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Reich und tot

Reich und tot

Titel: Reich und tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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etwa hundert sogenannten »Feinden«, zumeist in Großbritannien. Die Namen waren jeweils durch Geschäfts- und Privatadressen, Telefonnummern, Faxnummern und E-Mail -Adressen ergänzt. Dazu gab es kleine Lebensläufe, aus denen die Gründe für die Aufnahme in die Liste hervorgingen: »Händler von Waffen zur Unterdrückung« war die Kategorie, unter der sie Gus Mortimer führten.

14
    Jacobson trug sein Bier von der Theke zu einem Tisch in einer abgelegenen Ecke des »Brewer’s Rest«. Er hätte lieber draußen im Biergarten gesessen, aber da war jeder einzelne Platz besetzt. Ein paar der Hooligans, die bei der Aktion vorm Präsidium der Verhaftung entgangen waren, hockten dort, sonnten sich, tranken Bier und erzählten sich ihre Heldentaten mit homerischer Übertreibung.
    »Wenn es Ärger gibt, rufen Sie die Kavallerie«, hatte er den Leuten hinter der Theke gesagt.
    Einen Moment lang saß er einfach nur da, dann steckte er sich eine Zigarette an, erst die dritte heute. Er hatte für vier Uhr eine Besprechung einberufen und wollte vorher die einzelnen Punkte in seinem Kopf ordnen. Gus Mortimer hatte seine Frau in aller Öffentlichkeit angegriffen und sie praktisch entführt, nachdem sie ihm eröffnet hatte, dass sie mit einem anderen ins Bett ging und ihn verlassen wollte. Darauf kam es an. Zudem war Jenny Mortimer bei sich zu Hause umgebracht worden, am Morgen danach, und soweit sie wussten, war ihr Mann als Einziger mit ihr im Haus gewesen. Die Möglichkeit, dass sie ermordet worden war, nachdem er ins Büro aufgebrochen war, existierte nur als theoretische Erwägung. Genau wie die Möglichkeit, dass es Lebenauf dem Mars gab. Sie hatten nicht einen einzigen Hinweis auf einen Einbruch und keinen anderen auch nur entfernt Verdächtigen. Mortimer stritt verständlicherweise alles ab, aber der war ja nicht blöd. Selbst ohne Alan Slingsby an seiner Seite wäre er darauf gekommen, dass die Beweislast am Ende bei der Anklage lag. Die musste ihm seine Schuld nachweisen, nicht er seine Unschuld. Schade, dass Robertson nicht mit Sicherheit sagen konnte, ob Mrs Mortimer vergewaltigt worden war. Jacobson baute aber darauf, dass die DN A-Analyse zumindest eindeutig belegen würde, dass Gus – und nicht womöglich ein anderer – derjenige war, der während der letzten Stunden ihres Lebens Geschlechtsverkehr mit ihr gehabt hatte.
    Er hatte sein Bier immer noch nicht angerührt, als wollte er warten, bis sein Durst unerträglich wurde. Die Gefängnisse waren voll mit Leuten, die mit ähnlicher Indizienlast verurteilt worden waren, mit weniger sogar. Alles andere – die E-Mails , die Irren-Website und Mortimers üble, windige Geschäfte mit skrupellosen ausländischen Machthabern – tat nichts zur Sache. War irrelevant, Zeitverschwendung, Müll, der die Sicht trübte. Das einzig Hilfreiche wäre der Elektroschockknüppel, wenn sie ihn denn finden könnten. Mortimer musste ihn bei irgendeinem Deal als Souvenir für sich behalten haben. Vielleicht hegte er schon seit Jahren die Fantasie, seine Frau damit zu malträtieren.
Es ist so über mich gekommen, ich bin ausgeflippt,
das hörte man in aller Regel von Männern, die ihre Frau umgebracht hatten. Ein Verbrechen aus Leidenschaft. In Frankreich galten dafür immer noch mildernde Umstände. Aber dann zog man nähere Erkundigungen ein und fand heraus, wie oft sie schon gewalttätig geworden waren: dass sie ihre Mitmenschenimmer wieder unter Druck gesetzt und mit den Fäusten argumentiert hatten. Endlich war er so weit, legte die Zigarette in die Kerbe des Aschenbechers und hob das kühle Bier an die Lippen.
Sie hat es so gewollt,
sagten sie manchmal sogar. Immer noch. Und Mistkerle wie Gus Mortimer waren ganz heiß darauf, ihnen ihren Willen zu erfüllen.
    Er hatte sein Bier halb ausgetrunken, als John und Linda Barnfield hereinkamen. Die Journalistin war bei ihnen und auch der Mann, den sie nachmittags im Bahnhof getroffen hatte. Der Große. Der, der ein bisschen so aussah wie Popeyes Gegner Bluto. John Barnfield sah Jacobson sofort und kam direkt zu ihm herüber.
    »Inspector Jacobson. Haben Sie etwas dagegen, wenn wir uns zu Ihnen setzen?«
    Jacobson hatte absolut nichts dagegen. Allerdings nicht aus den Gründen, an die Barnfield dachte. Der Große brachte eine Runde, die Gläser auf einem Tablett transportierend.
    »Das ist Inspector Jacobson«, erklärte Barnfield Maddy Taylor und stellte die beiden einander vor. »Wenn Männer wie er weiter oben das Sagen hätten, wäre

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