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Regulator: Roman

Regulator: Roman

Titel: Regulator: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Gürtel gepackt, und das klappte besser. »Helfen Sie mit, Kumpel«, sagte der Hippietyp zu Peter. »Nur ein bißchen.« Peter beachtete ihn nicht. Er sah Collie mit großen, glasigen Augen an. »Er holt sie doch, richtig? Doc. Er hilft ihr.« »Stimmt genau!« brüllte Collie. Er versuchte, Docs fröhlichen Tonfall nachzuahmen - eine Art aufmunternden Krankenhauston -, hörte aber nur Angst. Der pinkfarbene Lieferwagen war verschwunden, aber der schwarze verweilte noch, rollte langsam, blieb fast stehen. In dem Aufbau befanden sich Gestalten - zu hell, fast fluoreszierend. »Billingsley -«
    Marielle Soderson raste links an ihm vorbei und hätte Collie fast umgerannt, so eilig hatte sie es, zur Eingangstür von Docs Haus zu kommen. Gary fegte rechts vorbei, rammte die Verkäuferin mit der Schulter und stieß sie auf ein Knie. Sie schrie vor Schmerzen auf und zog die Mundwinkel halbkreisförmig nach unten, als sie sich etwas -wahrscheinlich den Knöchel - verstauchte. Gary würdigte sie nicht auch nur eines Blickes; er hatte die Augen nur auf das Ziel gerichtet. Das Mädchen stand im Handumdrehen wieder auf. Ihr Gesicht war immer noch schmerzverzerrt, aber sie hielt tapfer Peters Arm fest und versuchte, ihm zu helfen. Collie empfand allmählich Bewunderung für sie, trotz ihrer zweifarbigen Schizo-Frisur.
    Die Sodersons setzten ihren Sprint fort. Sie hatten einen Moment gebraucht, bis sie die Situation begriffen hatten, aber jetzt, sah Collie, war der Groschen bei ihnen eindeutig gefallen.
    Ein neuerlicher Schuß. Der Langhaarige schrie vor Überraschung und Schmerzen auf und hielt sich das rechte Bein. Collie sah Blut, das im trüben Grau des Gewitters erstaunlich hell aussah, zwischen den Fingern des Mannes herausquellen. Das Mädchen sah ihn mit offenem Mund und aufgerissenen Augen an.
    »Schon gut«, sagte der Hippie, der das Gleichgewicht wiedererlangte. »Nur ein Streifschuß. Weiter, weiter!« Endlich kam auch Peter auf die Füße, im tatsächlichen wie im übertragenen Sinne. »Was, zum Teufel... geht hier vor?« fragte er Collie. Er hörte sich an, als stünde er unter Drogen. Bevor Collie etwas sagen konnte, wurde aus dem schwarzen Lieferwagen ein letzter Schuß abgefeuert und ein Geräusch ertönte, das sich - er hätte schwören können - wie ein Artilleriegeschoß anhörte. Marielle Soderson, die die Treppe erreicht hatte (Gary, alles andere als ein Gentleman, hatte sich schon drinnen in Sicherheit gebracht), schrie und prallte seitwärts gegen die Tür. Ihr linker Arm wirbelte haltlos in die Höhe. Blut spritzte gegen Docs Aluminiumverkleidung; der Regen spülte es als Rinnsal an der Seite des Hauses hinab. Collie hörte die Verkäuferin schreien, und ihm war selbst ein wenig nach Schreien zumute. Das Geschoß hatte Marielle an der Schulter getroffen und ihr den linken Arm fast völlig vom Körper abgetrennt. Der Arm sank wieder nach unten und hing baumelnd an einem dünnen Fetzen Fleisch mit einem Muttermal darauf. Die -ses Muttermal - eine Stelle, die Gary möglicherweise zärtlich geküßt hatte, als er noch jünger war und nicht so an der Flasche hing - machte alles irgendwie real. Sie stand kreischend vor der Tür, und ihr linker Arm hing an ihr hinunter wie ein Tor, das aus zwei seiner drei Scharniere gesprengt worden ist. Hinter ihr beschleunigte der schwarze Lieferwagen nun ebenfalls bergab, und der turmartige Aufbau wurde wieder geschlossen. Er verschwand im Regen und den Qualmwolken des Hobart-Hauses, wo das Dach gerade sein Geschenk des Feuers an die Wände weitergab.
2
    Sie hatte eine Zuflucht.
    Das schien manchmal ein Segen zu sein, und manchmal (weil es die Situation hinauszögerte, das höllische Spiel am Laufen hielt) ein Fluch, aber so oder so, es war der einzige Grund, weshalb sie noch sie selbst war, jedenfalls manchmal; der einzige Grund, weshalb sie nicht von innen her aufgefressen worden war. So wie Herb. Am Ende war es freilich auch Herb gelungen, noch einmal zu sich selbst zu finden. Es war ihm gelungen, lange genug bei Sinnen zu sein, um in die Garage hinauszugehen und sich eine Kugel in den Kopf zu schießen. Jedenfalls wollte sie das glauben.
    Aber manchmal wußte sie es besser. Manchmal dachte sie an die endlosen Abende vor dem Schuß in der Garage, und sie konnte Seth auf seinem Stuhl sehen, dem mit den Pferd-und-Reiter-Abziehbildern, die sie und Herb angebracht hatten, als ihnen klargeworden war, wie sehr der Junge »Wessern« liebte. Seth saß einfach nur da und schenkte

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