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Reich und tot

Reich und tot

Titel: Reich und tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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immer noch nicht ertrug, allein hier zu sein.
    Wenigstens machte sie jetzt die verfluchten Beine nicht mehr breit.

18

    Die ersten Ausgaben des ›Daily Update‹ kamen gegen Mitternacht aus den Druckmaschinen, und schon Minuten später berichteten die überregionalen Fernseh- und Radiosender in ihren Nachrichten darüber. Bis sechs Uhr morgens war Maddy Taylor eiligst zurück nach London chauffiert worden und wartete dort, halbherzig mit einem Premier-League-Fußballer flirtend, auf ihren Auftritt im Frühstücksfernsehen der BBC.   Mit einem jungen Beamten aus dem Innenministerium und einem Redakteur der ›Times‹ sollte sie über das Thema Pressefreiheit diskutieren, sobald Letzterer es durch das morgendliche Verkehrschaos ins Aufnahmestudio geschafft hatte. Das sind Ergebnisse, wie ich sie mag, dachte Maddy und täuschte Interesse an den Urlaubserfahrungen des Fußballers in der Dominikanischen Republik vor.
    Eine Stunde später trafen die ersten Protestierer in der Mill Street ein. Vor dem Bewährungsheim wurden sie von einer Doppelreihe Polizeibeamter in Schutzausrüstung empfangen. DCS Chivers hielt wieder ein Megafon in der Hand.
    »Gehen Sie nach Hause oder erledigen Sie, was immer Sie zu erledigen haben. Robert Johnson ist nicht hier. Ich sage es noch einmal: Robert Johnson ist nicht hier. Gehen Sie weiter, oder Sie müssen mit Ihrer Festnahme rechnen.«
    Seine Worte waren nur schwer zu verstehen, weil über ihnen ein Hubschrauber des Nachrichtensenders ITN kreiste. Die Polizei verwehrte der Presse den Zugang zur Mill Street, aber der Himmel war nicht so einfach zu kontrollieren.
    DC Aston beobachtete das Geschehen aus dem Fenster ihres Überwachungsnestes über dem Waschsalon. Langsam wünschte er, er hätte nie mit dieser Operation zu tun bekommen. Auf dem schmuddeligen Sofa undeinem alten Stuhl hinter ihm verfolgten DC Dennett und Robert Johnson im Fernsehen, welche Bilder der Hubschrauber über der Straße aufnahm.
    »Was für ein Aufstand wegen unserem kleinen Perversling hier«, sagte Dennett.
    Aston antwortete nicht, sondern behielt die Straße weiter im Blick. Innerhalb weniger Stunden hatte sich sein Job völlig verändert. Gekommen war er, um Johnson zu beobachten, und plötzlich tat er etwas, das ihm ganz und gar nicht gefiel: Er passte auf den Dreckskerl auf, um ihn zu beschützen.
    »Wenn es eine Gerechtigkeit gäbe, würden wir ihn nach da draußen schicken und dem Pöbel überlassen«, versuchte es Dennett noch einmal.
    Aston antwortete immer noch nicht. Langsam muss der Kerl doch mal zu Sinnen kommen, dachte er. Langsam muss er doch kapieren, dass er anderswo besser aufgehoben ist, und sich endlich trollen. Dann könnte er, Aston, endlich auch von hier verschwinden. Zurück ins gute, alte Birmingham. Da gab es eine Operation gegen einen der wirklich schweren Jungs der Stadt und eins der Heroinkartelle. Das war eher seine Kragenweite, als hier zu hocken und sich um diesen Bastard kümmern zu müssen, dieses Stück menschlichen Abfall. Johnson blieb ebenfalls stumm und starrte nur auf die Mattscheibe, völlig unbewegt.
    Jetzt kam Colin Marshall, der Hauptbewährungshelfer, aus der Tür des Heims gegenüber. Aston sah, was für ein Schrank er war, für Dennett und Johnson hingegen wirkte er nur wie ein über den Bildschirm ruckender Klecks. Ein schlankerer Mann in T-Shirt und Jeans tauchte hinter ihm auf. Aston erkannte in ihm den Heimleiter. Noch so ein abgerissen aussehender Gutmensch,dachte er. Marshall nahm sich Chivers’ Megafon und wiederholte die Nachricht, die der DCS bereits verkündet hatte.
    »Es ist richtig, was Chief Superintendent Chivers sagt. Robert Johnson befindet sich nicht mehr bei uns«, bellte er mit verzerrter Stimme. »Bitte respektieren Sie das Recht der Bewohner auf Ungestörtheit und gehen Sie wieder.«
    Es hatten sich nicht mehr als knapp fünfzig Leute eingefunden. Der Großteil der Hitzköpfe vom Sonntag war noch in Gewahrsam. Einige hatten zehn oder vierzehn Tage für ihre Teilnahme an dem Aufruhr bekommen, andere sahen einem Gerichtsverfahren wegen schwererer Vorwürfe entgegen. Im Unterschied zu Sonntag gab es heute auch keinen luxuriösen Busdienst. Jeder hatte sehen müssen, wie er herkam, und riskierte es, zu spät zur Arbeit zu kommen, wenn er denn einen Job hatte. Die Horde skandierte noch ein paar leere Parolen und zerstreute sich dann. Es gab keine Wurfgeschosse und auch keine Wahnsinnigen, die auf die Polizisten losgingen. Nicht einmal John und

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