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Reich kann jeder

Reich kann jeder

Titel: Reich kann jeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Anne; Rentzow Nürnberger , Anne Nürnberger , Jan Rentzow
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sein soll.
    »Leben Sie alleine oder zusammen?
    »Alleine!«
    »Auch nicht in Gemeinschaft?«
    »Nein.«
    Ich bin wütend. Er stoisch, teilnahmslos.
    Im ersten Vierteljahr müsse man noch die Kontakte nutzen, rät er mir jetzt, es klingt wie: Solange man noch welche hat, bevor man ganz alleine ist. Nach einem halben Jahr, na gut, da müsse man schon mal anfangen zu gucken, rechts und links. Praktika seien gerade in meinem Bereich eine Möglichkeit. Aber da müsse man vorsichtig sein, wegen der »Generation Praktikum!«.
    Er redet über Bewirtungskosten, die übernommen würden. Umzugskosten bis zu 4500 Euro. Ich denke an die Bewegungskosten, wie ich ihn nur irgendwie dazu bewegen könnte, mir zuzuhören, suche den Neustart-Knopf, aber finde ihn nicht.
    Ich starre ihn an, bis er mich endlich auch mal anschaut und fragt: »Gut, haben sich bei Ihnen Fragen ergeben?«
    Jetzt! Jetzt! Das ist meine Chance, denke ich. Raus mit dem Angebot! Jetzt muss ich es machen!
    Ich hole Luft. Meine Stimme bebt, mein Blick senkt sich. Jetzt! Schauen Sie, jetzt zeige ich es Ihnen.
    Ich bin voller Wut.
    »Gibt es irgendwas, wie man das beschleunigen kann?«
    »Was?«
    Er lacht. Seine runden Augen gucken mich an.
    Er verstehe nicht. »Wie denn?«
    Ich lache.
    »Da haben Sie mir eine Frage gestellt, die ich Ihnen nicht beantworten kann.« Da habe ich ihm eine Frage gestellt!
    Verdammt! Ich hätte weiter ausholen müssen, aber dann hätte er mir nicht zugehört, denke ich. Chance vertan. Vertändelt. Ich kriege jetzt kein Wort mehr raus. »Wie denn?«, »Wie denn?«, »Wie denn?« Meine Gedanken fliegen durcheinander, taumeln.
    Er fängt sich.
    »Was ich Ihnen noch anbieten kann«, sagt er. »Sie machen einen unsicheren Eindruck auf mich. Ein Bewerbungstraining für Akademiker.« Er sucht die Maßnahmenbezeichnung, ist nicht zu stoppen. Er holt einen Bogen vor. Liest mir vom Blatt vor. Ich höre nicht zu.
    Ob ich einverstanden sei?
    »Assessment-Training«, das könne mir auch nicht schaden.
    Ich sage nichts.
    »Juuut. Dann jeb ick ihnen wat mit.«
    Juut! Etwas, was ich nicht brauche, wo ich nicht hingehe, denke ich. Er verschreibt mir jetzt was wie ein Arzt ein Rezept, als sei ich krank. Dr. med. Karriere-Ende.
    Mein Ehrgeiz wird immer größer. Meine Wut auch. Ehrgeiz und Wut verbinden sich jetzt in einem Kahl-Büro bei 30 Grad.
    Ich weiß nicht mehr, wer ich bin, weiß nicht, ob er mich ins Gefängnis sperren lässt, soll er doch. Mir doch recht! Das hier, das mache ich jetzt!
    Nur noch ein Gedanke kreist in meinem Kopf. Wann ist der richtige Moment? Mein Puls schlägt schneller als sonst. Ich spüre ihn in meinem Hals, in meinem Unterarm, spüre ihn überall. Wann? Wann? Wann? Wo sind die Scheine? Alle da. In der Tasche. Gut.
    Ich schiebe jetzt die Kollegen vor, diesmal muss es klappen.
    »Wissen Sie, was die Kollegen mir gesagt haben«, meine Stimme zittert. »Sie haben mir gesagt, du bist doch jetzt arbeitslos …«
    Er sieht mich an. Jetzt hängt es an mir, ich höre mich reden, meine Stimme klebt, meine Worte fahren fort, und ich merke, dass es jetzt gut wird.
    »Sie haben gesagt, gehst du hin, gibst du dem ein bisschen Geld, ’nen Umschlag, dann macht der das schon für dich. Dann kriegste auch ’nen Job.«
    Geld, Umschlag, Job. Er will das Geld, ganz sicher, denke ich.
    Aber was macht er, beißt er an?
    Nein! Macht er nicht! Er guckt runter auf sein Blatt, schweigt.
    Er schweigt, er schweigt zu lange.
    »Wir werden ja nun gut …«, sagt er, die Betonung liegt auf gut. »Wir werden ja nun gut aus der Arbeitslosenversicherung bezahlt, in die Sie ja auch eingezahlt haben …«
    Ganz sachte macht er das. Abwesend …
    Als sei er solche Bemerkungen gewohnt. Eine E-Mail klimpert in seinen Postkorb. Er liest sie nicht. Schaut auf die Uhr, dann direkt an mir vorbei.
    Er fährt einfach fort, konzentriert sich auf das Training, das ich nicht brauche und er sich an den Hut schmieren kann, aber das darf ich nicht sagen, sonst hält er mich nicht nur für doof, sondern auch für unwillig, und dann ist endgültig Schluss.
    »Eine Woche …«, sagt er. »Dann gebe ich Ihnen noch eine Zuweisung mit …«
    Der ist nicht bestechlich, denke ich. Mein Puls rast auf 180. Ich mache alles falsch. Ich verkacke, ich verkacke!
    Los, Jan! Du bist ein Versager, Jan!
    Ich stelle meine Tasche auf den Schoß. Ein Handgriff. 20 Hunderter, diese ganze schöne Menge Geld.
    »Haben Sie eine Bewerbungsmappe dabei?«, fragt er.
    Wie Bewerbungsmappe? Ein

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