Regina schafft es doch
Wie sah es ihr ähnlich, schnellstens aller Welt zu erzählen, daß sie ihren Erfolg jemand anderem zu verdanken habe.
Regina wurde es warm ums Herz und ihre eigene Enttäuschung tat nicht mehr weh. Vielleicht – vielleicht war es ein hartes Lehrgeld für sie, vielleicht war sie wirklich zu halsstarrig in ihrer Kunstauffassung?
Natürlich gönnte sie Katrin den Preis. Aus ganzem Herzen gönnte sie ihn ihr. Jetzt konnte Katrin doch endlich merken, daß auch ordentliche Kunst sich lohnte.
Und wie schön, daß Katrin nun auch Geld bekam. Diesen phantastischen Preis!
Als aber Regina in ihren Gedanken bis hierher gelangt war, mußte sie krampfhaft schlucken. Sie selbst hätte das Geld so dringend nötig gehabt. Nun wurde nichts aus ihrer Reise. Und erst jetzt, da sie wußte, daß es unmöglich war – erst jetzt merkte sie selbst, wie glühend sie den Preis erhofft und wie sicher sie im Grunde damit gerechnet hatte.
Ja, nun mußte sie also in Kattenbüttel bleiben, bis Jytte zurückkam. Und dann blieb ihr nichts weiteres übrig, als wieder nach Hause zu fahren. Und Gefahr zu laufen, daß Gert und Annette ihren Weg kreuzten, Gefahr zu laufen, daß sie im Vorübergehen ein freundliches Kopfnicken von dem Mann erhielt, der… dem Mann, der…
Regina biß sich auf die Lippe. Zum ersten Male, seit sie diesen schweren Schlag erhalten hatte, schnürten Tränen ihr die Kehle zusammen.
Aber um sie herum saßen Menschen, sie mußte sich beherrschen – natürlich konnte sie sich beherrschen. Hatte sie nicht über sechs Wochen lang ununterbrochen Selbstbeherrschung geübt?
Blaß und ruhig erhob sich Regina, nickte im Vorbeigehen ein paar Kollegen zu und ging aufrecht und sicher aus der Kantine.
Es war Samstagnachmittag. Regina saß mit Papier und Kugelschreiber an Jyttes kleinem Schreibtisch. Sie wollte an Katrin schreiben.
Ihr ganz lang und herzlich schreiben und zum Preis gratulieren. Übrigens sonderbar, daß Katrin ihr nicht sofort geschrieben hatte?
Regina stützte den Kopf in die Hände. Merkwürdig, daß es so schwer war, einen Anfang zu finden. Sie setzte zögernd den Kugelschreiber an. „Liebste Katrin…“
Da läutete es an der Wohnungstür, und Regina stand auf. Da würde gewiß irgend jemand nach Jytte Boock fragen.
Sie öffnete – und streckte beide Arme aus.
„Katrin – liebe, gute Katrin! Nein, du bist wirklich großartig – komm ‘rein, komm ‘rein! Ach, wie herrlich, daß du gekommen bist, Katrin!“
Katrin kam herein, halb lächelnd, halb schuldbewußt. Regina nahm ihr einen kleinen Koffer aus der Hand.
„Regina – bist du mir auch nicht böse?“
„Böse? Auch? Du bist wohl nicht bei Trost? Ich freue mich so schrecklich deinetwegen – und ich muß dich schnell mal an mich drücken – ganz fest…“ Und das tat sie auch.
Kurz darauf saßen sie in der Wohnecke in Jyttes Zimmer beim Kaffee, den Regina schleunigst gekocht hatte, und dem Kuchen, den Katrin von „Mami“ mitbrachte.
„Du, Katrin – antworte mir ganz ehrlich: Kommst du hier angestiegen, nur um zu sehen, ob ich in Tränen aufgelöst bin?“
Katrin lächelte.
„Nein, das will ich nun nicht gerade behaupten. Aber ich muß gestehen, ich war ein bißchen bange…“
„Schäfchen!“
„Ja, weißt du, Regina, in gewisser Weise habe ich ja hinter deinem Rücken gehandelt – aber siehst du, ich dachte, wenn ich ausgelacht würde, dann sollten so wenig Menschen wie möglich davon wissen. Ich wollte doch gar nicht teilnehmen, Regina. Und erst als du das von der Jungfrau’ sagtest, bekam ich Lust dazu. Plötzlich sah ich sie vor mir stehen, mit den vorgestreckten Händen – und da kam mit einem Male solche Sehnsucht über mich – nur ein einziges Mal – , zu zeigen, daß ich etwas konnte! Denn siehst du, Regina“, Katrins Stimme klang mit einem Male heiser, ein wenig unsicher, „ich bin im allgemeinen übermütig und munter, nicht wahr? Und ich finde es schön, daß mein Kitsch mir so guten Verdienst einbringt. Aber – dir kann ich es ja sagen, Regina – , aber auch nur dir: Oft genug habe ich daraufgebrannt, wieder mal was Anständiges zu arbeiten. Es hat in meinen Fingern gekribbelt, anzufangen. Ich hatte eben nur niemals Zeit. Und du weißt, ich habe Verpflichtungen. Ich konnte mich nicht an eine Arbeit machen, die mir höchstwahrscheinlich keinen Heller eingebracht hätte!“
„Aber jetzt“, Katrin lächelte, und eine feine Röte stieg ihr in die Wangen, „war die Verlockung doch zu groß für mich. Und
Weitere Kostenlose Bücher