Reich kann jeder
operiert werden kann oder stirbt.
Niemand mochte den Arzt bei seiner Entscheidung stören.
»Ich hoffe so sehr, dass wir hier drehen«, flüstert die Aufnahmeleiterin, die immer noch auf Annes Seite steht. »Es ist ja so, so perfekt hier. Das ist das Beste, was wir gesehen haben. Das ganze Team will es, alle.«
Der Zipfelmützen-Arzt wirkt ein bisschen unentschlossen. Der Zipfelmützen-Arzt, auf dem die Hoffnungen ruhen, muss jetzt erst mal einen der Äpfel kosten, die in der Schale auf dem Küchentresen stehen. »Ich nehme mir mal einen«, sagt er. Dann geht er einfach raus.
Die Karawane von sechs Menschen, die alle nicht viel zu melden haben, überlegt und tanzt ihm aufgeregt hinterher.
»Wir drücken Ihnen die Daumen«, flüstert eine aus dem Team. »Sie haben ja sogar eine Sauna. Das ganze Team will es, alle.«
Vielleicht ist der Regisseur ja immer ein bisschen Arschloch, versuche ich mich zu beruhigen, als alle weg sind. Vielleicht ist er ja gerne ein bisschen König. Jeder Staat hat seinen König.
Wir haben ja noch keine Absage.
Es ist ein schlimmer Tag. Den ganzen Tag gelingt mir nichts mehr, gar nichts, nicht für unsere T-Shirts und auch sonst nichts. Es ist so schlimm, weil ich so eine Willkür spüre, mir ist ganz rosa. Es tut weh, ich fühle mich ausgeliefert. Ein Typ mit Zipfelmütze läuft durch unseren Deal und mosert. Ich habe Wut in mir, ganz unfassbare Wut. Ich fühle mich betrogen. Vielleicht irre ich mich ja auch.
»Das war’s. Anne, das ist doch scheiße«, sage ich.
»Ist doch noch gar nichts verloren«, versucht sie mich zu beruhigen.
Ich bin gut darin, Anne runterzuziehen, und sie erfolgreich darin, sich immer neue Sachen auszudenken, warum es vielleicht doch noch klappt.
»Der Raumschall war super, hat er selbst zu mir gesagt.«
Der Location-Scout ruft an.
»Hallo, Anne. Versteh ich auch nicht, warum der so auf Diva macht«, befindet er. »Das kenne ich gar nicht von ihm.«
Ich bin so enttäuscht, dass ich fast darüber nachdenke, auf das ganze Geld zu verzichten, selbst wenn er es uns noch geben will.
Zwei Wochen geht das Drama noch, und das Geld habe ich schon abgeschrieben. Wir gehen im Preis runter, zur Sicherheit. Wir sind jetzt nicht mehr bei 13 500, sondern bei 12 000, aber wir kriegen es ja sowieso nicht.
Wir hören, dass der Regisseur sich jetzt noch ein anderes Loft angucke, nur für sein eigenes Gefühl, dann noch ein anderes, dann doch lieber eine Altbauwohnung. Aber unsere Chancen, die stünden immer noch ganz gut.
»Ihr seid Favorit!«, sagt der Location-Scout.
Am Ende entscheidet sich der Regisseur, es muss ihm schwergefallen sein. Er nimmt ein Loft von einem anderen Location-Scout, das allererste, das er schon gesehen hat, bevor er bei Anne war.
Er nimmt es nicht von unserem Location-Scout, sondern von einem anderen.
Unser Location-Scout, das hören wir, sei darüber ganz schön sauer, aber er kommt darüber hinweg. Er macht uns bald ein neues Angebot. Irgendwas mit Dessous. Ein bisschen weniger Geld, aber immer noch ganz ordentlich bezahlt, sagt er.
»Da wärt ihr Favorit!«
Er macht uns noch andere Angebote. Ich halte ihn jetzt für einen, der den ganzen Tag den Leuten irgendwas erzählt, was ihm nützlich ist.
***
Unsere Seite www.fieses-land.de ist jetzt online, seit 1.33 Uhr nachts. Ich stehe als Geschäftsführer einer GbR drin. Unsere Adresse musste auch rein, so will es das Gesetz. Anne hat Schiss, dass jetzt irgendwelche humorlosen Idioten kommen und die Scheiben einschmeißen, weil sie denken, dass wir Brandenburg nicht gerne mögen. Wir sind uns auch noch nicht so sicher, ob wir das hier an die Medien rausschicken sollten, aber es liest sich doch so gut.
NICHT SHORT DENKEN, SHIRT TRAGEN
PRESSE-INFORMATIONEN
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir freuen uns außerordentlich, Ihnen unsere T-Shirt-Kollektion »So fies ist Brandenburg« präsentieren zu dürfen. Deutschlands erste Mode, die Brandenburg verändern will.
Rechts – Abgestürzt – Arbeitslos – Verroht – Pervers – Tot.
So heißt der Leitfaden unserer Arbeit für ein besseres, friedlicheres Bundesland.
Mit aufrüttelnden Motiven wie
–Babys im Blumenkasten (Gruppen-Bild, Portrait)
–Blutige BHs im Wald
–Kippen auf dem Arbeitsamt
–Ausgebrannte Platte
–Tod am Straßenrand
–Springerstiefel mit Eichel
wollen wir den Menschen zeigen, was ist in Brandenburg. Und: Was weg muss. Nicht short denken, Shirt tragen: Das ist die Idee von »So fies ist
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