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Reibereien

Reibereien

Titel: Reibereien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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zusammen«, er- kundigt sich Cecilia.
    »Kann schon sein, aber ich frage mich, wie lange noch. Ich kann es beim besten Willen nicht sagen.«
    »Ja sicher. Es ist nicht leicht, mit jemandem zusammenzuleben. Das verstehe ich.«
    Wir klettern über Dämme aus schwarzen Felsblöcken, versuchen uns über gewisse Dinge zu un terhalten und gehen bis zur Mündung eines Flus ses, der von der Flut zurückgedrängt wird, so daß wir gezwungen sind kehrtzumachen.
    Sie ist vierundzwanzig, zwei Jahre älter als ich, aber sie hat es noch nie versucht.
    »Ich bin wohl noch nicht soweit. Das muß es wohl sein. Ich bin nicht soweit. Allerdings habe ich auch noch nie Gelegenheit dazu gehabt. Ich weiß nicht, ob das die richtige Lösung ist.«
    »Das kann ich dir nicht sagen. Vielleicht gibt es nicht für alles eine Lösung. Da kann ich dir auch nicht weiterhelfen, tut mir leid.«
    »Ich glaub einfach nicht daran. Ich glaub nicht daran, und ich kann mich ja schließlich nicht zwin gen.«
    In unserem Bekanntenkreis gibt es kaum jeman den, der uns als Beispiel dienen könnte, das muß ich zugeben. Da ist niemand, der uns den Weg zeigen könnte, oder aber wir haben einfach Pech. Das läßt sich nicht leugnen.
    Als ich sehe, was Cecilia für ein Gesicht macht, wird mir klar, daß wir besser über etwas anderes hätten reden sollen. Und daher sage ich zu ihr, daß es schön wäre, wenn wir uns wiedersehen könn ten.
    Sie entgegnet: »Und zu welchem Zweck?« und wendet dabei den Blick ab. In einem Ton, der mich überrascht, denn ich habe nicht die Absicht, zwi schen uns was Ernstes anzuleiern. Mein Vorschlag bezog sich nur auf die angenehme Seite der Dinge. Mehr wollte ich nicht.
    »Es geht nicht um den Zweck«, sage ich. »Aber warum sollten wir uns nicht wiedersehen?« Wir setzen uns erneut, um darüber nachzudenken. Wir lauschen der Brandung. Sie ist überzeugt, daß ich keine allzu großen Schwierigkeiten mit Mädchen habe. Warum sollte ich dann ihretwegen Kopf- schmerzen in Kauf nehmen? Was ich ihr eigentlich einreden wolle?
    Ich lasse das Gewitter vorüberziehen. Die Tatsache, daß ich von einer Frau erzogen worden bin, erlaubt mir wenigstens, den geläufigsten Fallen aus dem Weg zu gehen. Ich konzentriere mich auf die jodhaltige Luft, die in meine Lungen dringt, und klemme eine Strähne hinter dem Ohr fest, um mir eine Zigare tt e anzuzünden, ohne mir das Haar da bei zu versengen.
    Schließlich wechselt sie das Thema: »Kommst du mit schwimmen?«
    »Da irrst du dich«, sage ich zu ihr. »Du kennst mich nicht. Da irrst du dich aber total. «
    Ich weiß nicht so recht, was das heißen soll, aber ich sage es im Brustton der Überzeugung. Ich habe das Gefühl, als sei ich dabei, eine Pose einzuneh men, wie in meinem Job.
    »Kommst du nun schwimmen oder nicht?«
    »Was? Das soll doch wohl ein Scherz sein!« Sie beginnt sich auszuziehen.
    »Du bist verrückt!« sage ich mit einem albernen Grinsen. »Du hast wohl völlig den Verstand verlo ren!«
    Das Meer ist schwärzer, als ich es je im Leben ge- sehen habe, von furchterregender Weite und so kalt, daß einem die Gedärme zu Eis erstarren, und sie reißt sich die Kleider vom Leib und steht mitten in der Nacht splitternackt da, bereit, sich in die Fluten zu stürzen, und das im November. Ich sper re Mund und Augen auf. Ihre Brustwarzen sind ganz rot. Sie sehen aus, als hätte jemand an ihnen gerieben oder sie lange geknetet. Leider muß ich feststellen, daß ich in ihrer Achtung sinke. Ich spü re, wie ihr Interesse an mir schwindet. Trotzdem gehe ich nicht mit. Ich bin kein guter Schwimmer. Wasser ist nicht mein Element.
    Ich sehe zu, wie sie aufs Meer zugeht, und frage mich, ob ich nicht aufstehen und sie daran hindern solle. Ich zögere. Ich möchte mich nicht noch unbeliebter bei ihr machen, indem ich den Wachhund spiele. Ich verstehe ihre gegenwärtige Verfassung nur zu gut, da es mir ähnlich geht, wenn ich nicht mehr ein noch aus weiß und den Eindruck habe, in einem tiefen Loch zu stecken, dessen Wände ein stürzen, sobald ich an ihnen hochklettere. Das ge fällt mir übrigens so gut an ihr: das Gefühl, als kennten wir uns schon seit langem.
    Als ich ziemlich sicher bin, daß sie ertrunken ist, hole ich Hilfe.
    Sie raten mir, ich solle mich beruhigen und erst mal tief Luft holen.
    Roger sagt zu den anderen gewandt: »Was hab ich euch gesagt. Hm, hab ich es euch nicht gesagt?« Sie suchen hektisch nach ihren Mänteln, während man mich zum x-ten Mal fr agt, was eigentlich ge nau

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