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Reich und tot

Reich und tot

Titel: Reich und tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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dieser ganze Unsinn nicht nötig.«
    Maddy schenkte Jacobson ein Lächeln und hielt ihm ihre Hand hin. Jacobson schüttelte sie, fing eine kühle, mit dem Duft eines teuren Parfüms durchsetzte Brise auf und widerstand knapp der Versuchung, ihre Hand ganz altmodisch-kontinental an seinen Mund zu führen.
    »Wie ich höre, genießt einer Ihrer Kollegen die hiesige Gastfreundschaft«, sagte er.
    Matthew »Mutt« Summers hatte sich tapfer dagegen gewehrt, sich von PC Barry Sheldon den Camcorder wegnehmen zu lassen, und war wegen Widerstands gegendie Staatsgewalt in Gewahrsam genommen worden. Die Anklage würde später fallengelassen werden, wie Jacobson wusste, vorausgesetzt, die Zeitung machte keinen Stunk wegen des angeblich gefährlichen, angeblich verbotenen Schwitzkastengriffs, in den Sheldon den Kameramann genommen hatte. Irgendwann einmal würde Sheldon wirklich einen Schritt zu weit gehen. Aber zum Glück war es nicht Jacobsons Job, sich deswegen Sorgen zu machen.
    »Seine Kameraausrüstung allerdings nicht, Inspector.«
    Jacobson rang sich ein halbes Lächeln ab und trank noch einen Schluck Bier. Obwohl Sheldon ihn halb erwürgt hatte, war es Summers gelungen, seinen Camcorder einem jungen Burschen aus der Menge zuzustecken. Das Filmmaterial war sicher schon mit einem Motorradkurier auf halbem Weg nach London. Maddy Taylor ließ ihre Hand einen Moment lang in seiner liegen.
    »Ich nehme an, ein Interview ist nicht möglich?«
    »Schon meine Anwesenheit in diesem Pub gemeinsam mit Ihnen ist eine hundertprozentige Unmöglichkeit«, antwortete Jacobson und erhob sich zur Untermauerung seiner Worte halb von seinem Stuhl.
    »Gut. Gut. Aber sicher«, sagte Maddy schnell. »Wir haben auch so schon genug Material.«
    »Was Sie da machen, ist der reine Unsinn«, sagte Jacobson, ließ sich auf seinen Stuhl zurücksinken und verwies Parfüm, Ringellocken und die meerblauen Augen in die zweite Reihe seiner Gedanken. Er wandte sich den Barnfields zu.
    »Das alles hilft doch niemandem, oder?«, fragte er.
    John Barnfield hatte eindeutig Mühe, seine Stimme unter Kontrolle zu halten.
    »Also   ... was   ... Sollen wir den Verbrecher einfachwie einen normalen Menschen durch Crowby spazieren lassen?«
    »Er wird nicht bleiben«, sagte Jacobson. »Er will irgendwas Blödes beweisen. Der zieht bald weiter.«
    »Genau das ist es, Inspector. Er zieht weiter. Nach allem, was er unserer Tochter angetan hat. Ich würde ihm die Eier persönlich abschneiden, wenn ich könnte, und sie ihm in die Kehle rammen, dass er daran erstickt.«
    »Sie wissen, dass ich Sie dafür belangen könnte, das öffentlich so zu erklären, Mr Barnfield?«
    Barnfield streckte die Hände über den Tisch, die Handgelenke aneinandergelegt: Legen Sie mir Handschellen an. Jacobson schüttelte den Kopf und trank wieder von seinem Bier. Barnfield war ein so solider Bürger, wie man es dieser Tage nur sein konnte. Tat sein Bestes. Er hatte nach seiner Zeit in der Army eine Weile zu kämpfen gehabt, dann aber vor zehn, fünfzehn Jahren eine Agentur für Abenteuerreisen gegründet, womit er seiner Zeit weit voraus gewesen war. Er hatte gut davon leben können, betuchte Mittdreißiger davon zu überzeugen, dass Blasen und Durchfall zu einem Trip durch das wirkliche Peru, oder was auch immer, einfach dazugehörten. Das Verbrechen an seiner Tochter hatte ihn kaputtgemacht. Heute leitete er die »Expeditionen« nicht mehr selbst, sondern hockte nur noch hinterm Schreibtisch.
    »Wie geht es ihr?«, fragte Jacobson.
    »Sie ist ruhig«, sagte Linda Barnfield. »Wie ein Zombie. Sie pumpen sie da drinnen bis in die Haarspitzen mit Medikamenten voll.«
    Caroline Barnfield war nach ihrem letzten Selbstmordversuch in eine Anstalt eingewiesen worden. Dieoffizielle Diagnose lautete auf einen psychotischen Zusammenbruch.
    »Ohne Pause. Tag und Nacht, Inspector«, sagte John Barnfield.
    Jacobson wusste, dass die Barnfields dachten, er wäre auf ihrer Seite. Er war der Polizist, der Robert Johnson überführt hatte. Er war in ihrem Alter, gehörte zu ihrer Generation. Und er hatte auch eine Tochter.
    »Sagen Sie uns nur, wo er ist. Wir erledigen den Rest.«
    Jacobson trank sein Glas aus. Es gab Polizisten, die in seiner Situation genau das tun würden. Die dafür sorgen würden, dass Johnson bekam, was ihm ihrer Meinung nach zustand, und sich damit rechtfertigten, Recht und Ordnung zu verteidigen. Sein eigenes Problem war, dass er tatsächlich begriff, was diese beiden kleinen Worte

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