sage, und sie gibt auch zu, daß ich recht habe. Nur – sie will Geld verdienen.“
„Und das wollen Sie nicht?“
„Sicher möchte ich das auch. Aber man verkauft seine Seele
Weitere Kostenlose Bücher