Reich und tot
von der SA S-Spezialeinheit darüber lesen, in den Zeitschriften für die ausgemusterten Sesselhocker. Eine Kiste. Ein Boden und vier Seiten. So alt wie das Zählen. Er konzentrierte sich auf sein Atmen, um nicht auszurasten und um sich zu schlagen. Zu Schreien, zu kratzen, zu betteln. Ohne den Trick mit dem Atmen wäre er am Arsch: fertig, gefickt,
over and out.
Er glaubte, eine Tür zu hören, Schritte. Dann war da eine Stimme. Ein Mann. Aber leise, kaum hörbar. Vielleicht machten sie das auch mit Absicht so: damit er nicht sicher war, ob er es wirklich hörte, damit er jedes Wort, jeden Satz für sich wiederholte, bis alles in sein Gehirn eingebrannt war und jeden anderen Gedanken in seinem Kopf verdrängte.
»Ich gehe jetzt essen, und vielleicht sehe ich anschließend fern oder setze mich in den Garten. Es wird dauern, bis ich zurückkomme. Und auch sonst wird niemand vorbeischauen. Es heißt, ein Vietnamese hält den Rekord. Ich kann nicht sagen, woher er stammte, ausdem Süden oder aus dem Norden. Acht Stunden hat er’s ausgehalten. Denk mal. Acht Stunden. Und überlebt hat er auch, wenn man das denn Überleben nennen kann, lebenslang verkrüppelt. Die meisten allerdings, IR A-Leute , Paramilitärs: Gib ihnen zehn Minuten, vielleicht eine halbe Stunde, und das war’s. Die schreien schlimmer als Babys. Sagen dir alles,
tun
alles, nur um für ein paar Minuten da wieder rauszukommen.«
Eine Hand schlug auf eine der Seiten.
»Trotzdem. Waren schön viel Leute da am Sonntag vorm Präsidium, oder? Ein Strick ist noch zu schade für dich. Das haben die Leute gesagt. Dass mit dir gemacht werden sollte, was du mit deinen Opfern gemacht hast. Das habe ich eine Menge Leute sagen hören. Aber ich denke, besser nicht. Wirklich nicht. Das würde dir am Ende noch gefallen, oder?«
Dann noch ein hallender Schlag. Und dann herrschte nur noch Stille.
Zehn nach acht Uhr abends. Jacobson rauchte eine Zigarette in seinem Büro. Kerr war bei ihm und trank Tee aus einer von Jacobsons großen alten Steinguttassen. Wie immer gab es keine Milch, nur Kaffeeweißer, der längst sein Haltbarkeitsdatum überschritten hatte und sich nicht richtig auflösen wollte.
Jacobson hatte einen Durchsuchungsbefehl für Hollands Wohnräume erwirkt und ein extra einbestelltes Spurensicherungsteam in die Claremont Road geschickt. Das Wichtigste sei, hatte er den Männern erklärt, alle in Frage kommende Kleidung mitzunehmen, besonders Stiefel und Schuhe. Holland hatte ihnen schon gegeben, was er laut eigener Aussage gestern Abend getragen hatte, aber er konnte natürlich auch lügen. Hume undBarber waren mit den Spurensicherern mitgefahren, für den Fall, dass die Mitbewohner Stress machten. Jacobson drückte den Rest seiner Zigarette auf dem Boden des Papierkorbs aus und machte den halbherzigen Versuch, die Kippe unter Kerrs noch nassem Teebeutel zu verstecken.
»Gut, alter Junge«, sagte er. »Dann wollen wir mal.«
Sie hatten gerade beendet, was wie ein indisches Takeaway roch, als Jacobson und Kerr an die Tür klopften. Auf dem kleinen Tisch vor dem Sofa standen Teller, gewürzgefärbte Tüten und leere Pappschachteln. Der Junge hatte sie hereingelassen und stand mit dem Rücken vor der Stereoanlage und dem Fernseher. Faith Lawson saß auf dem Sofa. Sie stellte die Teller aufeinander, sammelte Gabeln und Messer ein und schraubte den Deckel auf ein Glas Lime Pickle. Um etwas mit den Händen zu tun zu haben.
Mark Edward Jones war zwanzig, drei Jahre jünger als seine Freundin. Sonntagnachmittag, hatte er Emma Smith und DC Williams erklärt, sei er im College gewesen (halb Crowby nannte die Uni das »College«). Daran war nichts Verdächtiges oder Ungewöhnliches. Snake studierte, wie sich herausstellte, Englisch und Geschichte. Das war auch nicht gegen das Gesetz. Aber die Daten der Uni zeigten, dass er am fünfzehnten Januar nachmittags um zehn nach drei in das Uni-Netzwerk eingeloggt gewesen war, und zwar seit zwei Uhr, ausgeloggt hatte er sich um zwölf nach drei. Das war genau zwei Minuten, nachdem die E-Mail an die Website von Aktion & Widerstand abgeschickt worden war.
Jacobson sagte ihnen, sie seien dabei beobachtet worden, wie sie früher am Abend in das Haus 56 ClaremontRoad gegangen seien, das Haus, in dem Holland, Parr und Pelham wohnten. Was war der Zweck ihres Besuchs gewesen? Wen kannten sie dort
? Ein kleiner Besuch bei Bekannten,
sagte Snake. Sie hätten Parr in seinem Laden kennengelernt,
Massen von billigen
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