Reich und tot
Alter.
Wahrscheinlich war es etwa zu diesem Zeitpunkt gewesen, rekonstruierte Maddy später, dass jemand hinten aus der Menge heraus die erste Flasche warf, mit aller Kraft.
13
Chief Constable Dudley »Dud« Bentham führte sie den ordentlichen, geraden Weg zwischen seinem alpinen Felsengarten und dem Karpfenteich hinunter. Gleich hinter dem Teich stand ein zeltartiger weißer Baldachin. Jacobson kam die Szene unwirklich orientalisch, exotisch vor, hier im Garten des Chief Constable. Aber der Tisch aus heimischer Kiefer und die bequem gepolsterten Stühle unter dem Baldachin überlagerten die kurzzeitige Illusion morgenländischer Versprechen gleich wieder – mit Ausnahme von Mrs Benthams ausladender Hinterseite, als sie sich über den Tisch beugte und je einen Krug Saft und Eiswasser darauf abstellte.
»Danke, Schatz«, sagte Bentham und verfolgte den watschelnden Abgang seiner Frau mit unverhohlenem, treuliebendem Genuss, wenigstens war das Jacobsons Eindruck. Nirgends war etwas zu sehen, das an einen Aschenbecher erinnert hätte, aber er steckte sich dennoch eine B&H an. Wenn Napoleon Kontakt zu den Truppen aufnehmen wollte, musste er sich vorübergehend mit ihren ungehobelten Manieren abfinden. Bentham schenkte sich ein Glas Wasser ein und nahm einen nachdenklichen Schluck.
»Die Sonntage im August sollten, was die Ausgaben anbelangt, eigentlich auf niedrigstmöglichem Niveaurangieren«, sagte er. »Keine Überstunden, die Schichten nur zu drei Vierteln besetzt. Ich bin angehalten, um diese Jahrszeit Ressourcen einzusparen, und nicht, sie bis zum Letzten auszuschöpfen.«
DCS Chivers und DCS in spe Salter nickten eloquente Zustimmung. Jacobson schnippte seine Asche auf eine italienische Pflasterplatte. Bentham hatte ja recht, aber was half es, lange zu lamentieren? Zum einen gab es an der Art Sonntag, die der Chief Constable sich vorstellte, sicher keine Randale mitten in der Stadt, und schon gar keine wie die heute, die erst durch fünfzig uniformierte Beamte zu befrieden gewesen war, von denen dreißig zusätzlich hatten aktiviert werden müssen, die mit allen fällig werdenden Zulagen doppelt zu Buche schlugen. Sechs Beamte hatten ins Krankenhaus gemusst. Achtzehn verhaftete Unruhestörer verstopften die Zellen im Präsidium, mussten verpflegt und morgen zum Gericht gebracht werden. Des Weiteren galt es, die heruntergestufte Überwachung des Kriechers wieder heraufzustufen. Und damit nicht genug: Das CID konnte sich nicht damit begnügen, ein paar potenzielle Hitzköpfe unter Beobachtung zu halten. Die Situation verlangte nach uniformierten Abschreckungspatrouillen in Woodlands, der Bronx und an ein paar weiteren möglichen Brandherden. Zum Dritten blieb ihnen nach Kerrs E-Mail keine andere Wahl, als neue, intensive Durchsuchungen zu starten, und zwar umgehend. Bei den Mortimers und draußen bei Planet Avionics.
Bentham nahm noch einen Schluck.
»Ist denn jetzt alles ruhig?«, fragte er.
Chivers und Salter nickten wieder einträchtig.
»Soweit wir es übersehen, Sir«, sagte Salter.
Er trug ein frisches blaues Hemd und eine sorgfältiggebügelte weiße Hose. Unter dem Baldachin hatte er die farblich passende blaue Kappe abgenommen, die er, wie Jacobson annahm, trug, um das kahl werdende Haupt vor der Sonne zu schützen. Oder vielleicht auch nur, um es zu verstecken. Salter betonte, er werde kein Risiko mehr eingehen. Wer immer bisher öffentlich eine Drohung gegen Johnson geäußert habe, werde observiert, wenn nötig, rund um die Uhr. Er sei sicher, der Chief erkenne in der leichten Lockerung der Überwachung gestern ihr Bemühen, der Budgetknappheit Rechnung zu tragen. Besonders angesichts der unerwarteten Kosten von Jacobsons Mordermittlung. Er log nicht rundweg und bestritt auch nicht, dass es einen »signifikanten Input des oberen Managements« gegeben habe, wie er es ausdrückte. Ein nicht ganz so aufmerksamer Zuhörer hätte dennoch den Eindruck gewinnen können, dass Jacobson an der unglücklichen Entscheidung beteiligt gewesen war.
Jacobson beschloss, nichts dazu zu sagen. Er hoffte, Salter habe genug Hirn, um zu begreifen, dass sein Schweigen keine Schleimerei und kein Buckeln nach oben war, sondern einzig Solidarität mit dem CID. Er berichtete Bentham von den Elektroschockknüppeln und warum dadurch intensive Durchsuchungen nötig würden. Bentham wandte kaum etwas ein und instruierte Chivers, das Ganze zu autorisieren. Jacobson fragte sich, ob er es endlich kapiert hatte –
wenn
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