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Reich und tot

Reich und tot

Titel: Reich und tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Beziehung, oder?«
    »Haben Sie es ihr erzählt?«
    »Ich hab’s versucht, aber sie wollte es nicht hören. Sie meinte, ich hätte die Situation missverstanden.«
    Jacobson kraulte der Katze mit dem Zeigefinger den Kopf. Da, wo sie es besonders gerne mochten, wie er gelesen hatte.
    »Am Telefon sagten Sie, Sie hätten schon länger geahnt, dass etwas passieren könne?«
    »Er hat sie geschlagen. Sie hat es mir selbst erzählt und gar nicht erst versucht, es zu verbergen. Aber sie hat auch nichts Vernünftiges dagegen unternommen, hat nie versucht, den Kerl mit Hilfe eines guten Anwalts in die Wüste zu schicken. Wenn du einem Mann so etwas durchgehen lässt, weißt du nicht, wo es enden wird.«
    Jacobson fragte sie nach Kevin Holland. Den habe sie nie getroffen, sagte sie, den kenne sie nur aus Jennys Schilderung.
    »Klang wie die nächste behämmerte Beziehung, um ehrlich zu sein. Aber wenigstens wäre sie so von Gus weggekommen. Manche Frauen, Mr Jacobson, leben in der Illusion, dass Glück, egal in welcher Form, ausschließlich in Verbindung mit Männern zu haben ist. Jenny ist   ... war dafür ein gutes Beispiel.«
    Sie bot ihm eine Tasse Tee an. Sie habe richtigen und auch Kräutertee. Er entschuldigte sich dafür, am Telefon so kurz angebunden gewesen zu sein, und nannte ihr auch den Grund. Sie war die netteste Person, die er den ganzen Tag über getroffen hatte. Nicht nur, weil sie ihn an seine Tochter erinnerte: Sie schien tatsächlich Verstand zu haben. Trotzdem, er hatte keine Zeit mehr, und außerdem trank er nie Tee. Nur Kaffee.
    Der Kater folgte ihm bis zur Tür. Sie nahm das Tier auf den Arm.
    »Sonst folgt er Ihnen«, sagte sie.
    Jacobson dankte ihr, dass sie sich gemeldet hatte, und ging zurück zu seinem Wagen. Er hatte immer über diese Katzenfutterwerbespots gelacht. Die, in denen unabhängige Frauen glücklich mit einem geschmeidigen Kater als Männerersatz lebten. Aber Sheila Hunter
lebte
. Esging ihr bestens an diesem sommerlichen Sonntagabend, und ihre katzenlose Freundin Jenny Mortimer lag tot in einem Kühlfach der Leichenhalle.
     
    Kerr war rechtzeitig zum Tee zurück gewesen und hatte mit den Kindern noch »Bob der Baumeister« und Lego spielen, sie in die Badewanne setzen und ins Bett bringen können. Danach öffnete Cathy eine Flasche Pinot Noir von Tesco, und die beiden setzten sich hinaus auf die Terrasse. Es war noch hell und die Luft wie Balsam. Das Haus der Kerrs lag ganz am Ende der Siedlung, so dass man über Hecke und Zaun auf grüne Weiden, ein Paradies für Mäuse, Karnickel und Vögel, hinaussah. Das würde nicht immer so bleiben, wie Kerr wusste. Verschiedene Bauträger hatten bereits die Planungserlaubnis für eine weitere, angrenzende Siedlung in der Tasche.
    Cathy redete von der Vorschule und den Vorzügen und Nachteilen, früh mit dem Lernen anzufangen. Er hob sein Glas an die Lippen und versuchte sich auf das zu konzentrieren, was sie sagte. Um einen erfolgreichen Betrüger abzugeben, musste man leicht schizoid sein. Fähig, von einem spezifischen Blick auf die Welt zu einem anderen zu wechseln.
Ich weiß, deine Arbeit ist wichtig für dich,
sagte sie.
Aber für uns bist du auch wichtig.
Sie lehnte sich zu ihm herüber und kuschelte den Kopf an seine Brust. Manchmal konnte sie so sein. Eben noch hatte sie geschmollt, und dann tat sie plötzlich wieder so, als sei alles in bester Ordnung. Er legte den freien Arm um sie und ließ die Hand sanft auf ihre unter dem T-Shirt verborgenen Brüste sinken. Seine Frau so bei sich zu haben und die Kinder friedlich in ihren Betten – nur ein Narr, dachte er, würde das alles aufs Spiel setzen. All diese echten Gefühle. Für etwas soFlüchtiges wie eine Liebesaffäre. Der Ärger mit dem Leben war, dass man es nur einmal leben konnte. Es gab keine alternativen Versionen und auch kein Rückspulen. Das war ein weiterer von Gottes kleinen Scherzen: die unendlich vielen Möglichkeiten des Lebens – und jeweils nur eine Wahl, eine Entscheidung.
     
    Jacobson musste mit DCS Chivers sprechen. Es musste entschieden werden, ob sie Mortimer nun offiziell anklagen sollten, und wenn ja, wann. Aber Chivers war weder unter seiner Privatnummer noch über sein Handy erreichbar. Was nur eine Option offenließ. Jacobson biss in den sauren Apfel, fragte den Diensthabenden im Wachraum nach der genauen Adresse und steuerte zurück Richtung Crowby. Als er sich dem Zentrum näherte, konnte er sein Ziel hinter der Flowers Street aufragen sehen: weiß,

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