Reich durch Hartz IV
Prozent den Traumvorstellungen entspricht, also vielleicht auch putzen, Gurken ernten, Teller waschen oder eben eine gemeinnützige Tätigkeit, von der die Gesellschaft was hat.
Das Ich-schon-dich-Prinzip und die Vorstellung, nicht man selbst, sondern Vater Staat trage immer Verantwortung, fördert eine geradezu kindliche Abhängigkeit der Bürger. 1965 bezogen gerade mal 160 000 junge Leute unter 18 Jahren Sozialhilfe. Heute sind es fast zwei Millionen Menschen, die sich, wenn sie in der Schule nicht mitkommen, einfach schwänzen oder keinen Bock haben, immer noch beruhigt zurücklehnen können: Es bleibt jederzeit der Gang zum Jobcenter, wo eine Bedarfsgemeinschaft beantragt werden kann und die monatliche Überweisung des Hartz-IV-Satzes und die Übernahme der Wohnungsmiete garantiert werden. Alles andere findet sich schon, etwa ein kleiner Nebenjob beim Umzug des Nachbarn, im Haushalt beim Putzen oder bei der Gartenarbeit.
Auch Lehrer, die angesichts der hohen Anforderungen überlastet sind und es nicht mehr schaffen, Kindern die Grundrechenarten, Lesen und Schreiben beizubringen, wissen: Die Kinder sind ja letztlich versorgt. »Unser solidarisches Auffangnetz der Gemeinschaft ist zum Reparaturbetrieb des versagenden Bildungssystems verkommen«, kritisiert darum Heinz Buschkowsky. Er berichtet in Neukölln ist überall von Gesprächen mit verschiedenen Jugendrichtern und deren Erfahrungen: »Das Problem bei meiner ›Kundschaft‹ ist, dass es in diesen Familien keine Bildungsideale gibt, keinen Willen zum sozialen Aufstieg durch Bildung. Meine jungen Leute haben völlig unrealistische Vorstellungen über ihre Zukunft. Sie wollen alle Profifußballer werden oder Polizeibeamte. Sie wissen einfach nichts mit ihrem Leben anzufangen.« Ein anderer Berliner Richter pflichtet seinem Kollegen bei: »Es macht mir wirklich Sorgen, dass in Berlin eine ganze Generation von Kindern heranwächst, die es zu nichts bringen wird. Sie haben nichts gelernt. Gar nichts. Sie werden ihr ganzes Leben lang auf staatliche Transferleistungen angewiesen sein, weil sie kaum lesen und schreiben können. Sie wissen gar nicht, wie es sich anfühlt, sich für etwas anzustrengen, sich richtig reinzuhängen und darauf dann stolz zu sein. Sie haben kein Selbstwertgefühl und verkraften nicht den kleinsten Rückschlag. Die winzigste Kränkung lässt sie ausrasten, sie sind angefüllt von Frustrationen und Missgunst über den Erfolg anderer und kriegen selbst nichts hin. Sie verfügen weder über Erfahrungsschätze noch Ziele, die ihnen Halt geben könnten. Aber sie haben bei uns eines von Anfang an gelernt: dass man für seinen Lebensunterhalt nichts tun muss.«
Forderung: Diese Haltung muss sich ändern. Forderungen und eine Abkehr von der Kuschelpolitik müssen durchgesetzt werden, damit jedem, der dauerhaft Geld vom Jobcenter bezieht, klar ist, dass im Gegenzug dafür eine klare Verpflichtung zu Gegenleistungen besteht.
3. Mehr Geld ist keine Lösung
Auf dem Parteitag der Grünen im November 2012 in Hannover wurde beschlossen, Sanktionen der Jobcenter für Hartz-IV-Empfänger, die nicht bereit sind, eine vorgeschlagene Arbeit anzunehmen, auszusetzen. Außerdem müsse der Hartz-IV-Satz um mindestens 50 Euro auf 420 Euro erhöht werden, hieß es weiter. Und das Jobcenter in Dortmund unterbreitet Hartz-IV-Empfängern ein formidables Angebot: Sie bekommen eine Prämie, wenn sie sich denn bereitfinden, eine Arbeit anzunehmen. Müsste es nicht selbstverständlich sein zu arbeiten, wenn die Möglichkeit dazu besteht? Die Aufnahme einer Beschäftigung wird mit 200 bis 300 Euro bezahlt. Wer als Ungelernter eine Tätigkeit annimmt, dem wird ein Einstiegsgeld in Höhe von 280,50 Euro versprochen. Helfen will das Jobcenter auch, wenn das eigene Auto kaputt ist, für die Arbeitsaufnahme aber gebraucht wird. Eine Reparatur soll mit bis zu 2000 Euro unterstützt werden. Was für eine grandiose Aussicht! Man lässt sich das Auto reparieren, auf Kosten des Steuerzahlers. Dann fährt man eine, vielleicht auch zwei Wochen zur Arbeit und gibt die Stelle möglichst schnell wieder auf. Zurückzahlen kann man die Instandsetzungskosten ja nicht, denn es ist ja kein Geld da … Wahrscheinlich reiben sich Autowerkstätten und alle arbeitslosen Autobesitzer schon die Hände – das ist doch mal eine gute Idee des Jobcenters.
Was soll denn jemand sagen, der jeden Monat Geld zur Seite legt, weil die Tochter im Sommer auf Klassenreise geht, dessen Auto aber schon
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