Regina schafft es doch
Aufgabe, die sie da bekommen hatte. Ein reicher Mann in Hamburg hatte ein Eßservice bestellt, das besonders für ihn angefertigt werden sollte. Ein Service mit Jagdmotiven, ein Geschenk zu einem fünfzigsten Geburtstag. Und da saß Regina nun und modellierte kleine, rundliche Tiere, die als Griffe für Terrinen und Schüsseln mit Deckel geeignet waren.
„Wie Sie diese Aufgabe lösen wollen, überlasse ich ganz Ihnen!“ hatte der Direktor gesagt, als er ihr diesen Teil der Arbeit übergab. „Fräulein Turm malt Hochwild auf die Teller, aber als Griffe und Knäufe an Schüsseln und Deckeln kann man ja keine dünnbeinigen Rehe und Hirsche mit Geweihen gebrauchen! Nun dürfen Sie also Ihrer Phantasie freien Lauf lassen, Fräulein Frank!“
Die Aufgabe machte Regina Spaß. Acht verschiedene Griffe hatte sie zu machen, nicht zwei Geschirrteile sollten das gleiche Muster haben. Bär – Fuchs – ein Hase – was gab es sonst noch – , ja, natürlich einen Marder – einen Luchs – halt, einen Hamster natürlich auch – und einen Dachs – , nun fehlte noch ein Tier. Wo sollte sie eins herbekommen?
Regina schaute auf die Uhr. Gleich zwölf. Der Direktor hatte sie gebeten, gegen zwölf mit einem Entwurf zu einem Salzfaß zu ihm ins Büro zu kommen.
Regina seufzte. Wie ein Löwe hatte sie gegen diese Salzstreuer gekämpft, bei denen das Salz durch den Kopf des armen Tieres hinausrieselte. Sie hatte den Direktor angefleht, ein richtiges kleines Salzfaß machen und dann lieber an dessen Rand ein Tier anbringen zu dürfen.
„Na gut, versuchen wir es“, hatte der Direktor gesagt. „Im Grund bin ich ganz Ihrer Meinung, es ist nur die Frage, ob wir unseren Kunden überzeugen können!“
Regina hatte ein Salzfaß zur Probe gemacht mit einer drolligen Feldmaus auf dem Rande. Die machte Männchen und lugte spitzbübisch in das Salzfaß.
„Ich persönlich finde die Idee reizend, Fräulein Frank“, sagte der Direktor. Die Maus war gebrannt, glasiert, bemalt und hatte jetzt auch noch den letzten Brand erhalten. „Wir wollen nur hoffen, daß der Kunde derselben Ansicht ist. Und wenn nicht, dann müssen wir also lieber hohle Häslein für ihn machen mit Löchern im Kopf. Und diese hier – ja, die können Sie dann ja als Weihnachtsgeschenk von der Fabrik bekommen!“ Regina lächelte.
„Sie finden sicherlich bin ein Bock, Herr Direktor?“
„Ja, ein kleiner Bock sind Sie vielleicht.“
„Ich kann nämlich diese sogenannte angewandte’ Plastik nicht ausstehen. Ich bin dafür schon so oft ausgezankt worden, sowohl von Freundinnen als auch…“
„… von Freunden vielleicht?“ lächelte der Direktor.
„Ich wollte sagen, von Mortensen“, sagte Regina und wurde rot.
„Sie sehen mir auch ganz so aus, als dächten Sie an den alten Mortensen, Sie kleine Heuchlerin“, lachte der Direktor. „Nun ja, wir schicken die Maus heute aus dem Haus, und Sie kehren zu Ihren Deckelknöpfen für die Schüsseln zurück.“
Regina ging zurück. So was Dummes, daß sie immer rot werden mußte! Nur weil sie daran denken mußte, was Gert über ihr Brunnenkind gesagt hatte. Daß es keine Verbindung mit seiner Aufgabe habe.
Oh, Gert sollte mal sehen! Er sollte mal sehen. Die Jury wußte sicherlich mehr über Bildhauerkunst als Gert und 1 Katrin zusammen!
Und in diesen Tagen fiel die Entscheidung. Vielleicht lag jetzt schon ein Brief für sie zu Hause.
Und wenn sie den Preis bekam – ja, dann würde sie postwendend an Tausing schreiben. Dann konnte sie reisen und alles hinter sich werfen – alles, was so weh tat und brannte und so fürchterlich schmerzte.
Der erste Preis geht an Katrin
Regina wusch sich die Hände, zog die Ärmelschürze aus und brachte das Haar in Ordnung. Dann nahm sie ihre Tasche, dazu die Zeitung vom Morgen und ging in die Kantine hinüber.
„Tag, Fräulein Schwand! Haben Sie heute was Gutes?“
„Gebratene Leber in Sahnesauce, Fräulein Frank. Und Blumenkohl.“
„Ah , wie herrlich! Her damit, ich muß rasch essen.“
„Ach was, jetzt gönnen Sie sich mal ein bißchen Ruhe. Ihre Tiere rennen Ihnen nicht davon, während Sie essen.“
„Nein, die Tiere nicht. Aber die Zeit. Ich habe so schrecklich viel zu tun.“
„Freuen Sie sich doch. Bitte – nein, halt mal, Sie sollen ein bißchen mehr Blumenkohl haben, Sie essen doch Gemüse so gern, Kaffee hinterher?“
„Einen Liter, Fräulein Schwand!“
„Das möchten Sie wohl! Eine Tasse kriegen Sie, mehr tut Ihnen gar nicht gut.“
Regina
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