Reich und tot
WO, WO IST DER PERVERSE?
Ein gutes Dutzend uniformierter Beamter hatte sich mit vor dem Leib verschränkten Armen auf den Stufen des Präsidiums postiert. Bis jetzt gab es keine offizielle Anweisung, wie sie reagieren sollten. Bis jetzt hatte noch niemand ein Wort an die Protestierer gerichtet.
Wumm! Wumm! Wumm-wumm-wumm-wumm-wumm-wumm! WO, WO, WO IST DER PERVERSE? Wumm! Wumm! Wumm-wumm-wumm-wumm-wumm-wumm! WO, WO, WO IST DER PERVERSE?
Jeff schloss den Wagen ab und hielt sich im Hintergrund. John und Linda Barnfield gingen voraus, dahinterMaddy, dann Mutt, dessen Camcorder bereits Sprechchor und Bilder einfing. Sie hatten auf der dritten Ebene geparkt und nahmen den Aufzug hinunter zum Ausgang. Abgesehen von Jeff, der sich nur selten anmerken ließ, was in ihm vorging, sahen alle hocherfreut aus, als sie auf die Versammelten zugingen. Maddy vielleicht ganz besonders. Wenn sie das hier nicht ›Sky News‹ verkaufen konnte, war der Papst evangelisch. Sie gingen zur ersten Reihe der Protestierer, nur Mutt hielt sich etwas im Hintergrund, um es den Jungs nicht ganz so leicht zu machen, falls es ihnen einfallen sollte, sich an seiner Ausrüstung zu vergreifen. John Barnfield holte ein Megafon aus der Homebase-Plastiktüte, die er unter dem Arm hielt, und gab es an seine Frau weiter.
»Ich danke Ihnen allen, dass Sie gekommen sind«, sagte Linda Barnfield ins Mikro und wartete, bis ihr die Leute zuhörten.
»Ich denke, wir alle wissen, warum wir hier sind . . .«
Ja, verdammt.
»Wir wollen Antworten.«
Wir wollen ihn. Wir wollen die Drecksau.
»Und wir wollen, dass etwas geschieht . . .«
Scheiße noch mal, ja, das wollen wir. Sag’s ihnen. Wumm-wumm-wumm,
rumste es auf die Trommel.
»Wir haben eine einfache Frage . . .«
Wumm! Wumm! Wumm-wumm-wumm-wumm-wumm-wumm! WO, WO, WO IST DER PERVERSE?
Maddy Taylor holte tief Luft und ging dann langsam auf die Reihe Uniformierter zu, Jeff neben sich, John und Linda Barnfield im Rücken.
»Hi«, sagte sie. »Ich bin Maddy Taylor vom ›Sunday Update‹. Ich habe eine Verabredung mit Chief Superintendent Chivers.«
Wumm! Wumm! Wumm-wumm-wumm-wumm-wumm-wumm! WO, WO, WO IST DER PERVERSE?
Der Constable, den sie angesprochen hatte, wartete auf seinen Sergeant.
»Ich habe Anweisung, Sie durchzulassen, Miss. Aber niemanden sonst.«
»Denken Sie nicht, diese Eltern, deren Tochter Opfer eines schrecklichen Verbrechens wurde, haben das Recht, angehört zu werden . . .«
»Es geht hier nicht um das, was
ich
denke, Miss«, sagte der Sergeant.
Als wüsste Maddy das nicht. Als wäre das alles nicht nur für die Kamera. Mrs Barnfield wandte sich zur Menge um und bellte in ihr Megafon.
»Sie wollen uns nicht hineinlassen. Sie wollen nicht mal mit uns reden.«
Wumm. Wumm. Wumm. Lasst sie rein! Wumm. Wumm. Wumm. Lasst sie rein! Wumm. Wumm. Wumm. Lasst sie rein!
Der Sergeant sprach etwas in sein Walkie-Talkie und sah zu, wie der weiße Einsatzbus aus der Seitenausfahrt hinten am Präsidium kam und auf den Platz fuhr, wo er vielleicht fünfzig Meter von der Menge entfernt stehen blieb. Die Protestierer sahen es auch. Im Bus saß ein weiteres Dutzend Beamte, die sich hastig ihre Kampfausrüstung angelegt hatten und sich jetzt gegenseitig hochputschten, begeistert von der Aussicht auf ein bisschen unerwartete Action. PC Barry Sheldon saß der Hintertür am nächsten. Er würde der Erste da draußen sein, wenn es nötig wurde. Man kann die Leute ja verstehen, dachte er, vielleicht sogar ihrer Meinung sein. Aber das hieß längst nicht, dass er nicht mit dem Stiefel dazwischenfahren würde, wenn sich die Gelegenheit bot.
Linda Barnfield versuchte, zwischen dem Constable und dem Sergeant durchzubrechen. Die hielten sie bei den Armen, als sich die Drehtür hinter ihnen in Bewegung setzte und Chief Superintendent Chivers aus dem Präsidium trat. Auch er hielt ein Megafon unter dem Arm und kam gemessenen Schritts die Treppe herunter.
Wumm. Wumm. Wumm. Lasst sie rein! Wumm. Wumm. Wumm. Lasst sie rein! Wumm. Wumm. Wumm. Lasst sie rein!
»Ich weiß, warum Sie hier sind«, schallte Chivers’ Stimme leicht verzerrt über den Platz. »Ich teile Ihre Sorge . . .«
Dann sagen Sie uns, wo er ist. Ja, wo ist die Drecksau?
»Robert Johnson wurde rechtmäßig freigelassen. Die Behörden sind jederzeit genauestens darüber informiert, wo er sich aufhält und was er tut. Es gibt keinen Grund zur Beunruhigung. Ich wiederhole: Es gibt keinen Grund zur . . .«
Er wohnt auch nicht neben deiner Frau,
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