Regina schafft es doch
wiedersehen, bevor ich nicht mit einem neuen Kleid und einem Paar anständiger Schuhe ankomme. Ich habe ja nie Zeit, in die Stadt zu gehen, Regina! Aber jetzt hat Mami es verlangt, und ich sollte dich mitnehmen, sagte sie. Du sollst aufpassen, daß ich ein vernünftiges Kleid kaufe und nicht denselben Kohl mache wie mit dem roten.“
„Ich für meine Person preise diesen Kohl!“ lachte Regina. „Also gut, ich komme mit. Will mir bloß den Kohl eben anziehen. Schau mal her, möchtest du nicht meine Geburtstagstorte probieren?“
Sie holte den Rest von der Sternentorte aus dem Küchenschrank. Drei Zacken des Sterns waren noch unberührt, und der kleine goldene Löwe war noch ganz heil.
„Ich glaube wahrhaftig, ich habe Schule gemacht!“ lachte Katrin. „Weißt du, das ist eine köstliche Idee! Schmeckt die ebenso gut, wie sie aussieht?“
„Versuch sie doch mal!“ sagte Regina und stellte ihr einen Teller hin.
„Respekt!“ sagte Katrin. „Backen kann er, dein Strolch! Wirst du ihn heiraten, Regina?“
„Ich hoffe. Ich glaube es. Aber bis dahin ist noch lange Zeit…“
„Jaja. Für jemanden, der was Gutes erwartet, ist das Warten immer lang! Bist du fertig?“
Katrin kratzte die letzten Schlagrahmreste vom Teller herunter und dann wanderten die Freundinnen in die Stadt – die eine schmal, dunkel und ernst, die andere rundlich, blondgelockt und voller Munterkeit.
Die nächsten Stunden waren mit Farben und Stoffen und Preisschildern und Kleidern angefüllt, bis sie endlich das richtige Kleid für Katrin gefunden hatten. Und nachdem sie auch mit viel Sorgfalt ein Paar Schuhe ausgesucht hatten, und nachdem Regina sich hatte anstecken lassen und ebenfalls ein Paar gekauft hatte, da waren sie am Rande ihrer Kräfte.
„Und jetzt“, sagte Regina, „jetzt kann ich dich, dank dem ,Fackelträger’ und dem Keramikfries, zum Kaffee in die Parkkonditorei einladen!“
„Aha, ich weiß schon, was du willst! Du willst dich in die Nähe des Kamins setzen und in der schamlosesten Weise horchen, was die Leute über dein Meisterwerk äußern.“
„Klar will ich das. Willst du das nicht?“
„Natürlich!“
Sie hatten Glück. Dicht beim Kamin war gerade ein Tisch frei. Sie bestellten sich Kaffee und Semmeln, und Regina war schweigsam und weit weg mit ihren Gedanken. Jetzt rollte Gert gen Norden – oder war vielleicht gerade auf der Fähre – und heute abend gegen neunzehn Uhr sollte er in Kopenhagen sein. Lieber Gert – allein und vielleicht ein wenig hilflos in der großen Stadt, von deren Sprache er nicht mehr verstand, als was Regina ihm eingepaukt hatte – , „danke, bitte, ich verstehe kein Dänisch, wo finde ich ein Taxi, was kostet das?“ Mehr auf einmal zu behalten, war Gert nicht möglich gewesen.
„Aber mein Chef versteht Deutsch, es wird also schon gehen!“ hatte Gert gesagt und zuversichtlich gelächelt.
Katrin saß da und betrachtete abwechselnd die Freundin und den Fries. Ihr Blick blieb an dem „Schlafenden Kind“ im mittleren Feld hängen. Regina hatte ihr erzählt, was für ein Pech Gert mit der kleinen Figur gehabt hatte. Es war auch wirklich jammerschade, dachte Katrin. Sie hatte ja diese Figur für Regina gebrannt, sie wußte noch jede einzelne Linie darin, erinnerte sich, daß sie hatte denken müssen: Diese Regina, wie kann die modellieren. Und dies ist das Hübscheste, was sie gemacht hat.
Der Kaffee kam. Zwei junge Damen setzten sich an den Nebentisch. Sie bestellten unter vielem Gelächter und vergnügten Reden Tee und Kuchen.
„Hier ist es aber hübsch geworden!“ rief die eine. „Möchte doch wirklich mal wissen, ob dieser Raum Gerts Idee war.“
„Das ist schon möglich. Diese Keramikgeschichte da über dem Kamin, die ist wirklich niedlich. Aber, sieh doch mal – Annette –, sieh mal da in der Mitte – , ist das nicht genau das gleiche Kind, wie du es zu Hause auf der Kommode stehen hast?“
„Welches? Ja, wahrhaftig! Genau das gleiche! ,Schlafendes Kind’ heißt die Figur. Das hab’ ich mal von Gert gekriegt, du weißt doch noch…“
Regina erstarrte. Sie saß regungslos da, horchte mit allen Sinnen, mit jedem Nerv. Katrin saß genauso reglos, mit halboffenem Mund.
„Möchte doch wissen, wer das da gemacht hat?“
Die eine von den beiden jungen Damen, die Annette, stand auf und trat an den Fries heran, sie suchte nach der Signatur.
„Tatsächlich! R. F. steht da, genau wie auf meinem Kind! Dieser Schurke, der Gert! Da bringt er mir ein Geschenk
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