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Reich und tot

Reich und tot

Titel: Reich und tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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mich aber, dachte Jacobson.
    »Wenn er sich da erst wieder eingewöhnt hat . . .«, fing Marshall an, doch Jacobson fiel ihm ins Wort.
    »Und Sie haben nicht das Gefühl, dass wir damit dem Mob nachgeben, Sir?«
    Bentham zuckte müde mit den Schultern – der Atlas des CID, unter der Vielzahl der Lasten ächzend.
    »In einer idealen Welt, Frank, mit endlos viel Zeit und unerschöpflichen Ressourcen, wäre vielleicht ein anderes Ergebnis möglich gewesen.«
    Chivers übte sich an der Verlautbarung, die er später am Tag wohl noch den Medien verkaufen musste.
    »Dem Mob nachgeben? Ganz sicher nicht. Nur einen Teilerfolg haben? Leider ja.«
    Die Situation war für Greg Salter so neu wie für Jacobson, was ihn allerdings nicht davon abhielt, begeistert zu nicken.
    »Johnson selbst hat erkennen müssen, dass Crowby vielleicht doch nicht der richtige Ort für seine Wiedereingliederung ist. Das ist als solches schon eine Art Erfolg.«
    »Eine Art Erfolg«, wiederholte Jacobson zweideutig.
    Salter war womöglich noch geschickter darin als Chivers, unvorhergesehene Entwicklungen in seine Perspektive einzuordnen: Ohne Zweifel gab er einen würdigen Nachfolger für den alten Knaben ab. Jacobson beschloss, es gut sein zu lassen. Er hatte Dringlicheres zu tun, wie zum Beispiel den Fall Jenny Mortimer abzuschließen.
    »Und der zeitliche Rahmen?«, fragte er noch.
    »DC Aston und DC Dennett sind mit ihm am Bahnhof«, antwortete Chivers. »Sie nehmen den Zug um halb elf und liefern ihn persönlich in Manchester ab. Mir würde es zwar besser gefallen, wenn er mit einem offiziellen Polizeitransport überführt würde, aber je weniger Leute von der Verlegung erfahren, desto besser. Abgesehen von unseren Birminghamer Kollegen weiß niemand außerhalb dieses Raumes, was arrangiert wurde und wohin er gebracht wird.«
    Jetzt nickte Jacobson. In diesem Punkt stimmte er mit den hohen Herren überein. Maddy Taylor war clever, aber sie war keine Hellseherin. Jemand vom CID musste geplaudert haben. Jemand, der wohl damit durchkommen würde. Wenigstens dieses Mal.
    Nach der Besprechung ging Jacobson hinunter in den Zellentrakt, wo er sich mit DS Kerr verabredet hatte. Die Morgenbesprechung hatte er für zehn Uhr angesetzt, ungewöhnlich spät, aber abgesehen von der Suche nach dem Elektroschockknüppel war der Fall mehr oder weniger ins Papierstadium übergegangen, und so schien es sinnvoller, erst noch Mortimers morgendlichen Besuch abzuwarten. Sie wollten ihn gleich in einen der Befragungsräume bringen und ein weiteres Mal vernehmen. Es gab zwar keine neuen Fragen, aber Jacobsons Erfahrung nach schadete es nie, die gleichen alten Fragenimmer wieder aufs Neue zu stellen. Selbst die begabtesten Lügner widersprachen sich manchmal, wenn sie zum sechsten oder siebten Mal bei ihrer Geschichte zu bleiben versuchten.
    Kerr stand neben dem Tisch des wachhabenden Sergeant, und bei ihm, uneingeladen, Alan Slingsby. Der tat zweifellos etwas für sein Geld, das musste man ihm lassen. Slingsby riskierte es und fragte nach dem Stand der Dinge in Sachen Johnson.
    »Das geht Sie nichts an, alter Junge«, erklärte Jacobson ihm.
    »Ist es
so
schlimm?«, antwortete Slingsby mit einem Lächeln. »Zum Glück ging mich der Fall noch nie etwas an.«
    Als Robert Johnson damals verhaftet worden war, hatten »Slingsby & Associates« es abgelehnt, ihn zu vertreten. Es war das einzige Mal, soweit Jacobson sich erinnern konnte, dass Alan Slingsby ein hochkarätiges Mandat nicht hatte annehmen wollen. Seiner Meinung nach hatte Slingsby gut daran getan, aber er behielt den Gedanken für sich. Kerr sah auf die Uhr. Es war Punkt halb zehn. Nach ein, zwei Minuten unangenehmen Schweigens rief der Sergeant den Mann oben im Wachraum an und erfuhr, dass Mortimer bis jetzt das Gebäude noch nicht betreten habe. Jacobson wartete bis genau zwanzig vor zehn und bat ihn, noch einmal nachzufragen.
    »Immer noch nichts, Chef«, sagte der Sergeant kurz darauf.
    Jacobson sah in sein Notizbuch. Mortimer hatte der Polizei die Nummern von zwei Festanschlüssen in seinem Haus und eine Handynummer gegeben. Der Sergeant probierte alle drei. Jacobson, Kerr und Slingsbysahen ihn erwartungsvoll an. Niemand antwortete.
    »Da schicken wir wohl am besten schnell einen Streifenwagen hin, alter Junge«, befahl Jacobson.
     
    Johnson und Dennett saßen in der »Costa Coffee«-Filiale in der Eingangshalle des Bahnhofs, während DC Aston drei Fahrkarten nach Manchester Piccadilly kaufte. Einmal einfach

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